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Gedanken zum Sonntag [6. Sonntag nach Trinitatis]

Predigt zum 7. Juli 2024

Liebe Mitchristen!

Wenn ich Hunger habe, werde ich unleidlich. Ich brauche meine geregelten Mahlzeiten, vor allem das Mittagessen, die Hauptmahlzeit in der Mitte des Tages. Wenn diese Mahlzeit mal ausfällt, dann wird mir nicht nur flau im Magen. Dann sinkt auch meine Stimmung. Ich werde mürrisch und leicht reizbar- unleidlich eben. Unleidlich, weil der Magen leer ist- das sind auch die Israeliten bei ihrer Wanderung durch die Wüste. Voller Freude sind sie losgezogen: Endlich weg aus dem Mief der Sklaverei in Ägypten! Endlich all das hinter uns lassen, was uns täglich quält und runterdrückt und kleinmacht. Endlich eigene Wege gehen und sich nicht mehr herumkommandieren lassen. Endlich Freiheit!

Aber der erste Schwung der Begeisterung ist längst verflogen auf dem langen und kräftezehrenden Weg durch die Wüste. Die Essensvorräte sind längst aufgebraucht. Der Hunger macht die Israeliten unleidlich. Sie fangen an zu nörgeln und zu jammern: Hätten wir bloß nicht auf Mose gehört! Wären wir nur in Ägypten geblieben! Es war ein großer Fehler, sich auf den Weg ins Ungewisse zu machen! Es wird kein gutes Ende nehmen!

Kennen wir das nicht auch, diese Zeiten der Dürre, diese Wüstenzeiten? Nicht nur, wenn der Magen leer ist, gibt es solche Zeiten. Auch das Herz kann ja leer sein, die Hände zu müde, um irgendetwas anzupacken, die Füße wollen nicht mehr weiter. Und im Kopf kreisen die immer gleichen Gedanken: Es war ein Fehler, diese Entscheidung zu treffen! Ich hätte die Weichen anders stellen sollen auf meinem Lebensweg. Dann wäre ich jetzt nicht hier, nicht so. Dann wäre alles anders, alles besser. Aber jetzt ist es zu spät. Jetzt kann ich das Rad nicht mehr zurückdrehen. Hätte ich doch! Wäre ich nur! Die Gedanken kreisen und kreisen. Sie türmen sich auf und werden immer größer. Und mit den Gedanken wächst die Wut. Die Wut auf mich selbst. Die Wut auf diejenigen, die mich dazu gebracht haben, diese Entscheidung zu treffen.

Mose und Aaron werden zur Zielscheibe für die Wut der Israeliten: Ihr habt uns in diese Wüste geführt! Ihr seid schuld daran, dass wir jetzt alle hier in der Wüste umkommen werden! Es ist die Perspektivlosigkeit, die zur Aggression führt. Schuldige werden gesucht und gefunden – oft sind es nicht einmal die Schuldigen, sondern einfach nur Opfer, an denen die Aggressionen ausgelebt werden. Die Wirklichkeit ist unerträglich, so unerträglich, dass man sie ausblenden muss. Eine Scheinwelt tritt an ihre Stelle – die gute alte Zeit, die sich im Rückblick verklärt: Wären wir doch nur in Ägypten geblieben, wo wir bei den Fleischtöpfen saßen und Brot die Fülle zu Essen hatten (2. Mose 16, 3). Die Ungerechtigkeit und die Unterdrückung, die es damals gab, sind schon vergessen und verdrängt.

Aufbruch ins Ungewisse, Hoffnung und Verzweiflung. Hunger nach Leben und Brot. Und immer wieder auch Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die sich im Nachhinein verklärt hat. Ich denke an Menschen in unserer Zeit und in unserem Land. Ich denke an die Menschen, die Hunger haben, denen das Geld nicht reicht, um gutes Essen zu kaufen. Ich denke an die Menschen, die voller Verzweiflung ihre Heimat verlassen haben und bei uns eine neue Heimat suchen. Sie brauchen unsere Hilfe, brauchen Menschen, die ihnen zeigen, dass sie hier willkommen und in Sicherheit sind. Ich denke auch an die Menschen, die sich mit diesen Neuankömmlingen schwertun. Menschen, die mit den schnellen Veränderungen nicht klarkommen und sich im eigenen Land nicht mehr heimisch fühlen. War früher nicht alles besser, in der guten alten Zeit? „Wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben.“ Ich denke an Menschen, die sich wünschen, dass eine harte Hand regiert, jemand, der sagt, wo es lang geht, jenseits von anstrengenden demokratischen Entscheidungsfindungsprozessen. Die Israeliten sehnen sich zurück nach Ägypten, zurück in die Sklaverei. Zurück in die Sklaverei, ohne Freiheit, ohne Demokratie? Für mich ist es erschütternd, dass sich Menschen das wünschen können. Freiheit und Mitmenschlichkeit sind anstrengend. Manchmal ist es wie ein Weg durch die Wüste, den Weg der Freiheit und der Mitmenschlichkeit zu gehen. Und doch ist ein großes Versprechen damit verbunden. Denn die Wüste ist nicht das Ziel. Gott hat es versprochen: Nach der Wüstenreise kommt ein Land, in dem Milch und Honig fließt.   

Die Israeliten hatten in der Wüste den Glauben an dieses Versprechen Gottes verloren. Aber Gott hat sie trotzdem nicht fallen lassen. Auch wenn äußerlich alles dagegen sprach: Er hatte sein Versprechen nicht vergessen. Er wollte die Seinen nicht umkommen lassen, sondern sie sollten gerettet werden. Gott sagte zu Mose: Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Ich kenne ihre Perspektivlosigkeit, ihre Ängste, ihre Verzweiflung. Ich weiß, dass sie keinen anderen Ausweg sehen als Aggression und Weltflucht. Aber ich weiß einen Ausweg für sie. Sie sollen nicht verhungern. Sie sollen sehen, dass ich ihr Gott bin, der für sie sorgt. Du, Mose, sage den Israeliten: Am Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden. Mose und Aaron sagen das Wort Gottes weiter.

Mose und Aaron haben nicht zu viel versprochen. Am Abend lässt sich ein großer Schwarm Wachteln nieder beim Lager der Israeliten. Den Israeliten fällt es nicht schwer, die erschöpften Zugvögel einzufangen und aus ihnen eine schmackhafte Mahlzeit zuzubereiten. Am Morgen finden sie kleine Kügelchen im Sand, die schmecken süß wie Honig. Man hu? Was ist das? fragen sich die Israeliten und geben der unbekannten Speise den Namen Manna. Was ist das, dieses Manna? Honigtau ist es, den die Schildläuse auf den Tamariskenbüschen absondern. Wachteln und Manna, Zugvögel und Honigtau – beides gibt es in der Wüste auch noch heute. Für beides gibt es eine Erklärung. Gott muss nicht die Naturgesetze außer Kraft setzen, um den Israeliten zu helfen in ihrer Wüstennot. Und doch ist es ein Wunder Gottes, dass die Wachteln gerade beim Lager der Israeliten landen, und dass es gerade dort so außerordentlich viel Honigtau von den Tamariskenbüschen gibt.

Gott sorgt für uns, auch in den Wüstenzeiten unseres Lebens. Er tut es nicht auf übernatürliche Weise. Vielleicht schickt er uns einen Menschen als Begleiter, einen, der uns tröstet und uns Mut macht. Vielleicht schenkt er uns ein Bibelwort oder einen Liedvers, der auf einmal Bedeutung bekommt für unser Leben und zu einer Kraftquelle wird, von der wir lange zehren können. Vielleicht schenkt er uns neue Möglichkeiten, wie wir unser Leben gestalten können, neue Wege, die sich vor uns auftun und aus der Wüste hinausweisen in das gute Land, das Gott uns versprochen hat.

Vielleicht sind es auch ganz konkrete und praktische Hilfen, die Gott uns schenkt, damit das Leben weitergeht. Woche für Woche sammeln wir Lebensmittel für sie und geben sie an den Tafelladen in Trossingen. Und ich möchte allen Danke sagen, die diese Aktion unterstützen.

Und alle, die Hilfe brauchen, möchte ich ermutigen, sich von anderen helfen zu lassen. Oft fällt uns das ja so schwer, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aber die Israeliten haben das Manna auch nicht in der Wüste liegen lassen, weil sie sich geniert hätten, eine solche Hilfe anzunehmen. Sie haben es eingesammelt, und sie sind davon satt geworden, und konnten getrost weitergehen auf ihrem Weg. Halten wir die Augen offen für die Hilfe, die Gott uns schickt.  Manchmal sieht diese Hilfe, die Gott uns schickt, auch ganz anders aus, als wir es erwartet hätten. Wer hätte das gedacht in Israel, dass Gott das versprochene Brot in Form von kleinen Kügelchen im Sand schenken würde? Die Wüste war für die Israeliten zum Ort der Hoffnung geworden, zum Ort, an dem Gott sein Versprechen wahr macht. Gott hält sein Versprechen. Er lässt uns nicht umkommen. Durch all die Wüstenzeiten unseres Lebens hindurch wird er uns geleiten.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag [2. Sonntag nach Trinitatis]

 

Predigt zum 2. Sonntag nach Trinitatis, 9. Juni 2024

Liebe Mitchristen!

In den Pfingstferien habe ich im Elsass Urlaub gemacht. Wir waren auch in den Vogesen, inmitten von wunderschöner Landschaft. Dort in den Vogesen haben wir Halt gemacht bei einem Soldatenfriedhof aus dem 1. Weltkrieg. Über 2.000 deutsche Soldaten waren dort begraben. Wenige Kilometer weiter gab es dasselbe Bild: Ein Soldatenfriedhof mit französischen Soldaten; auch dort Tausende von Grabkreuzen. Zwischen den beiden Soldatenfriedhöfen war eine Gedenkstätte- Mahnmal und Museum in Einem (Memorial du Linge in Orbey): Stacheldraht, Schützengräben, Kanonen- das ganze Grauen des 1. Weltkriegs war dort zum Greifen nahe.

Drei Fahnen waren gehisst und wehten am blauen Himmel über diesem düsteren Ort: Die deutsche Fahne, die französische Fahne und die Fahne von Europa. Die blaue Europafahne mit ihren gelben Sternen hat für mich an diesem Ort eine ganz neue Bedeutung bekommen: Wir haben Frieden in unserem Land. Wir haben Frieden mit unseren Nachbarländern. Denn wir haben die Europäische Union, in der wir mit unseren Nachbarländern in Europa gemeinsam unterwegs sind. An diesem düsteren Ort in den Vogesen, wo so viele junge Männer ihr Leben gelassen haben, habe ich tiefe Dankbarkeit dafür verspürt, dass wir die Europäische Union haben. Und mit meiner Stimme bei der Europawahl heute will ich mich dafür einsetzen, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Denn Frieden ist nicht selbstverständlich. Für den Frieden müssen wir uns einsetzen. „Christus ist unser Frieden“, heißt es in der Bibel in Epheser 2,14. An die junge Christengemeinde in Ephesus sind diese Worte ursprünglich gerichtet. Ganz unterschiedliche Menschen waren in dieser Gemeinde im Namen Jesu Christi zusammengekommen: Solche, die sich dem Judentum zugehörig gefühlt haben, so wie Jesus Christus selbst. Und dann die Menschen aus den anderen Völkern, ohne jüdischen Hintergrund, die ebenfalls durch Jesus Christus zu neuer Freiheit und Glaubenshoffnung gefunden hatten. Was diese beiden Gruppen voneinander unterschied, war ihr Verhältnis zu den jüdischen Gesetzen und Glaubensvorschriften. Für die Gemeindemitglieder, die vom Judentum herkamen, waren diese Gesetze wertvoll und wichtig. Den anderen Gemeindemitgliedern waren diese zahlreichen Vorschriften fremd, und sie erschienen ihnen als Bürde und Last, die sie sich nicht auferlegen lassen wollten. Zu diesen Christinnen und Christen aus den anderen Völkern gehören letztlich auch wir.

Das ist ein menschlicher Grundkonflikt, wie wir ihn heute auch kennen – zwischen denen, die schon immer da waren- damals waren es die Judenchristen- und denen, die neu dazukommen,  so wie damals die Christen aus den anderen Völkern. Heute sind es die Menschen, die ihre Wurzeln schon immer hier in Deutschland haben, und die die neu dazukommen aus anderen Ländern- und aus vielen Gründen; z. B., weil sie Schutz und Hilfe brauchen, weil sie anderswo verfolgt sind.

„Christus ist unser Frieden.“ Diesen Frieden brauchen wir heute mehr denn je. Wir leben in einer Welt voller blutiger Kriege, in der Ukraine, in Gaza. Friedliche Lösungen sind in weite Ferne gerückt. Wir wissen keinen anderen Rat, als weiter Waffen zu liefern. Und doch werden Waffen allein diese Konflikte nicht lösen. „Christus ist unser Frieden.“ Diesen Frieden brauchen wir heute mehr denn je. Auch in unserem Land, wo ein Polizist gestorben ist, in Mannheim niedergemetzelt von einem, der das Asylrecht, das er in unserem Land bekommen hat, missbraucht hat für Terror und Gewalt. „Christus ist unser Frieden,“ heißt es in Epheser 2,14. Und weiter heißt es dort: „Er hat die Mauer niedergerissen, die sie trennte. Er hat die Feindschaft zwischen ihnen beseitigt, indem er seinen Leib hingab.“ Zwischen mir und meinem Mitmenschen, der mir so anders und so fremd vorkommt, hat Jesus Christus die Mauer eingerissen. Er hat die Feindschaft beseitigt, die sich zwischen den Menschen aufgebaut hat. Am Kreuz hat Jesus Christus sein Leben für uns gelassen. So will er uns befreien von dem Tunnelblick der Angst, die in unseren Mitmenschen immer nur das Fremde und Bedrohliche sieht, und nicht das, was uns verbindet.

Aber wie schwer ist das, wenn die Mauern zwischen den Menschen sich verhärtet haben. Wie schwer ist das, wenn die Kriege andauern und immer neue Menschenleben fordern. Wie schwer ist das, wenn der Hass weiter wächst zwischen den Kriegsgegnern. Und wie schwer ist das auch in unserem Land. Wie schwer ist es, ein offenes Land zu bleiben und eine Willkommenskultur zu leben für die Menschen, die bei uns neu dazukommen, weil sie verfolgt und bedroht sind in ihren Heimatländern. Schwer ist es wegen dieser Einzelnen, ganz Wenigen, die das Asylrecht missbrauchen, um Verbrechen zu begehen, so wie der Täter von Mannheim. Er wird die Konsequenzen tragen müssen. Unsere Aufgabe aber ist es, den Weg Jesu Christi weiterzugehen, auch wenn es schwer ist: Den Weg des Friedens. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Mauern niedergerissen werden zwischen den Menschen, und die Feindschaft beseitigt wird. Den Weg Jesu Christi wollen wir weitergehen. Leicht ist das noch nie gewesen.

In Gedanken bin ich noch einmal in den Vogesen an der Gedenkstätte zum 1. Weltkrieg, bei Schützengräben, Kanonen und Stacheldraht. Ich denke an den schwedischen Erzbischof Nathan Söderblom, der damals gelebt hat. Mit großem Engagement versuchte er, im 1. Weltkrieg eine Versöhnung der kriegführenden Nationen zu erreichen. Er war beteiligt am Kriegsgefangenenaustausch von 60.000 Deutschen und Engländern. 1930 hat er dafür den Friedensnobelpreis bekommen. Anders als viele Zeitgenossen ging es Nathan Söderblom um Frieden und Versöhnung. Er betete: „Herr, sieh auf die Verfolgten. Lösche den Hass aus. Erfülle alle Christen mit deinem Geist. Vereine uns schließlich in deinem ewigen Frieden.“

Wann öffnen sich die Aggressoren und Hassverblendeten dem Geist Jesu? So denken wir oft in unseren Herzen. Aber beten wir auch wie Natan Söderblom dafür? Oder haben wir die Hoffnung schon aufgegeben? Was kann uns Hoffnung geben- Hoffnung auf en friedliches Zusammenleben in unserem Land, in Europa, in der Welt? Jesus Christus ist unsere Hoffnung. Er ist das Fundament, auf dem wir gebaut sind. Er ist der Grundstein, der alles zusammenhält. Damit die Hoffnung wächst und wir Wege des Friedens finden. Jesus Christus hat uns den Frieden vorgelebt. Er hat uns gezeigt, dass die Liebe stärker ist als Hass und Gewalt. Auf diesem Fundament ist auch unsere Wehinger Christuskirche gebaut, so wie es am Grundstein hinten an der Wand geschrieben steht: Christus allein.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

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Allgemein Gedanken zum Sonntag

Gedanken zum Konfirmanden-Abendmahl

 

Predigt zum Konfirmanden- Abendmahlsgottesdienst am 4. Mai 2024

Liebe Mitchristen!

„Was sollen wir zum Konfirmanden- Abendmahlsgottesdienst anziehen?“ Das haben mich die Konfirmanden in einer der letzten Konfirmandenunterrichtsstunden gefragt. Und ich habe mich gefragt: Soll ich ihnen jetzt sagen, ob ihre Kleidung dunkel oder hell, bunt oder einfarbig sein soll? Ob eine Jeans mit Löchern noch okay wäre oder wie kurz der Rock sein dürfte? Aber um all das ging es den Konfirmanden gar nicht bei ihrer Frage. Und ich hätte darauf auch keine konkrete Antwort gegeben, höchstens eine ungefähre Richtschnur. Eine genaue Kleiderordnung kann und will ich nicht vorgeben- nicht einmal für die Konfirmation. Den Konfirmanden ging es aber um etwas anderes bei ihrer Frage. Sie wollten einfach nur wissen: „Sollen wir beim Abendmahlsgottesdienst schon unsere Konfirmationskleidung anziehen oder einfach so kommen, wie wir sonst immer angezogen sind?“

Wir haben im Konfirmandenunterricht dann darüber gesprochen, wie es für die Konfirmanden besser passen würde. Es gab unterschiedliche Meinungen dazu. Schließlich hat sich die Meinung durchgesetzt: Die festliche Konfirmationskleidung ist dem eigentlichen Festtag vorbehalten, der Konfirmation. Der Abendmahlsgottesdienst am Vorabend wird in Alltagskleidung gefeiert. Es war die Entscheidung der Konfirmanden, es so zu halten. Aber nachdem diese Entscheidung gefallen war, fand ich doch auch, dass es so passt, ja womöglich sogar einen tieferen Sinn hat, wenn wir zum Abendmahlsgottesdienst in Alltagskleidung kommen. Sicherlich war es richtig, dass es hierzu unterschiedliche Meinungen gab, denn schließlich ist es etwas Besonderes, wenn wir zum Tisch des Herrn gehen. Die meisten von uns würden es nicht gutheißen, wenn da jemand mit zerrissenen Hosen käme.

Aber was würde Jesus dazu sagen? Er ist der Gastgeber. Er lädt uns beim Abendmahl an seinen Tisch. Ich denke, Jesus würde uns auch mit zerrissenen Hosen willkommen heißen. In der Bibel lesen wir, dass Jesus sich mit Menschen umgeben hat, mit denen sonst keiner etwas zu tun haben wollte (Lukas 15, 1-2). Mit Sündern hat sich Jesus zusammengesetzt und mit ihnen gegessen. Kaputte Menschen waren das- die mit den zerrissenen Kleidern oder mit den Röcken, die viel zu kurz waren. Bei den anständigen Menschen hat das für Empörung gesorgt: Wie kann Jesus nur! Wie kann man nur mit solchen Leuten Gemeinschaft haben! Jeder weiß doch, was das für welche sind!

Jesus wollte, dass die Leute verstehen, warum er das macht. Dazu hat er ihnen Geschichten erzählt- in diesem Fall gleich drei Geschichten. In allen diesen drei Geschichten passiert etwas Ähnliches. Jedes Mal geht es darum, dass etwas verloren geht. Bei der ersten Geschichte ist es ein Schaf aus einer Herde mit hundert Tieren (Lukas 15, 3-7). Bei der zweiten Geschichte ist es eine von zehn Silbermünzen (Lukas 15, 8-10). Und bei der dritten Geschichte ist es einer von zwei Söhnen (Lukas 15, 11-32).

Was macht ihr, wenn ihr etwas verliert, was euch sehr wichtig ist? fragt Jesus mit diesen Geschichten. Gebt ihr euch dann einfach zufrieden mit dem, was noch übrig ist und nicht verloren gegangen ist? Findet ihr euch damit ab, dass ihr jetzt eben nur noch 99 Schafe, nur noch 9 Silbermünzen oder nur noch einen Sohn habt? Gebt ihr das eine, das verloren gegangen ist, einfach auf? Oder seid ihr in Gedanken immer bei dem, was verloren gegangen ist- bei dem einen Schaf, bei dieser einen Silbermünze, bei diesem einen Sohn? Werdet ihr womöglich sogar alle Hebel in Bewegung setzen, um das Verlorene wieder zu finden? Werdet ihr eine Suchaktion starten, die bis in den letzten Winkel reicht, keinen Stein auf dem anderen lassen und alle Möglichkeiten durchgehen, um das Verlorene wieder zu finden?

Ja, das werdet ihr, sagt Jesus. Denn dieses eine Schaft, diese eine Silbermünze, dieser eine Sohn ist euch so wichtig, dass ihr alles dafür tun werdet, um ihn wieder zu finden. Und Gott sieht das ganz genauso wie ihr, sagt Jesus mit seinen Geschichten. Jeder einzelne Mensch ist Gott so unheimlich wichtig, dass Gott alles dafür gibt, dass dieser eine Mensch nicht verloren geht. Gott gibt alles für uns. Gott gibt für uns sein Leben. Am Kreuz ist Jesus Christus für unsere Sünden gestorben. Ja, zu Jesus dürfen wir so kommen wie wir sind- nicht nur in Festkleidung, auch in Alltagskleidung. Zu Jesus dürfen wir alles bringen- nicht nur das, worauf wir stolz sind und womit wir glänzen können. Auch das, wofür wir uns schämen, dürfen wir zu Jesus bringen. Auch das Kaputte in unserem Leben- unser Versagen, unsere Fehler, unsere Schuld.

Liebe Konfirmanden! Heute seid ihr in Alltagskleidung gekommen zum Abendmahl, in dem euch Jesus Christus die Vergebung der Sünden schenken will. Was euch bedrückt, was euch beschwert und belastet- all das dürft ihr hier in dieser Feier ablegen und euch davon freimachen. Legt es ab, so wie ihr heute Abend vor dem Schlafengehen eure Alltagskleidung ablegt, und morgen früh zur Konfirmation eure Festkleider anzieht. Lasst euch versöhnen mit Gott und empfangt seine Vergebung. Denn für Gott zählt jeder Einzelne. Gott gibt niemanden verloren. Jeder Einzelne, der den Weg zu Gott findet, ist Gott ein Freudenfest wert: „Freut euch mit mir, ich habe gefunden, was ich verloren hatte,“ sagt Gott (Lukas 15, 6+9) und lädt zum Fest ein: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet’s; lasst uns essen und fröhlich sein!“ (Lukas 15, 22-23) Ja, liebe Konfirmanden, das wird ein Fest morgen bei eurer Konfirmation, wenn ihr eure Festkleider anhabt. Und am allermeisten freut sich Gott über dieses Fest. Denn Gott will, dass alle Menschen den Weg zu ihm finden.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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[Gedanken zum Jahreswechsel] 2. Sonntag nach Epiphanias

Predigt zum Jahreswechsel 2023/ 2024

Liebe Mitchristen!

„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“ So heißt es in der Bibel im Buch Prediger im 3. Kapitel: „Alles hat seine Zeit.“ Das ist ein Spruch, der uns vertraut ist. Wir finden ihn auf Postkarten; manchmal auch auf Trauerkarten: „Alles hat seine Zeit.“ Manch einer, der eine Karte mit diesem Spruch verschickt oder bekommt, weiß vielleicht gar nicht, dass dieser Spruch in der Bibel steht- dass es ein gläubiger Mensch war, der dich diesen Spruch ausgedacht hat. Kohelet nennt die Bibel diesen Menschen. Das bedeutet so viel wie Prediger oder Lehrer. 2.300 Jahre wird es wohl her sein, dass er gelebt hat. Was war dieser Prediger oder Lehrer wohl für ein Mensch? Wir wissen es nicht. Ich stelle ihn mir vor wie einen alten, weisen Mann mit sehr viel Lebenserfahrung. Einen, der sehr viele Jahre kommen und gehen sehen hat: Jahre mit guten und mit schlechten Zeiten. Jahre mit Krieg und mit Frieden. Jahre mit Zeiten der Not und mit Zeiten des Wohlstands.

Jahre kommen und gehen. An Silvester nehmen wir Abschied vom Jahr 2023, und um Mitternacht begrüßen wir das neue Jahr 2024- nicht nur mit Silvesterraketen und Böllern, sondern auch mit dem Geläut unserer vier Kirchenglocken: Volles Geläut, ganze 15 Minuten lang. Ja, und auch wenn man dieses Geläut wegen der lauten Böller nicht ganz so gut hört: Es ist etwas Besonderes. Nur einmal im Jahr läuten wir so lange mit allen unseren Glocken.

„Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt.“ (Lk 24,19) Das steht auf der zweitkleinsten unserer Glocken geschrieben. Die größte Glocke trägt den Spruch: „Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallet.“ (Mt 26,41) Am Silvesterabend geht nicht nur der Tag zu Ende, sondern gleich ein ganzes Jahr. Wir bleiben länger wach als sonst. Wir denken darüber nach, was das zu Ende gehende Jahr uns gebracht hat an Gutem und an Schwierigem- für uns persönlich und für die Welt, in der wir leben. Die große Glocke und ihre Inschrift erinnert uns daran, das alles im Gebet vor Gott zu bringen und nicht abzulassen vom Glauben an Gott, der es gut meint mit der Welt: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallet.“ Aber wie können wir das schaffen, dranzubleiben am Glauben und nicht müde zu werden? Wie können wir es schaffen, nicht der Anfechtung zu erliegen- diesen inneren und äußeren Stimmen, die uns einflüstern wollen. Es hat ja doch alles keinen Sinn. Es geht sowieso nur abwärts mit der Welt. Es ist ja doch nichts zu erkennen davon, dass da ein Gott ist, der die Geschicke der Welt lenkt und alles zum Guten wenden wird.

Zu Beginn des neuen Jahrs, am Silvesterabend um Mitternacht läuten wir alle Glocken, ganze 15 Minuten lang. Damit wir wach bleiben und beten. Damit wir nicht in Anfechtung fallen, wenn der Tag sich geneigt hat und der Abend kommt, in den dunklen Stunden unseres Lebens. „Herr bleibe bei uns!“ Das soll dann unser Gebet sein: Bleibe bei uns, Herr Jesus Christus. Bleibe bei uns, denn du gibst unserem Leben Sinn und Ziel. Bleibe bei uns, denn du hältst die Hoffnung in uns wach, dass alles gut wird.

„Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen.“ (1. Joh 3,1) So heißt die Inschrift auf der kleinsten und hellsten unserer vier Glocken. Und auf der zweitgrößten steht geschrieben: „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.“ (Mk 10,45) So beginnen wir mit dem Geläut unserer vier Glocken das neue Jahr im Vertrauen auf unseren Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Nichts kann uns von seiner Liebe trennen.

Ja, alles hat seine Zeit, so sagt es der biblische Prediger. Und er macht ein Gedicht daraus:

„Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.“ (Pred. 3,2-8)

Nichts Menschliches ist diesem weisen Mann fremd. Für alles findet er einen Platz in seinem Gedicht: Geburt und Tod, Abschied und Neuanfang, Kaputtmachen und wieder ganz Machen, Liebe und Hass, Krieg und Frieden.

Alles hat seine Zeit. Ganze 15 Minuten läuten unsere vier Glocken an Silvester um Mitternacht, um das neue Jahr zu begrüßen. So viel Zeit ist sonst nie für das Geläut- das ganze Jahr nicht. 15 Minuten nur. Reicht diese Zeit, damit alles anklingt, was im alten Jahr war? Reicht diese Zeit, um eine neue Zeit einzuläuten- ein neues Jahr voller Hoffnungen? Alles hat seine Zeit, sagt der biblische Prediger. Aber wenn ich seine Worte höre, erlebe ich es als eine Zumutung, was er da alles aufzählt. Dass der Tod seine Zeit hat, ist bitter genug. Jeder, der im alten Jahr von einem geliebten Menschen Abschied nehmen musste, weiß das. Nichts kann uns von Gottes Liebe trennen, sagt uns der Apostel Paulus im 8. Kapitel des Römerbriefs. Auch nicht der Tod. Gott sei Dank haben wir diesen Trost. Gott sei Dank haben wir Jesus Christus, der den Tod überwunden hat. Der Tod hat seine Zeit gehabt, und das Leben trägt den Sieg davon.

Alles hat seine Zeit, sagt der biblische Prediger: Hass und Aggression, Streit und Krieg hat seine Zeit. Was für eine Zumutung, dass er das einfach so lapidar sagen kann. Am letzten Tag des Jahres 2023 denke ich an die Ukraine, wo der Krieg kein Ende nimmt. Und ich denke an die furchtbare und verfahrene Situation in Israel- Palästina. An die israelischen Geiseln, die schwer traumatisiert sind und an die, die immer noch nicht freigekommen sind. An ausgebombte Palästinenser, die alles verloren haben, auch ihre Lieben. Alles hat seine Zeit, sagt der Prediger. Nicht nur Krieg, Hass und Aggression hat seine Zeit, sondern auch Liebe, Friede und Wieder-Ganz-Machen von dem, was kaputt ist. Und der Prediger weiß: Friede kommt nicht einfach so und ohne unser Zutun. Das Wieder-Ganz- Machen von dem, was kaputt ist, das ist harte Arbeit. Aber die Zeit dafür wird kommen. Krieg, Hass und Gewalt bleiben nicht für immer. Sie werden abgelöst von der Zeit der Liebe und des Friedens.

Alles hat seine Zeit. Alle vier Glocken läuten am Silvesterabend um Mitternacht, ganze 15 Minuten lang. Ein Festgeläut, dass uns daran erinnert, dass wir etwas zu feiern haben an der Schwelle zum neuen Jahr – dass wir allen Grund haben, das neue Jahr freudig zu begrüßen. Diesen Grund haben wir- egal, ob wir um Mitternacht in froher Runde die Sektgläser klingen lassen, oder ob wir allein sind, wenn wir dem Klang der Glocken lauschen. Wir haben Grund zu feiern. Die Inschriften unserer Glocken erzählen davon: „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.“ (Mk 10,45 „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Gottes Kinder sollen heißen.“ (1. Joh 3,1) Ja, wir sind Gottes Kinder- durch Jesus Christus von Gott dazu bestimmt. Und unser Leben ist mehr als die Summe unserer Tage. Gott hat uns die Ewigkeit ins Herz gelegt. Schönheit und Freude hat er uns geschenkt. So können wir zuversichtlich ins neue Jahr gehen in Dankbarkeit genießen, was Gott uns geschenkt hat- wie es uns der weise Mann im Buch Prediger ans Herz legt:

„Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende. Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. Denn ein jeder Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“ (Pred. 3,11-13).

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

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Gedanken zum Sonntag [7. Sonntag nach Trinitatis]

Predigt beim Gottesdienst im Grünen am 23. Juli 2023

 

Apg 2,41: Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen.

Und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen.

 

Auf dem Bild ist ein Herz aus Menschen ist da zu sehen. 3000 Menschen? So viele sind das wohl eher nicht. So viele waren wir auch in unserer Gemeinde noch nie. Da waren wir mal über 2000 getaufte Christen. Jetzt sind wir noch etwas mehr als 1500. Zahlen, die traurig machen. Hinter jedem Kirchenaustritt steht ja eine persönliche Geschichte. Manche dieser Geschichten kennen wir, andere können wir nur erahnen. 3000, 2000, 1500 Menschen. Was bedeuten uns diese Zahlen? Was ist es, das zählt für uns? Schauen wir noch einmal auf das Bild. Menschen sind da, die ein Herz bilden. Können Sie diese Menschen zählen? Versuchen Sie es einmal. Es ist gar nicht so einfach. Denn manche dieser Menschen stehen im Hintergrund und sind nur schattenhaft erkennbar. Aber auch diese Menschen zählen. Ich denke an die vielen Menschen, denen wir nicht in unseren Gottesdiensten und Gemeindeangeboten begegnen. Auch sie sind getauft und gehören zur Gemeinde. Und mit ihrer Kirchenmitgliedschaft bekennen sie sich zum christlichen Glauben – in einer Zeit, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, zur Kirche zu gehören.

 

Apg 2,42: Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. 

 

Was ist für Sie das wichtigste Wort in diesem Satz? Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und unterstreichen Sie es. Welches Wort haben Sie unterstrichen? Bleiben, beständig sein: Ja, wir brauchen Menschen, die dranbleiben am christlichen Glauben, die sich nicht entmutigen lassen davon, dass wir nicht mehr so viele sind wie früher. Lehre der Apostel: Das ist der Boden, auf dem wir stehen und der Grund, der uns trägt. Die frohe Botschaft von Gottes Liebe zu uns Menschen, wie sie die Apostel verkündigt haben. Gemeinschaft, Brotbrechen, Gebet: So leben wir unseren Glauben, gemeinsam statt einsam. Wenn wir miteinander leben, glauben, beten und Abendmahl feiern, dann ist das ein Stück vom Himmel hier auf Erden, jetzt hier und heute.

 

Apg 2,44: Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

 

Schauen Sie noch einmal das Bild an. Wo sehen Sie sich selber auf diesem Bild? Mit welcher der dargestellten Personen können Sie sich identifizieren? Wenn Sie Ihre Person auf dem Bild gefunden haben, dann machen Sie mit Bleistift einen Kreis um sie. Jetzt verlieren Sie Ihre Person nicht mehr aus dem Blick. Wie sehen Sie aus auf dem Bild? Sind Sie grün oder blau, rot oder gelb, groß oder klein? Stehen Sie allein, oder sind Sie in Kontakt mit der Person neben Ihnen? Sind Sie in Bewegung oder stehen Sie still? Ist Ihr Platz innerhalb des Herzens oder außerhalb? Sind Sie womöglich gerade dabei, Ihren Platz zu verändern?

 

Wo wir auch stehen und wer wir auch sind, wir gehören zusammen. Wir gehören zu Jesus Christus, der uns heute in diesen Gottesdienst gerufen hat. Bunt und farbig ist das Leben, das er uns versprochen hat- ein Leben in Freiheit. Frei von den seelischen Lasten, die uns bedrücken und unser Leben grau und traurig machen. Jesus Christus ist unsere Freiheit. Die Lasten unseres Lebens legen wir unter sein Kreuz: Unsere Schuld und unser Versagen. Unsere Angst und unsere Sorge. Auch die Sorge um unsere Gemeinde, die kleiner wird- mit weniger Räumen und weniger Menschen. Denn was wir an Jesus Christus haben, lässt sich nicht in Zahlen messen. Leben wir unseren Glauben in der Freude an unserem Herrn Jesus Christus! Und schenken wir diese Freude weiter. Denn geteilte Freude ist doppelte Freude. Es wird genug für uns da sein- viel mehr, als wir brauchen! Was wir haben, können wir verschenken- ja, auch so manche materiellen Güter, die andere nötiger haben als wir. Uns wird es an nichts fehlen. Gott ist ja da.

 

Gott ist es, der uns zusammenhält. Gott ist das Herz auf dem Bild- das Herz aus Menschen. Denn Gott ist die Liebe. Ganz verschiedene Menschen sind es, die auf diesem Bild das Herz formen. Ganz verschiedene Menschen sind wir. Und doch sind wir alle zusammen Gottes Gemeinde, der Leib Christi. Ganz verschiedene Meinungen haben wir. Und doch sind wir einmütig, denn einer macht uns Mut- Jesus Christus. Miteinander leben wir als Gemeinde Jesu Christi. Miteinander bilden wir dieses Herz aus Menschen, dieses Herz aus Gott. Nein, dieses Herz ist kein lebloses und kaltes Herz. Es ist ein lebendiges Herz. Es ist ein Herz, das in Bewegung ist- ein Herz, das schlägt. Zu dieser Lebendigkeit gehört es, dass wir uns verändern. Eine lebendige Gemeinschaft bleibt nicht immer gleich. Auf unserem Bild sehen wir das. Da gibt es die, die kommen, und die, die gehen. Altes geht zu Ende. Neues kommt. Heute müssen wir schweren Herzens Abschied nehmen von Sophie Heinzelmann, die unsere Gemeinde so viele Jahre lang geprägt hat. Aber im Herzen bleiben wir miteinander verbunden, und in der großen Gemeinde der weltweiten Christenheit. Denn Jesus Christus wird uns alle begleiten auf unseren Wegen.

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

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[Gedaken zum Sonntag] 4. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 4. Sonntag nach Trinitatis, 02.07.2023

 

1.Petrus 3,8-11.15-17 Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.

 

Liebe Mitchristen!

Kennen Sie Christine Prayon? Christine Prayon hat im ZDF in einer Satiresendung mitgespielt, in der Heute Show. Da war sie die Kunstfigur Birte Schneider und hat damit viele Menschen zum Lachen gebracht. Manchmal habe ich diese Sendung auch angeschaut. Satiresendungen finde ich eigentlich lustig und unterhaltsam, und immer wieder auch gut zum daran Weiterdenken, wenn da unsere Welt und unsere Gesellschaft mit ihren Irrungen und Wirrungen aufs Korn genommen wird. Unsere Welt und unsere Gesellschaft mit ihren Irrungen und Wirrungen aufs Korn zu nehmen, das ist die Aufgabe einer solchen Satiresendung. Da geht es um schräge Vögel und um Entscheidungen, die haarscharf am Ziel vorbeigehen. Da geht es um die gesellschaftlichen Probleme vom Klimaschutz über das Heizungsgesetzt bis zu Waffenlieferungen in den Ukraine- Krieg. Das alles sind Themen, zu denen niemand eine einfache Lösung präsentieren kann. Und so mühen sich alle Verantwortlichen in Politik, Kirche und Gesellschaft, hier irgendwie das Bestmöglich zu entscheiden, zu unterstützen und nach außen zu vertreten. Der Schmerz, den uns das allen bereitet, dass wir mehr oder weniger ratlos vor diesen Problemen stehen und unsere Lösungsversuche eigentlich zur zeigen, wie hilflos wir sind- dieser Schmerz braucht Abhilfe. Eine Satiresendung kann eine solche Abhilfe sein. Da kann ich lachen über das, was mich so belastet und beschwert. Lachen hilft. Lachen ist gesund. Lachen befreit. Wenn ich eine Satiresendung anschaue, kann ich lachen über unsere Welt und Gesellschaft, über so manche Entscheidung von „denen da oben,“ über so manch Eigenwilliges und Unverständliches.

Muss es aber sein, dass ich dabei Menschen der Lächerlichkeit preisgebe? Muss es sein, dass ich Stimmung mache gegen Andersdenkende? Das fragt sich die Kabarettistin Christine Prayon offenbar schon seit Längerem. Und wenn Jan Böhmermann während der Corona- Pandemie in seiner Satiresendung über Nicht- Geimpfte redet und zwei Stinkefinger zeigt, dann ist das für sie keine Satire mehr, sondern Spaltung. Aus solchen und ähnlichen Gründen macht sie nun nicht mehr mit in der ZDF- Heute- Show. Ich möchte mich in meinen Ausführungen nicht an der Person von Christine Prayon festmachen, auch nicht an Meinungen, die sie vertritt, und die ich so nicht teilen kann. Aber hinter ihrem Rücktritt von der Heute Show steht für mich eine Grundfrage, die mich nicht loslässt, unabhängig von diesem Vorfall: Wie gehen wir miteinander um, in unserer Zeit und in unserer Gesellschaft, ja auch in unserer Kirche? Wie gehen wir mit Menschen um, die anders sind und anders denken als wir?

Die frühe christliche Gemeinde hat ihre ganz eigene, leidvolle Geschichte mit dieser Frage gehabt. Damals lebten sie in einer Gesellschaft, in der bis vor Kurzem alle eine einzige große Glaubensgemeinschaft gewesen waren. Heidnische Opferfeste wurden gefeiert, und die jeweiligen Herrscher wurden mehr oder weniger als Götter verehrt. Bei allen Unterschieden, die es zwischen den Menschen gab, war man sich in diesen Punkten doch einig. Niemand wollte hier aus der Reihe tanzen und sich von den anderen absondern. In dieser Zeit entstand die christliche Religion, und damit gab es eine Veränderung: Die Christen, das waren diejenigen, die sich jetzt auf einmal absonderten. Sie trafen sich in ihren Häusern und brachen miteinander das Brot, das für sie der Leib des von ihnen als Gott verehrten Herrn war und ihnen Anteil  an seinem Tod und seiner Auferstehung gab. Vor allem aber weigerten sie sich, den jeweiligen Herrscher wie einen Gott zu verehren. Und untereinander lebten sie einen Liebeskommunismus. Sie teilten alles, was sie hatten und kümmerten sich um die Hilfsbedürftigen, Armen und Alten in ihrer Gemeinschaft. Für die damalige Gesellschaft wurden sie so zum Fremdkörper, der bekämpft werden musste.

Für die ersten Christen war es eine Zerreißprobe, in einer solchen Gesellschaft zu leben. Diese Zerreißprobe machte auch vor ihrer eigenen Gemeinde nicht Halt. So kam es zu Spannungen und Konflikten in ihrer Gemeinschaft. Und trotz aller Liebe, die sie miteinander leben wollten, gebrauchten manche dabei Worte, die mehr Schaden als Heil anrichteten. Dabei kam es auch zu Verleumdungen gegenüber der nichtchristlichen Umwelt. Je mehr von diesen Konflikten nach außen drang, umso mehr schaute die weltliche Umgebung auf die Christen: War da nicht dieses Verbrechen, das nie aufgeklärt worden war? Sind daran nicht vielleicht die Christen schuld? Ein Teufelskreis war das. Eine Abwärtsspirale, die die Existenz dieser frühen christlichen Gemeinde gefährdete. Dieser Teufelskreis musste durchbrochen werden. Was tun? Auf Petrus werden sie hören. So dachte der Schreiber unseres Briefes und berief sich für sein Schreiben an die Gemeinden auf die Autorität des Petrus: Auch wenn Petrus zu diesem Zeitpunkt längst verstorben war: So hätte Petrus gewollt, dass wir miteinander umgehen. Das will der Schreiber des Briefs damit sagen.

Heute ist unsere Situation im Manchem ganz ähnlich wie die der damaligen jungen christlichen Gemeinde. Viele Menschen in unserem Umfeld stehen dem christlichen Glauben kritisch gegenüber. Menschen treten aus der Kirche aus, gerade auch junge Menschen. Das schmerzt uns. Unter gerade aus der Kirche Ausgetretenen hat es neulich eine Umfrage gegeben. Eine der Fragen war, ob die Befragten es wichtig finden, dass es die Kirche gibt. Und obwohl alle Befragten innerhalb der letzten 4 Wochen aus der Kirche ausgetreten waren, hat eine große Mehrheit von ihnen angegeben, dass sie es wichtig finden, dass es die Kirche gibt. „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist,“ heißt es im 1. Petrusbrief. Erzählen wir davon, warum es wichtig ist, Kirchenmitglied zu sein: Kirchensteuer wirkt! Sie wirkt hinein in unsere Gemeinden, die nur dann mit Leben gefüllt werden, wenn die Finanzierung gesichert ist. Sie wirkt hinein in unsere Gesellschaft, durch Kindergärten, durch Tafelläden und Beratungsstellen und vieles mehr.

Wie gehen wir miteinander um? Kann man daran, wie wir miteinander umgehen, erkennen, dass wir Christinnen und Christen sind, oder zeigen wir denen, die anders ticken als wir, auch nur den Stinkefinger, wie Jan Böhmermann in seiner Satireshow? Schaffen wir es, unsere Meinungsverschiedenheiten und Differenzen miteinander in fairer Weise auszutragen und auszuhalten, ohne persönliche Beleidigungen und Verletzungen von unserem Gegenüber, so verquer der uns auch vorkommen mag mit seinen anderen Ansichten und Lebensentwürfen? Diese Frage stellt uns der 1. Petrusbrief- auch und gerade in einer Zeit, in der das soziale Klima kälter geworden und Mobbing über soziale Medien an der Tagesordnung ist. „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist!“ Sagt den Menschen eurer Umgebung, warum ihr weiterhin Kirchenmitglied seid. Sagt ihnen, dass Gott mehr ist als ein von Menschen erfundenes Wort. Sagt den Menschen, dass euer Glaube in Jesus Christus gründet, den Gott zum Heil auf diese Erde gesandt hat. Er ist es, der auch heute noch unter uns wirken kann und will, dass wir versöhnt und in Frieden miteinander leben können.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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[Gedanken zu Himmelfahrt] 13.05.2021

Predigt zu Christi Himmelfahrt, 13. Mai 2021

Epheser 1, 17-23: Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen. Und er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns ist, die wir glauben durch die Wirkung seiner mächtigen Stärke. Mit ihr hat er an Christus gewirkt, als er ihn von den Toten auferweckt hat und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und jeden Namen, der angerufen wird, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.

Liebe Mitchristen!

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein,“ heißt es in einem bekannten Lied von Reinhard Mey. Heute am Himmelfahrtstag wird unser Blick nach oben gelenkt, zu Jesus Christus in seiner Herrlichkeit. Er sitzt auf dem Thron an Gottes rechter Seite. Dort oben im ewigen Licht lenkt er die Geschicke der Welt. Aber wo ist das denn nun genau, dieses „Dort oben“? Ist das wirklich über den Wolken? „Eine Wolke nahm Jesus auf.“ So erzählt die Apostelgeschichte die Himmelfahrt von Jesus Christus. Aber sie erzählt auch von Engeln, die die Jünger davor warnen, Jesus da oben am Himmel zu suchen. Denn wenn wir unsere Augen nur an den Himmel heften, dann verlieren wir Jesus Christus aus dem Blick. „Gott gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid,“ lesen wir im Epheserbrief.

Nicht das, was vor Augen liegt, bringt uns Jesus Christus näher. Nicht der Blick zum Himmel da oben, wo die Wolken ziehen. Es braucht einen anderen Blick. Einen Blick, der tiefer geht und das Wesentliche sieht. „Schau hin!“ So heißt das Motto des 3. Ökumenischen Kirchentags, der in diesen Tagen digital gefeiert wird. Und schon Antoine de Saint-Exupéry wusste: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Nur mit dem Herzen können wir Gottes Himmel erkennen. Nur in der Liebe können wir verstehen, was es bedeutet, dass Jesus Christus bei Gott im Himmel ist. Denn Gottes Himmel, das ist ja nicht ein bestimmter Ort, irgendwo da oben über den Wolken, wo der Thron Gottes steht und Jesus Christus an seiner rechten Seite sitzt. Gott lässt sich nicht auf einen bestimmten Ort festlegen, auch nicht oben im Himmel. Gott ist unendlich, Gott ist ewig. Gott sprengt diese Dimensionen von Raum und Zeit. Vor seinem Thron und in seinem Licht stehen wir, an jedem Ort dieser Welt und zu jeder Zeit unseres Lebens. Auch dann, wenn der Ort, an dem wir leben, alles andere als himmlisch ist. Auch dann, wenn die Zeit, in der wir leben, eine wirklich schwierige Zeit ist. Immer und überall stehen wir in Gottes Licht. Denn wir gehören zu Gott. Und wir gehören zu Jesus Christus, der am Kreuz den Tod überwunden hat, der auferstanden ist und der lebt, bei Gott in seiner Herrlichkeit. Das ist die Hoffnung, zu der wir berufen sind, die überschwänglich große Kraft Gottes, die unser Predigttext in den höchsten Tönen lobt.

Das klingt alles immer noch ziemlich abgehoben. Wie kann diese große Hoffnung wirklich bei uns ankommen? Ich möchte Ihnen Menschen vorstellen, die ich mit dieser Hoffnung verbinde. Ich erinnere mich an eine hochbetagte Frau, die ich einmal besucht habe. „Ich habe mein Leben meinem Heiland übergeben,“ sagte sie mir. „Er weiß, wann es Zeit ist, dass er mich zu sich holt.“ Auf diesem Vertrauen auf Jesus Christus hat diese hochbetagte Frau ihr Leben aufgebaut. In dieser Gewissheit hat sie es geschafft, ihren Alltag zu bewältigen – trotz ihrer körperlichen Beschwerden, trotz ihrer Einsamkeit als Witwe. Wenn ich so einem Menschen begegne wie dieser Frau, dann wird der Thron Gottes und Jesus Christus, der dort im ewigen Licht an Gottes rechter Seite sitzt, für mich erfahrbar.

Ich möchte Ihnen auch eine Anekdote erzählen von zwei Theologen des 20. Jahrhunderts – Karl Barth und Eduard Thurneysen. Die beiden waren befreundet. Am Abend vor dem Tod von Karl Barth hatten die beiden noch miteinander telefoniert und sich über die Weltlage unterhalten. Karl Barth meinte: „Ja, die Welt ist dunkel!“ Er ließ diese Aussage aber nicht einfach so stehen, ganz im Gegenteil. Weiter sagte er: „Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking. Sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber ganz von oben, vom Himmel her. Gott sitzt im Regiment. Darum fürchte ich mich nicht. Bleiben wir doch zuversichtlich, auch in dunkelsten Augenblicken! Lassen wir die Hoffnung nicht sinken, die Hoffnung für alle Menschen, für die ganze Völkerwelt! Gott lässt uns nicht fallen, keinen einzigen von uns und uns alle miteinander nicht!“ In dieser Zuversicht hat der Theologe Karl Barth sein Leben beschlossen. Es waren seine letzten Worte.

„Es wird regiert!“ Ich finde diesen Gedanken sehr tröstlich, gerade auch in schwierigen Zeiten. Das gibt mir die Kraft, auch solche Zeiten durchzustehen. Dabei hilft es mir, mit den Augen des Herzens auf Jesus Christus zu schauen. Jesus Christus, der an Gottes rechter Seite sitzt und den Lauf dieser Welt in der Hand hat – auch da, wo ich es jetzt noch nicht verstehen kann. Jesus Christus, über den unser Predigttext aus dem Epheserbrief sagt: Gott hat ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel über alle Reiche, Gewalt, Macht und Herrschaft. Alles hat er unter seine Füße getan.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer