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Gedanken zum Sonntag

8. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum Sonntag 21.07.2024

 

Liebe Mitchristen!

 

Fällt es Ihnen leicht, morgens in aller Frühe aus dem Bett aufzustehen, wenn es noch dunkel ist und die anderen noch schlafen? Im Dunkeln aufstehen, das tun wir meistens nicht aus eigenem Antrieb. Wir tun das, wenn wir unserer Pflicht nachkommen müssen- zur Arbeit gehen oder in die Schule. „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten!“ So heißt es in der Bibel in Eph 5,14. Manchmal kam es mir auch so vor, wenn ich an einem dunklen Herbstmorgen frühmorgens um 6 Uhr meinen Sohn wecken wollte, bei dem es am Vorabend wieder mal spät geworden war: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten!“ Mein Sohn ist inzwischen erwachsen und stellt sich selbst seinen Wecker. Und ich bin froh, dass ich in der Regel nicht mehr ganz so früh raus muss.

 

Einmal sind wir alle zusammen so früh aufgestanden, meine Söhne und ich- mitten im Urlaub. Wir waren in Spanien, in der Nähe von Valencia. Meistens wollten wir da lieber ausschlafen. Aber an einem Urlaubsabend hatten wir die Idee: Morgen stehen wir mal ganz früh auf, wenn es noch dunkel ist. Dann gehen wir zum Strand und schauen uns den Sonnenaufgang am Meer an. Am nächsten Morgen ließen wir also den Wecker klingeln. Zum Glück geht in Spanien die Sonne später auf als bei uns. Im Hotel konnten wir als erst noch frühstücken- zusammen mit denen, die auch dort früh aufstehen, um ihrer Pflicht nachzukommen: Menschen, die beruflich unterwegs waren und in der Hotelbar in Arbeitskleidung ihren Kaffee tranken.

 

Für uns war das ein sehr besonderer Start in diesen Urlaubstag. Von Urlaubsatmosphäre war da zunächst einmal nichts zu spüren. Draußen im Dunkeln war es fast menschenleer. Nur eine Frau, die gerade ihren Hund ausführte, haben wir getroffen. Alles wirkte grau in grau in der düsteren Morgendämmerung: Graue Straßen, graue Häuser, grauer Strand, grauer Himmel, graues Meer. Aber dann kam langsam Farbei in die graue Welt: Hinten am Horizont der erste rötliche Schimmer: Die Sonne geht auf. Sie bringt Licht und Farbe in unsere Welt. Und wir haben es nicht bereut, dass wir an diesem Urlaubsmorgen so früh aufgestanden sind.

 

Von der Dunkelheit ins Licht zu kommen, das ist eine großartige Erfahrung. An diesem Urlaubsmorgen haben wir das ganz bewusst erlebt. Von der Dunkelheit ins Licht- das erfahren wir jedem Morgen neu. Ja, auch dann, wenn mal nicht die Sonne scheint. Selbst an bewölkten Tagen steht die Sonne hinter den Wolken und bringt Licht in unsere Welt und unser Leben. „Ihr wart früher Finsternis, nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.“ So heißt es in Eph 5,8. Dieses Bibelwort erinnert uns daran, wer das Licht unseres Lebens ist: Jesus Christus. Er bringt Licht und Hoffnung in unser Leben. Auch in die dunklen Ecken scheint das Licht von Jesus Christus; auch dorthin, wo es unaufgeräumt ist in unserem Lebenshaus. Auch dorthin, wo wir manches lieber unter den Teppich kehren würden.

 

Aber: Im Lichte Jesu Christi habe ich den Mut, auch das anzuschauen, was schief gelaufen ist in meinem Leben- meine Schuld und mein Versagen. Das alles kommt ans Licht. Zunächst einmal lässt mich das vielleicht erschrecken: Das will ich nicht. Das ist mir peinlich. Meine Schwächen und Fehler, meine dunklen Seiten, das soll doch niemand sehen. Und jetzt steht das alles voll im Licht! Aber dann, wenn dieses erste Erschrecken überwunden ist, dann ist es einfach nur noch befreiend: Endlich ist Schluss mit dem Versteckspiel. Endlich muss ich nicht mehr so tun, als ob alles immer glatt läuft bei mir. Endlich muss ich die dunklen Seiten meines Lebens nicht mehr unter den Teppich kehren. Denn unter den Teppich kehren, das ist richtig anstrengend. Die Kraft, die ich dafür aufgewendet habe, die kann ich jetzt für andere Aufgaben verwenden, wo sie viel sinnvoller eingesetzt ist.

 

„Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Eph 5,9) Wenn wir das so leben, dann lassen wir die Sonne rein in unsere Welt- egal ob es regnet oder schönes Wetter ist. Wenn wir die Güte leben- das bedeutet: Dass wir die Menschen, die uns begegnen, mit den Augen der Liebe ansehen. Ja, auch den Nachbarn, der uns so seltsam vorkommt. Auch die Kollegen, die das alles ganz anders machen wollen als wir. Auch die, mit denen wir nicht können. Seien wir gütig ihnen gegenüber. Sehen wir sie mit den Augen der Liebe. Seien wir auch gütig zu uns selbst. Denn für uns alle ist Jesus Christus gestorben und auferstanden.

 

Leben wir die Güte. Aber Güte allein genügt nicht. Es braucht auch Gerechtigkeit. Seien wir also fair. Geben wir jedem eine Chance. Machen wir keine künstlichen Unterschiede auf zwischen den Menschen. Ob Hautfarbe, Sprache oder Geschlecht- Gott hat nicht gewollt, dass wir die Menschen in Schubladen, Kategorien oder Raster einteilen. Gott hat alle Menschen geschaffen. Seien wir menschlich und fair zu allen. Und setzen wir uns lautstark zur Wehr, wenn Menschen ungerecht behandelt werden, diskriminiert oder unterdrückt.

 

Aller guten Dinge sind drei: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Wahrheit- das erscheint zunächst einmal einfach, ja beinahe selbstverständlich. Natürlich lebe ich die Wahrheit. Ich lüge niemanden an. Aber so einfach ist es nicht. Die Wahrheit leben, das heißt heute auch: Nicht allen einfachen Antworten Glauben schenken. Nicht allen starken Männern oder Frauen hinterherlaufen, die einem das Denken abnehmen wollen. Leben wir die Wahrheit, und haken wir lieber nochmal nach: Ist diese Nachrichtenquelle wirklich seriös, oder sind das Fake News? Dient das dem Leben, was hier als der richtige Weg propagiert wird, oder werden da Menschen ausgegrenzt und abgewertet?

 

Güte, Gerechtigkeit, Wahrheit- diese drei sind wichtig. Diese drei brauchen wir. Darauf sollten wir unser Leben ausrichten. Eine große Aufgabe ist das. Aber eine Bürde sollte das nicht sein für uns, sondern eine Freude. Denn nicht aus uns selbst heraus müssen wir das alles hinkriegen. Es kommt von Jesus Christus. Er lässt sein Licht scheinen in unser Herz. Seine Auferstehung lässt uns auferstehen: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ (Eph 5, 14) Wir dürfen leben im Licht von Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Das ist, wie wenn die Sonne aufgeht an einem sommerlichen Urlaubsmorgen. All das Grau in Grau ist auf einmal weggewischt, und wir stehen im goldenen, hellen Licht.

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Montag, 19.07.2024 um 18:30 Uhr im Gemeindesaal Wehingen

Öffentlicher Teil

Top 1

18:30 Uhr

Begrüßung

Andacht 

Top 2

Festlegung und Ergänzung der Tagesordnung

Top 3

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 19.06.2024

Top 4

a. Mitteilungen und Anregungen

b. Rückblick: 

  • Mitarbeiter-Dank mit Mittagessen 23.06.2024
  • Atempause 30.06.2024
  • Gemeindewanderung 07.07.2024
  • Schulungs-Termine Schutzkonzept – wie geht es weiter?

c. Ausblick:

  • Gottesdienst im Grünen 21.07.2024
  • Nächste Gemeindewanderung 08.09.2024
  • Konfi 8 – Vorstellungsgottesdienst am 15.09.2024
  • Planung KGR-Samstag 28.09.2024 – Thema – Padlett
  • Posaunenchorjubiläum mit Mittagessen 29.09.2024

Top 5

KGR-Dienste: Planung GD 2024 (Churchtools)

Kirchkaffee 

Top 6

Bauausschuss: 

  • Stand der Dinge
  • Termin Bauschau?
  • Kirchturm-Kreuz: Beleuchtung oder event. Vergolden?

Top 7

Kindergarten

  • Kindergartenjubiläum 22.09.2024 – Stand der Dinge

Top 8

Finanzen

Top 9

Distrikt

  • Fragebogen „Regionaler Kirchentag“ (siehe DGM) in Rottweil am 25.05.2025

Top 10

Verschiedenes: 

  • Abholservice zum Gottesdienst? Auswertung der Befragung

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Gedanken zum Sonntag

7. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum Sonntag, 14. Juli 2024

Liebe Mitchristen!

Heute feiern wir Taufe. Die Tauffamilien haben lange geplant und vorbereitet. Vieles war zu regeln: Welchen Taufspruch nehmen wir für unser Kind? Wer gestaltet die Taufkerze? Wer übernimmt das Patenamt? Den Tauffamilien möchte ich heute gratulieren: Zur Taufe von ihren Kindern, die jetzt zu Jesus Christus gehören und zu seiner Gemeinde- hier in unserer Kirchengemeinde vor Ort und in der weltweiten Christenheit. Ein herzliches Willkommen unseren neuen Gemeindemitgliedern!

Gratulieren möchte ich den Tauffamilien auch dazu, dass sie christliche Patinnen und Paten gefunden haben für ihre Kinder: Menschen, die ihnen nahestehen und die Kirchenmitglieder sind. Menschen, die die Bereitschaft mitbringen, diese Kinder auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten. Schön, dass diese Patinnen und Paten heute ihr Ja gesprochen haben zu der Aufgabe, die sie übernommen haben. Solche Menschen brauchen wir in unserer Zeit: Menschen, die sich zur Kirche halten und sich dafür einsetzen, dass der christliche Glaube weitergegeben wird an die nächste Generation. Dass unter unseren Patinnen und Paten heute nicht nur evangelische, sondern auch katholische Kirchenmitglieder sind, erinnert uns daran, dass die Taufe in allen christlichen Konfessionen gefeiert wird. Es gibt nur die eine Taufe im Namen Jesu Christi.

Paten zu finden, die einer christlichen Kirche angehören und bereit sind, diese Aufgabe zu übernehmen, ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit. Neulich habe ich ein Gespräch geführt mit einer jungen Mutter, die keine christlichen Paten finden kann für ihr Kind. Sie gehört zu unserer Kirchengemeinde. Und sie möchte gerne, dass ihr Kind auch dazugehört. Sie möchte ihr Kind taufen lassen. Taufe ohne christliche Paten- geht das? Ist das nicht ein Taufhindernis? Es tut mir weh, dass wir uns an solchen Fragen aufhalten, wo es doch um etwas ganz Anderes geht- um etwas viel Größeres: Dass wir zu Jesus Christus gehören. Dass wir mit hineingenommen werden in sein Sterben und Auferstehen. Dass Jesus Christus uns Halt und Hoffnung gibt für unser Leben. Und wir reden über Taufhindernisse.

„Was hindert’s, dass ich mich taufen lasse?“ So fragt in der Bibel in Apg. 6,36 ein hoher äthiopischer Beamte seinen Wegbegleiter Philippus. Philippus hatte durch eine göttliche Eingebung den Weg dieses reichen Afrikaners gekreuzt. Seit einer ganzen Weile saßen die beiden nun schon auf dem Reisewagen des Afrikaners, der sich langsam wieder in Richtung Äthiopien bewegte. Philippus hatte dem hohen äthiopischen Beamten geholfen, schwierige Bibelstellen zu verstehen. Und er hatte ihm von Jesus erzählt. Wie Jesus gelebt hat. Wie er den Menschen von Gott erzählt hat. Wie bei Jesus alle willkommen sind, auch die, die sonst übersehen werden. Die kleinen Kinder zum Beispiel. Oder die Zöllner, die zwar reich sind, aber von den anderen verachtet werden, weil sie mit der römischen Besatzungsmacht zusammenarbeiten. Gott lädt uns alle ein. Für uns alle ist Jesus gestorben und auferstanden.

Philippus erzählt und erzählt, und der äthiopische Beamte hört ihm gebannt zu. Denn was er da hört, geht ihm mitten ins Herz. Das ist es, wonach er schon lange gesucht hat. Schon lange hat er die heiligen Schriften der jüdischen Religion studiert. Er ist überzeugt davon: Das ist der richtige Weg- ja, es gibt nur einen Gott! Aber im Tempel in Jerusalem war der Afrikaner nicht willkommen. Er ist ein Eunuch, ein kastrierter Mann. So war es damals üblich für die hohen königlichen Beamten in Äthiopien- damit sie ihr Amt nicht von Generation zu Generation weitergeben. Vielleicht würde sich dieser Afrikaner heute als queer bezeichnen. Ein Mensch, der nicht in unser Schema von Mann und Frau passt. Damals wie heute haben es solche Menschen schwer, akzeptiert zu werden. Heißen wir sie willkommen in unserer Gemeinschaft, in unserem Ort, in unserer Kirchengemeinde?

„Was hindert’s, dass ich mich taufen lasse?“ fragt der queere Afrikaner. Vieles hätte Philippus darauf antworten können, zum Beispiel so: Tut mir leid, aber du bist so anders als wir, du als Eunuch. Außerdem kommst du aus einer ganz anderen Kultur, aus einem fremden Land. Wie willst du dort deinen christlichen Glauben leben?  Und hast du überhaupt schon genug verstanden vom christlichen Glauben? Das braucht doch mehr Zeit, als hier nur ein paar Minuten die Bibel zu erklären! All das hätte Philippus dem afrikanischen Beamten antworten können. Aber so antwortet Philippus nicht. Nein, Philippus antwortet gar nicht mit Worten. Philippus antwortet mit Taten. Der Reisewagen hält an. Philippus und der äthiopische Beamte steigen aus. Dort ist Wasser, und Philippus tauft den Afrikaner an Ort und Stelle. So hat es Gott gewollt. Philippus hat seinen Auftrag erfüllt. Die Wege von Philippus und dem reichen Äthiopier trennen sich. Philippus bringt nun an einem anderen Ort die frohe Botschaft von Jesus Christus unter die Leute.

Der neu getaufte Äthiopier aber hat die Gewissheit: Ich gehöre zu Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Bei Jesus Christus bin ich willkommen, so wie ich bin. Fröhlich zieht der queere Afrikaner seiner Wege- zurück nach Äthiopien an den Hof der Königin, in deren Diensten er steht.

Was hindert’s, dass ich mich taufen lasse? Was hindert’s, dass ich mein Kind taufen lasse? Keine unnötigen Hindernisse sollen wir hier aufbauen. Das können wir aus dieser biblischen Geschichte lernen. Ich denke noch einmal an die junge Mutter aus unserer Gemeinde, die für ihr Kind keine christlichen Paten finden kann. Ich habe mit ihr gesprochen und habe ihr Mut gemacht. Mut, ihr Kind christlich zu erziehen und sich dabei von uns als Kirchengemeinde unterstützen zu lassen. In einigen Monaten werden wir die Taufe ihres Kindes feiern. Ich freue mich darauf.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

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Gedanken zum Sonntag [6. Sonntag nach Trinitatis]

Predigt zum 7. Juli 2024

Liebe Mitchristen!

Wenn ich Hunger habe, werde ich unleidlich. Ich brauche meine geregelten Mahlzeiten, vor allem das Mittagessen, die Hauptmahlzeit in der Mitte des Tages. Wenn diese Mahlzeit mal ausfällt, dann wird mir nicht nur flau im Magen. Dann sinkt auch meine Stimmung. Ich werde mürrisch und leicht reizbar- unleidlich eben. Unleidlich, weil der Magen leer ist- das sind auch die Israeliten bei ihrer Wanderung durch die Wüste. Voller Freude sind sie losgezogen: Endlich weg aus dem Mief der Sklaverei in Ägypten! Endlich all das hinter uns lassen, was uns täglich quält und runterdrückt und kleinmacht. Endlich eigene Wege gehen und sich nicht mehr herumkommandieren lassen. Endlich Freiheit!

Aber der erste Schwung der Begeisterung ist längst verflogen auf dem langen und kräftezehrenden Weg durch die Wüste. Die Essensvorräte sind längst aufgebraucht. Der Hunger macht die Israeliten unleidlich. Sie fangen an zu nörgeln und zu jammern: Hätten wir bloß nicht auf Mose gehört! Wären wir nur in Ägypten geblieben! Es war ein großer Fehler, sich auf den Weg ins Ungewisse zu machen! Es wird kein gutes Ende nehmen!

Kennen wir das nicht auch, diese Zeiten der Dürre, diese Wüstenzeiten? Nicht nur, wenn der Magen leer ist, gibt es solche Zeiten. Auch das Herz kann ja leer sein, die Hände zu müde, um irgendetwas anzupacken, die Füße wollen nicht mehr weiter. Und im Kopf kreisen die immer gleichen Gedanken: Es war ein Fehler, diese Entscheidung zu treffen! Ich hätte die Weichen anders stellen sollen auf meinem Lebensweg. Dann wäre ich jetzt nicht hier, nicht so. Dann wäre alles anders, alles besser. Aber jetzt ist es zu spät. Jetzt kann ich das Rad nicht mehr zurückdrehen. Hätte ich doch! Wäre ich nur! Die Gedanken kreisen und kreisen. Sie türmen sich auf und werden immer größer. Und mit den Gedanken wächst die Wut. Die Wut auf mich selbst. Die Wut auf diejenigen, die mich dazu gebracht haben, diese Entscheidung zu treffen.

Mose und Aaron werden zur Zielscheibe für die Wut der Israeliten: Ihr habt uns in diese Wüste geführt! Ihr seid schuld daran, dass wir jetzt alle hier in der Wüste umkommen werden! Es ist die Perspektivlosigkeit, die zur Aggression führt. Schuldige werden gesucht und gefunden – oft sind es nicht einmal die Schuldigen, sondern einfach nur Opfer, an denen die Aggressionen ausgelebt werden. Die Wirklichkeit ist unerträglich, so unerträglich, dass man sie ausblenden muss. Eine Scheinwelt tritt an ihre Stelle – die gute alte Zeit, die sich im Rückblick verklärt: Wären wir doch nur in Ägypten geblieben, wo wir bei den Fleischtöpfen saßen und Brot die Fülle zu Essen hatten (2. Mose 16, 3). Die Ungerechtigkeit und die Unterdrückung, die es damals gab, sind schon vergessen und verdrängt.

Aufbruch ins Ungewisse, Hoffnung und Verzweiflung. Hunger nach Leben und Brot. Und immer wieder auch Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die sich im Nachhinein verklärt hat. Ich denke an Menschen in unserer Zeit und in unserem Land. Ich denke an die Menschen, die Hunger haben, denen das Geld nicht reicht, um gutes Essen zu kaufen. Ich denke an die Menschen, die voller Verzweiflung ihre Heimat verlassen haben und bei uns eine neue Heimat suchen. Sie brauchen unsere Hilfe, brauchen Menschen, die ihnen zeigen, dass sie hier willkommen und in Sicherheit sind. Ich denke auch an die Menschen, die sich mit diesen Neuankömmlingen schwertun. Menschen, die mit den schnellen Veränderungen nicht klarkommen und sich im eigenen Land nicht mehr heimisch fühlen. War früher nicht alles besser, in der guten alten Zeit? „Wären wir doch bei den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben.“ Ich denke an Menschen, die sich wünschen, dass eine harte Hand regiert, jemand, der sagt, wo es lang geht, jenseits von anstrengenden demokratischen Entscheidungsfindungsprozessen. Die Israeliten sehnen sich zurück nach Ägypten, zurück in die Sklaverei. Zurück in die Sklaverei, ohne Freiheit, ohne Demokratie? Für mich ist es erschütternd, dass sich Menschen das wünschen können. Freiheit und Mitmenschlichkeit sind anstrengend. Manchmal ist es wie ein Weg durch die Wüste, den Weg der Freiheit und der Mitmenschlichkeit zu gehen. Und doch ist ein großes Versprechen damit verbunden. Denn die Wüste ist nicht das Ziel. Gott hat es versprochen: Nach der Wüstenreise kommt ein Land, in dem Milch und Honig fließt.   

Die Israeliten hatten in der Wüste den Glauben an dieses Versprechen Gottes verloren. Aber Gott hat sie trotzdem nicht fallen lassen. Auch wenn äußerlich alles dagegen sprach: Er hatte sein Versprechen nicht vergessen. Er wollte die Seinen nicht umkommen lassen, sondern sie sollten gerettet werden. Gott sagte zu Mose: Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Ich kenne ihre Perspektivlosigkeit, ihre Ängste, ihre Verzweiflung. Ich weiß, dass sie keinen anderen Ausweg sehen als Aggression und Weltflucht. Aber ich weiß einen Ausweg für sie. Sie sollen nicht verhungern. Sie sollen sehen, dass ich ihr Gott bin, der für sie sorgt. Du, Mose, sage den Israeliten: Am Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden. Mose und Aaron sagen das Wort Gottes weiter.

Mose und Aaron haben nicht zu viel versprochen. Am Abend lässt sich ein großer Schwarm Wachteln nieder beim Lager der Israeliten. Den Israeliten fällt es nicht schwer, die erschöpften Zugvögel einzufangen und aus ihnen eine schmackhafte Mahlzeit zuzubereiten. Am Morgen finden sie kleine Kügelchen im Sand, die schmecken süß wie Honig. Man hu? Was ist das? fragen sich die Israeliten und geben der unbekannten Speise den Namen Manna. Was ist das, dieses Manna? Honigtau ist es, den die Schildläuse auf den Tamariskenbüschen absondern. Wachteln und Manna, Zugvögel und Honigtau – beides gibt es in der Wüste auch noch heute. Für beides gibt es eine Erklärung. Gott muss nicht die Naturgesetze außer Kraft setzen, um den Israeliten zu helfen in ihrer Wüstennot. Und doch ist es ein Wunder Gottes, dass die Wachteln gerade beim Lager der Israeliten landen, und dass es gerade dort so außerordentlich viel Honigtau von den Tamariskenbüschen gibt.

Gott sorgt für uns, auch in den Wüstenzeiten unseres Lebens. Er tut es nicht auf übernatürliche Weise. Vielleicht schickt er uns einen Menschen als Begleiter, einen, der uns tröstet und uns Mut macht. Vielleicht schenkt er uns ein Bibelwort oder einen Liedvers, der auf einmal Bedeutung bekommt für unser Leben und zu einer Kraftquelle wird, von der wir lange zehren können. Vielleicht schenkt er uns neue Möglichkeiten, wie wir unser Leben gestalten können, neue Wege, die sich vor uns auftun und aus der Wüste hinausweisen in das gute Land, das Gott uns versprochen hat.

Vielleicht sind es auch ganz konkrete und praktische Hilfen, die Gott uns schenkt, damit das Leben weitergeht. Woche für Woche sammeln wir Lebensmittel für sie und geben sie an den Tafelladen in Trossingen. Und ich möchte allen Danke sagen, die diese Aktion unterstützen.

Und alle, die Hilfe brauchen, möchte ich ermutigen, sich von anderen helfen zu lassen. Oft fällt uns das ja so schwer, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aber die Israeliten haben das Manna auch nicht in der Wüste liegen lassen, weil sie sich geniert hätten, eine solche Hilfe anzunehmen. Sie haben es eingesammelt, und sie sind davon satt geworden, und konnten getrost weitergehen auf ihrem Weg. Halten wir die Augen offen für die Hilfe, die Gott uns schickt.  Manchmal sieht diese Hilfe, die Gott uns schickt, auch ganz anders aus, als wir es erwartet hätten. Wer hätte das gedacht in Israel, dass Gott das versprochene Brot in Form von kleinen Kügelchen im Sand schenken würde? Die Wüste war für die Israeliten zum Ort der Hoffnung geworden, zum Ort, an dem Gott sein Versprechen wahr macht. Gott hält sein Versprechen. Er lässt uns nicht umkommen. Durch all die Wüstenzeiten unseres Lebens hindurch wird er uns geleiten.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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4. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum Mitarbeiter- Dank- Gottesdienst am Sonntag, 23. Juni 2024

Liebe Mitchristen!

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe,“ heißt es in der Jahreslosung (1. Kor 16,14). Liebe, das ist das, was uns zusammenhält. Liebe, das ist wie das violette Band, das wir durch die Bankreihen gereicht haben. Ein Band, das uns verbindet. Für mich ist das ein schönes Bild, das passt zu unserem Gottesdienst heute, wo ich im Namen unseres Kirchengemeinderats und der ganzen Gemeinde Danke sagen darf an alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Danken möchte ich für alles, was Ihr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet habt im vergangenen Jahr an haupt- und ehrenamtlicher Arbeit. Danke auch und gerade für das, was man nicht sieht, weil es im Verborgenen geschieht, und man vermutet gar nicht, wie viel Arbeit und Zeitaufwand dahinter steckt. Danke!

Danke für alle Liebe, die in solcher Arbeit steckt: Die Liebe zum Detail. Die Liebe zu unserer Gemeinde, in der wir zusammengehören und zusammenwirken. Die Liebe zu den Menschen, die uns anvertraut sind und die wir erreichen wollen. Die Liebe zu Gott, der uns in Jesus Christus nahegekommen ist und uns durch den Heiligen Geist stärkt bei allem, was wir anpacken. Er kann alles zum Guten wenden, auch das, was uns Schwierigkeiten macht. „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen,“ schreibt Dietrich Bonhoeffer. 

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Für mich steckt in diesem Bibelwort auch dieser Gedanke, den Dietrich Bonhoeffer hier auf den Punkt bringt: Dass ich mir alle Dinge zum Besten dienen lasse. Und damit verbunden, die Verheißung, das große Versprechen von Gott: Wenn ich das tue; wenn ich festhalte an der Liebe zu Gott und den Menschen, und aus allem, was mir vorgegeben ist und sich mir scheinbar in den Weg stellt, das Beste mache- wenn ich so lebe, dann darf ich es erfahren, dass sich Schwierigkeiten auflösen und Gott dort Gutes entstehen lässt, wo ich es nicht vermutet hätte. Ich denke, dieses Gottvertrauen brauchen wir, gerade in unserer Zeit, wo die Kirchengemeinden kleiner werden und wir uns von manch Liebgewordenen verabschieden müssen.

Letztes Jahr haben wir unseren Mitarbeiter- Dank- Gottesdienst als Abschiedsgottesdienst in unserem Johannes- Gemeindehaus gefeiert. Abschied tut weh. Aber wir bleiben nicht stehen beim Abschiedsschmerz. Wir vertrauen darauf: Gott wird es gut machen. Wir bitten Gott um seinen Segen für die neue Kindergartengruppe, die im September in diese Räume unseres ehemaligen Gemeindehauses einziehen wird, und auch um Gottes Segen für die neuen Mitarbeiterinnen, die dort tätig sein werden und durch ihre Liebe und Zuwendung den Kindergartenkindern etwas weitergeben von Gottes Liebe zu uns Menschen.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Das Band, das wir durch die Bankreihen gereicht haben, ist fest und stabil, fast wie ein Seil. Tauziehen haben wir nicht gemacht mit diesem Seil. Nicht gegeneinander, sondern miteinander wollen wir arbeiten. Ja, so darf ich es immer wieder erleben hier in der Gemeinde: Wir ziehen alle an einem Strang, auch bei schwierigen Themen. So können wir etwas erreichen. So kann es vorangehen, hier in unserer Kirchengemeinde. So können wir Gottes Segen erfahren und weitergeben in der Gemeinschaft, die wir hier miteinander leben. Das Band der Liebe ist da, das uns zusammenhält. Bei allen Unterschieden, die es zwischen uns gibt- unterschiedliche Ideen und Erfahrungen im Glauben und im Leben. Das darf und soll so sein. Und wenn wir als große Überschrift über dem allen die Liebe haben, dann stört es nicht, dass der eine oder die andere hier auch mal anders tickt als ich.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Das Band, das wir durch die Bankreihen gereicht haben, haben wir alle festgehalten. Sonst wäre es auf den Boden gefallen und unter den Kirchenbänken verschwunden. Wir haben eine Kette gebildet mit diesem Band. Ein bisschen sieht es auch aus wie eine Kette, unser violettes Band, mit seiner geflochtenen Struktur. Bei einer Kette sieht man die Struktur, wie sie gemacht ist, noch besser. Eine Kette ist zusammengesetzt aus vielen Kettengliedern. Und wenn ein Glied fehlt in der Kette, dann zerbricht die Kette. So wie unser Band auf den Boden gefallen wäre, wenn es einer losgelassen hätte. Wir gehören alle zusammen. Nur gemeinsam können wir den Glauben an Jesus und die Liebe Gottes weitergeben. Nur gemeinsam können wir Gemeinde bauen. Der Apostel Paulus vergleicht die christliche Gemeinde deswegen mit einem Körper mit vielen Körperteilen. (1. Kor 12, 12-17). Jedes Körperteil hat eine besondere Aufgabe im Körper. Manche erscheinen uns wichtiger. Manche sind uns eher peinlich. Aber alle Körperteile sind wichtig. Nur wenn alle zusammenwirken, ist es ein gesunder Körper.

Was könnte unterschiedlicher sein als die Körperteile an einem Körper? Was hat die Speiseröhre gemeinsam mit dem großen Zeh? So unterschiedlich wie die Körperteile an einem Körper sind auch wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Gemeinde. Bunt und unterschiedlich sind auch die Zettel, die wir mit Wäscheklammern an unsere violette Schnur gehängt haben. Und auf jedem dieser Zettel steht ein Wunsch für die Zukunft, im Kleinen wie im Großen, ein Wunsch für mich und meine Nächsten, für die Gemeinde, für unsere Welt. Manche Wünsche ähneln sich, manche sind ganz anders als was ich aufgeschrieben habe. Ja, bunt und unterschiedlich wie die Zettel, auf die wir sie geschrieben haben, sind auch unsere Wünsche.

Was ist allen gemeinsam? Was haben wir gemeinsam? Was hat die Speiseröhre gemeinsam mit dem großen Zeh? Sie gehört zu ein und demselben Körper. Ohne sie würde dem Körper was fehlen, wäre er krank oder behindert oder könnte gar nicht weiterleben. Was haben wir gemeinsam? Bunt und unterschiedlich sind die Zettel, die wir an unsere Schnur gehängt haben, und genauso bunt und unterschiedlich sind auch die Wünsche, die wir darauf geschrieben haben. Und doch hängen diese Zettel, so bunt und unterschiedlich sie auch sind, doch alle an ein und derselben Schnur. Die Schnur ist violett. Violett, das ist die Farbe der Kirche. Wir gehören alle zu einer Gemeinde- hier in Wehingen und in der weltweiten Christenheit. „Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder einzelne ein Glied.“ Wir sind miteinander verbunden. Die Liebe Christi verbindet uns. Und dieses Band der Liebe wird niemals zerreißen. Denn die Liebe Christi bleibt. Darauf können wir uns verlassen, bei allem, was wir tun- hier in der Gemeinde und bei allen Aufgaben, die Gott uns anvertraut in unserem Leben. In diesem Sinne möchte ich mich auch weiterhin von der Jahreslosung leiten lassen und zuversichtlich in die Zukunft blicken: „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe!“

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Montag, 19.06.2024 um 19:30 Uhr im Gemeindesaal Wehingen

Öffentlicher Teil

Top 1

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 14.05.2024

Top 2

a. Mitteilungen und Anregungen

b. Rückblick: 

  • Info: Datenschutz Vor-Ort-Termin 17.05.2024
  • Ökumenischer Pfingst-Gottesdienst 20.05.2024
  • Gemeindebrief
  • Mikado-Generalversammlung

c. Ausblick:

  • Mitarbeiter-Dank mit Mittagessen 23.06.2024
  • Nächste Gemeindewanderung 07.07.2024
  • Gottesdienst im Grünen 21.07.2024
  • Planung KGR-Samstag 28.09.2024 – Thema?
  • Konfi 3 – Anmeldeabend und Familiengottesdienst 13.10.2024

Top 3

KGR-Dienste: Planung GD 2024 (Churchtools)

Kirchkaffee 

Top 4

Bauausschuss: 

  • Stand der Dinge
  • Online-Termin mit OKR am 18.06.2024
  • Terminfindung Bauschau (Juli)

Top 5

Kindergarten

  • Gebühren ab 01.09.24 (siehe Vorlage)
  • Betriebserlaubnis (siehe Vorlage) Kindergarten (Antrag, da Abweichung von der Betriebserlaubnis): 1. Gruppe: 2 jährige nicht ganztags, 2. Gruppe max. 22 Kinder pro Gruppe – weitere 2 Plätze in 2. Gruppe nur in Notfällen

Top 6

Finanzen

  • Jahresabschluss 2023
  • Mietkosten für Kirche
  • Mietvertrag (Kiga) mit Kommune Gosheim (siehe Vorlage)

Top 7

Distrikt

Top 8

Verschiedenes: 

  • Konzert von Schneider-Ensemble – neue Infos?
  • Hüpfburg an Jubiläum wird nicht von KSK gesponsort
  • Abholservice zum Gottesdienst? Ideen zur Umsetzbarkeit
  • Regionaler Kirchentag in Rottweil am 25.05.2025
  • Zur Info – die vermissten Biertische sind in Gosheim

Gebet und Segen

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Gedanken zum Sonntag [2. Sonntag nach Trinitatis]

 

Predigt zum 2. Sonntag nach Trinitatis, 9. Juni 2024

Liebe Mitchristen!

In den Pfingstferien habe ich im Elsass Urlaub gemacht. Wir waren auch in den Vogesen, inmitten von wunderschöner Landschaft. Dort in den Vogesen haben wir Halt gemacht bei einem Soldatenfriedhof aus dem 1. Weltkrieg. Über 2.000 deutsche Soldaten waren dort begraben. Wenige Kilometer weiter gab es dasselbe Bild: Ein Soldatenfriedhof mit französischen Soldaten; auch dort Tausende von Grabkreuzen. Zwischen den beiden Soldatenfriedhöfen war eine Gedenkstätte- Mahnmal und Museum in Einem (Memorial du Linge in Orbey): Stacheldraht, Schützengräben, Kanonen- das ganze Grauen des 1. Weltkriegs war dort zum Greifen nahe.

Drei Fahnen waren gehisst und wehten am blauen Himmel über diesem düsteren Ort: Die deutsche Fahne, die französische Fahne und die Fahne von Europa. Die blaue Europafahne mit ihren gelben Sternen hat für mich an diesem Ort eine ganz neue Bedeutung bekommen: Wir haben Frieden in unserem Land. Wir haben Frieden mit unseren Nachbarländern. Denn wir haben die Europäische Union, in der wir mit unseren Nachbarländern in Europa gemeinsam unterwegs sind. An diesem düsteren Ort in den Vogesen, wo so viele junge Männer ihr Leben gelassen haben, habe ich tiefe Dankbarkeit dafür verspürt, dass wir die Europäische Union haben. Und mit meiner Stimme bei der Europawahl heute will ich mich dafür einsetzen, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Denn Frieden ist nicht selbstverständlich. Für den Frieden müssen wir uns einsetzen. „Christus ist unser Frieden“, heißt es in der Bibel in Epheser 2,14. An die junge Christengemeinde in Ephesus sind diese Worte ursprünglich gerichtet. Ganz unterschiedliche Menschen waren in dieser Gemeinde im Namen Jesu Christi zusammengekommen: Solche, die sich dem Judentum zugehörig gefühlt haben, so wie Jesus Christus selbst. Und dann die Menschen aus den anderen Völkern, ohne jüdischen Hintergrund, die ebenfalls durch Jesus Christus zu neuer Freiheit und Glaubenshoffnung gefunden hatten. Was diese beiden Gruppen voneinander unterschied, war ihr Verhältnis zu den jüdischen Gesetzen und Glaubensvorschriften. Für die Gemeindemitglieder, die vom Judentum herkamen, waren diese Gesetze wertvoll und wichtig. Den anderen Gemeindemitgliedern waren diese zahlreichen Vorschriften fremd, und sie erschienen ihnen als Bürde und Last, die sie sich nicht auferlegen lassen wollten. Zu diesen Christinnen und Christen aus den anderen Völkern gehören letztlich auch wir.

Das ist ein menschlicher Grundkonflikt, wie wir ihn heute auch kennen – zwischen denen, die schon immer da waren- damals waren es die Judenchristen- und denen, die neu dazukommen,  so wie damals die Christen aus den anderen Völkern. Heute sind es die Menschen, die ihre Wurzeln schon immer hier in Deutschland haben, und die die neu dazukommen aus anderen Ländern- und aus vielen Gründen; z. B., weil sie Schutz und Hilfe brauchen, weil sie anderswo verfolgt sind.

„Christus ist unser Frieden.“ Diesen Frieden brauchen wir heute mehr denn je. Wir leben in einer Welt voller blutiger Kriege, in der Ukraine, in Gaza. Friedliche Lösungen sind in weite Ferne gerückt. Wir wissen keinen anderen Rat, als weiter Waffen zu liefern. Und doch werden Waffen allein diese Konflikte nicht lösen. „Christus ist unser Frieden.“ Diesen Frieden brauchen wir heute mehr denn je. Auch in unserem Land, wo ein Polizist gestorben ist, in Mannheim niedergemetzelt von einem, der das Asylrecht, das er in unserem Land bekommen hat, missbraucht hat für Terror und Gewalt. „Christus ist unser Frieden,“ heißt es in Epheser 2,14. Und weiter heißt es dort: „Er hat die Mauer niedergerissen, die sie trennte. Er hat die Feindschaft zwischen ihnen beseitigt, indem er seinen Leib hingab.“ Zwischen mir und meinem Mitmenschen, der mir so anders und so fremd vorkommt, hat Jesus Christus die Mauer eingerissen. Er hat die Feindschaft beseitigt, die sich zwischen den Menschen aufgebaut hat. Am Kreuz hat Jesus Christus sein Leben für uns gelassen. So will er uns befreien von dem Tunnelblick der Angst, die in unseren Mitmenschen immer nur das Fremde und Bedrohliche sieht, und nicht das, was uns verbindet.

Aber wie schwer ist das, wenn die Mauern zwischen den Menschen sich verhärtet haben. Wie schwer ist das, wenn die Kriege andauern und immer neue Menschenleben fordern. Wie schwer ist das, wenn der Hass weiter wächst zwischen den Kriegsgegnern. Und wie schwer ist das auch in unserem Land. Wie schwer ist es, ein offenes Land zu bleiben und eine Willkommenskultur zu leben für die Menschen, die bei uns neu dazukommen, weil sie verfolgt und bedroht sind in ihren Heimatländern. Schwer ist es wegen dieser Einzelnen, ganz Wenigen, die das Asylrecht missbrauchen, um Verbrechen zu begehen, so wie der Täter von Mannheim. Er wird die Konsequenzen tragen müssen. Unsere Aufgabe aber ist es, den Weg Jesu Christi weiterzugehen, auch wenn es schwer ist: Den Weg des Friedens. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Mauern niedergerissen werden zwischen den Menschen, und die Feindschaft beseitigt wird. Den Weg Jesu Christi wollen wir weitergehen. Leicht ist das noch nie gewesen.

In Gedanken bin ich noch einmal in den Vogesen an der Gedenkstätte zum 1. Weltkrieg, bei Schützengräben, Kanonen und Stacheldraht. Ich denke an den schwedischen Erzbischof Nathan Söderblom, der damals gelebt hat. Mit großem Engagement versuchte er, im 1. Weltkrieg eine Versöhnung der kriegführenden Nationen zu erreichen. Er war beteiligt am Kriegsgefangenenaustausch von 60.000 Deutschen und Engländern. 1930 hat er dafür den Friedensnobelpreis bekommen. Anders als viele Zeitgenossen ging es Nathan Söderblom um Frieden und Versöhnung. Er betete: „Herr, sieh auf die Verfolgten. Lösche den Hass aus. Erfülle alle Christen mit deinem Geist. Vereine uns schließlich in deinem ewigen Frieden.“

Wann öffnen sich die Aggressoren und Hassverblendeten dem Geist Jesu? So denken wir oft in unseren Herzen. Aber beten wir auch wie Natan Söderblom dafür? Oder haben wir die Hoffnung schon aufgegeben? Was kann uns Hoffnung geben- Hoffnung auf en friedliches Zusammenleben in unserem Land, in Europa, in der Welt? Jesus Christus ist unsere Hoffnung. Er ist das Fundament, auf dem wir gebaut sind. Er ist der Grundstein, der alles zusammenhält. Damit die Hoffnung wächst und wir Wege des Friedens finden. Jesus Christus hat uns den Frieden vorgelebt. Er hat uns gezeigt, dass die Liebe stärker ist als Hass und Gewalt. Auf diesem Fundament ist auch unsere Wehinger Christuskirche gebaut, so wie es am Grundstein hinten an der Wand geschrieben steht: Christus allein.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

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Gedanken zum Sonntag

Trinitatis

Predigt zum Tag der Heiligen Dreifaltigkeit, 26. Mai 2024

Liebe Mitchristen!

Überall in unseren Ortschaften hängen jetzt bunte Wahlplakate. Ja, es ist unübersehbar: Die nächsten Wahlen stehen kurz bevor, im Großen wie im Kleinen. Im großen, internationalen Kontext dürfen wir das Europaparlament neu wählen. Im kleinen, lokalen Kontext hier vor Ort wählen wir den Gemeinderat und den Kreistag- und in Wehingen ein paar Wochen später auch noch den Bürgermeister. Machen Sie gerne von Ihrem Wahlrecht Gebrauch? Wissen Sie schon, wo Sie Ihre Kreuze setzen werden? Oder fällt Ihnen die Wahl schwer, und Sie wissen nicht, wem Sie Ihre Stimme geben sollen? Haben Sie das Wählen deswegen womöglich schon aufgegeben, und planen am Wahlsonntag zu Hause zu bleiben?

Es ist ja nicht selbstverständlich, dass wir in einem Land leben, in dem demokratische und freie Wahlen stattfinden. Unser Grundgesetz hatte diese Woche Geburtstag. 75 Jahre ist es geworden. So viele Jahre gibt es die Demokratie, in der wir leben. Demokratie ist kein Selbstläufer, sie muss erhalten und gepflegt werden. Unser Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ermutigt uns deswegen: „Gehen Sie zur Wahl! Überlassen Sie Ihre Stimme nicht anderen. Denn: Wer nicht wählt, lässt nur andere über die Zukunft unseres Landes entscheiden. Darüber, wie es weitergeht bei Arbeit und Wirtschaft, Bildung und Gesundheit, Pflege und Alterssicherung, in der Flüchtlingspolitik und bei der Integration, bei innerer und äußerer Sicherheit, bei Klima und Umwelt. Vielleicht war nie so spürbar wie jetzt, dass es in Wahlen auch um die Zukunft der Demokratie und die Zukunft Europas geht.“

„Gehen Sie zur Wahl,“ sagt unser Bundespräsident. Das sagt sich leicht. Aber: Was soll ich wählen? Wie soll ich entscheiden? Woher soll ich wissen, was die Zukunft bringen wird und welche Richtungsentscheidung deswegen jetzt nötig ist? „In Jesus Christus hat Gott uns erwählt, bevor der Welt Grund gelegt worden ist,“ heißt es in der Bibel in Epheser 1,4. Gott hat sich für uns Menschen entschieden. „Die Würde des Menschen ist unantastbar,“ heißt es in unserem Grundgesetz.

Jeder einzelne Mensch hat Würde und Wert, denn jeder Mensch ist ein Kind Gottes. Gott hat gewählt. Noch bevor ich das Licht der Welt erblickt habe, hat Gott mich erwählt. Ja, sogar schon bevor es die Welt überhaupt gab: „Bevor der Welt Grund gelegt worden ist.“ Gott hat gewählt. Gott hat diese Welt geschaffen, damit sie ein lebenswerter Raum ist für Mensch und Natur. Gott hat gewählt. Gott ist selbst ein Mensch geworden wie wir und hat hier auf der Erde gelebt: Jesus Christus ist am Kreuz für uns gestorben. So hat er uns die Erlösung geschenkt und uns frei gemacht von Sünde und Schuld- „auf dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist.“ (Epheser 1,10) Gott hat gewählt. Gott hat uns zu seinen Erben gemacht. Als Zeichen dafür hat er uns den Heiligen Geist gegeben- die Kraft, Gott zu loben und seine gute Botschaft weiterzusagen an andere Menschen. Die Kraft, sich dafür einzusetzen, dass wir unser Leben und unsere Welt so gestalten, wie es Gottes Wille entspricht. Denn alle Menschen sind Gottes Kinder.

Gott hat gewählt. Mich hat Gott gewählt. Ich bin wertvoll und wichtig für Gott. Weil Gott mich gewählt hat, deshalb kann ich auch wählen. Ich brauche mich nicht mehr in meinem stillen Kämmerlein zu verkriechen aus Angst, die falsche Entscheidung zu treffen. Ich brauche nicht am Wahlsonntag daheim zu bleiben, aus Sorge, dass ich meine Wahlentscheidung im Nachhinein bereuen könnte. Denn Gott hat mich gewählt. Mir hat er seine Welt als Erbe anvertraut. Mich hat er durch Jesus Christus erlöst. Mir hat er seinen Heiligen Geist gegeben.

Das, was ich in Gottes Welt zum Guten wenden kann, das soll ich tun. Manchmal kommt es mir wenig vor, was ich tun kann. Ein paar Kreuze auf einem Wahlzettel zum Beispiel- wen interessiert das schon? Und kann das wirklich so viel ändern? Aber jede Stimme zählt bei einer solchen Wahl. Das ist mir wertvoll und wichtig an unserer Demokratie. Und ja- auch im Kleinen kann ich viel bewirken; kann mich dafür einsetzen, dass Gottes schöne Welt bewohnbar bleibt für Mensch und Natur, auch für die kommenden Generationen. Ich kann mit meiner Stimme daran erinnern, dass bei Gott jedes Menschenleben zählt. Denn wir alle sind Gottes Kinder. Gott macht da keine Ausnahmen. Gott unterscheidet nicht danach, aus welchem Land wir kommen, welche Sprache wir sprechen, ob wir arm oder reich sind, ob uns die Gnade geschenkt wurde, in einem wohlhabenden Land geboren worden zu sein oder nicht.

Letztes Wochenende haben wir Pfingsten gefeiert. Beim ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag war für mich spürbar, wie Gott unter uns wirkt durch seinen Heiligen Geist. Es war ein friedliches, fröhliches und buntes Fest des Glaubens, das wir zusammen gefeiert haben. Unsere Unterschiede haben dabei nicht gestört, sondern waren eine Bereicherung. Schön war es, dass die Erfahrung machen durften: Wir sind viele! Auch bei der Vorbereitung und Organisation war dies spürbar: Viele Ideen, und viele Schultern, auf die sich die Organisationsaufgaben verteilen- das ist entlastend und bereichernd! Konfessionsgrenzen haben dabei keine Rolle gespielt. Auch Sprachgrenzen wurden durchlässiger. Wer kein perfektes Deutsch kann, kann eine andere Muttersprache. Schön und bereichernd war es, den Klang ganz unterschiedlicher Muttersprachen zu hören bei den Fürbitten. Mir hat dieser Pfingstmontag gezeigt, welche bunte Fülle an unterschiedlich geprägten Menschen Gott uns geschenkt hat, hier auf dem Heuberg. Und alle sind Gottes Kinder.

Gott hat gewählt: Uns, die Menschen hat Gott gewählt. Darum werde ich auch wählen gehen, wenn demnächst bei uns Wahl ist fürs Europaparlament, für den Gemeinderat und den Kreistag, und in Wehingen etwas später dann noch für den Bürgermeister. Ich werde wählen gehen und werde mich mit meiner Stimme dafür einsetzen, dass es in unserer Welt in Zukunft bunt, friedlich und menschlich zugeht. Dass Mensch und Natur in dieser Welt leben können, auch in kommenden Generationen. So wie es in unserem Grundgesetz heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Ich möchte, dass das auch in Zukunft so ist. Dass wir das im Blick behalten. Denn Gott hat gewählt. Uns Menschen hat er gewählt als seine Kinder.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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Allgemein Gedanken zum Sonntag

Gedanken zum Konfirmanden-Abendmahl

 

Predigt zum Konfirmanden- Abendmahlsgottesdienst am 4. Mai 2024

Liebe Mitchristen!

„Was sollen wir zum Konfirmanden- Abendmahlsgottesdienst anziehen?“ Das haben mich die Konfirmanden in einer der letzten Konfirmandenunterrichtsstunden gefragt. Und ich habe mich gefragt: Soll ich ihnen jetzt sagen, ob ihre Kleidung dunkel oder hell, bunt oder einfarbig sein soll? Ob eine Jeans mit Löchern noch okay wäre oder wie kurz der Rock sein dürfte? Aber um all das ging es den Konfirmanden gar nicht bei ihrer Frage. Und ich hätte darauf auch keine konkrete Antwort gegeben, höchstens eine ungefähre Richtschnur. Eine genaue Kleiderordnung kann und will ich nicht vorgeben- nicht einmal für die Konfirmation. Den Konfirmanden ging es aber um etwas anderes bei ihrer Frage. Sie wollten einfach nur wissen: „Sollen wir beim Abendmahlsgottesdienst schon unsere Konfirmationskleidung anziehen oder einfach so kommen, wie wir sonst immer angezogen sind?“

Wir haben im Konfirmandenunterricht dann darüber gesprochen, wie es für die Konfirmanden besser passen würde. Es gab unterschiedliche Meinungen dazu. Schließlich hat sich die Meinung durchgesetzt: Die festliche Konfirmationskleidung ist dem eigentlichen Festtag vorbehalten, der Konfirmation. Der Abendmahlsgottesdienst am Vorabend wird in Alltagskleidung gefeiert. Es war die Entscheidung der Konfirmanden, es so zu halten. Aber nachdem diese Entscheidung gefallen war, fand ich doch auch, dass es so passt, ja womöglich sogar einen tieferen Sinn hat, wenn wir zum Abendmahlsgottesdienst in Alltagskleidung kommen. Sicherlich war es richtig, dass es hierzu unterschiedliche Meinungen gab, denn schließlich ist es etwas Besonderes, wenn wir zum Tisch des Herrn gehen. Die meisten von uns würden es nicht gutheißen, wenn da jemand mit zerrissenen Hosen käme.

Aber was würde Jesus dazu sagen? Er ist der Gastgeber. Er lädt uns beim Abendmahl an seinen Tisch. Ich denke, Jesus würde uns auch mit zerrissenen Hosen willkommen heißen. In der Bibel lesen wir, dass Jesus sich mit Menschen umgeben hat, mit denen sonst keiner etwas zu tun haben wollte (Lukas 15, 1-2). Mit Sündern hat sich Jesus zusammengesetzt und mit ihnen gegessen. Kaputte Menschen waren das- die mit den zerrissenen Kleidern oder mit den Röcken, die viel zu kurz waren. Bei den anständigen Menschen hat das für Empörung gesorgt: Wie kann Jesus nur! Wie kann man nur mit solchen Leuten Gemeinschaft haben! Jeder weiß doch, was das für welche sind!

Jesus wollte, dass die Leute verstehen, warum er das macht. Dazu hat er ihnen Geschichten erzählt- in diesem Fall gleich drei Geschichten. In allen diesen drei Geschichten passiert etwas Ähnliches. Jedes Mal geht es darum, dass etwas verloren geht. Bei der ersten Geschichte ist es ein Schaf aus einer Herde mit hundert Tieren (Lukas 15, 3-7). Bei der zweiten Geschichte ist es eine von zehn Silbermünzen (Lukas 15, 8-10). Und bei der dritten Geschichte ist es einer von zwei Söhnen (Lukas 15, 11-32).

Was macht ihr, wenn ihr etwas verliert, was euch sehr wichtig ist? fragt Jesus mit diesen Geschichten. Gebt ihr euch dann einfach zufrieden mit dem, was noch übrig ist und nicht verloren gegangen ist? Findet ihr euch damit ab, dass ihr jetzt eben nur noch 99 Schafe, nur noch 9 Silbermünzen oder nur noch einen Sohn habt? Gebt ihr das eine, das verloren gegangen ist, einfach auf? Oder seid ihr in Gedanken immer bei dem, was verloren gegangen ist- bei dem einen Schaf, bei dieser einen Silbermünze, bei diesem einen Sohn? Werdet ihr womöglich sogar alle Hebel in Bewegung setzen, um das Verlorene wieder zu finden? Werdet ihr eine Suchaktion starten, die bis in den letzten Winkel reicht, keinen Stein auf dem anderen lassen und alle Möglichkeiten durchgehen, um das Verlorene wieder zu finden?

Ja, das werdet ihr, sagt Jesus. Denn dieses eine Schaft, diese eine Silbermünze, dieser eine Sohn ist euch so wichtig, dass ihr alles dafür tun werdet, um ihn wieder zu finden. Und Gott sieht das ganz genauso wie ihr, sagt Jesus mit seinen Geschichten. Jeder einzelne Mensch ist Gott so unheimlich wichtig, dass Gott alles dafür gibt, dass dieser eine Mensch nicht verloren geht. Gott gibt alles für uns. Gott gibt für uns sein Leben. Am Kreuz ist Jesus Christus für unsere Sünden gestorben. Ja, zu Jesus dürfen wir so kommen wie wir sind- nicht nur in Festkleidung, auch in Alltagskleidung. Zu Jesus dürfen wir alles bringen- nicht nur das, worauf wir stolz sind und womit wir glänzen können. Auch das, wofür wir uns schämen, dürfen wir zu Jesus bringen. Auch das Kaputte in unserem Leben- unser Versagen, unsere Fehler, unsere Schuld.

Liebe Konfirmanden! Heute seid ihr in Alltagskleidung gekommen zum Abendmahl, in dem euch Jesus Christus die Vergebung der Sünden schenken will. Was euch bedrückt, was euch beschwert und belastet- all das dürft ihr hier in dieser Feier ablegen und euch davon freimachen. Legt es ab, so wie ihr heute Abend vor dem Schlafengehen eure Alltagskleidung ablegt, und morgen früh zur Konfirmation eure Festkleider anzieht. Lasst euch versöhnen mit Gott und empfangt seine Vergebung. Denn für Gott zählt jeder Einzelne. Gott gibt niemanden verloren. Jeder Einzelne, der den Weg zu Gott findet, ist Gott ein Freudenfest wert: „Freut euch mit mir, ich habe gefunden, was ich verloren hatte,“ sagt Gott (Lukas 15, 6+9) und lädt zum Fest ein: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet’s; lasst uns essen und fröhlich sein!“ (Lukas 15, 22-23) Ja, liebe Konfirmanden, das wird ein Fest morgen bei eurer Konfirmation, wenn ihr eure Festkleider anhabt. Und am allermeisten freut sich Gott über dieses Fest. Denn Gott will, dass alle Menschen den Weg zu ihm finden.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag

Jubilate

Predigt zum Thema „Unser Freund heißt Jesus Christ“ beim Familiengottesdienst am 21.04.2024

Liebe Mitchristen!

„Unser Freund heißt Jesus Christ“- das habt ihr Kinder vom Evangelischen Johannes-Kindergarten uns ganz eindrücklich erzählt, vorgespielt und vorgesungen. Wie ist das, wenn ihr einen Freund habt? Was könnt ihr mit eurem Freund oder eurer Freundin alles machen? Wann ist so ein Freund wichtig? Wenn ihr zusammen spielen wollt. Wenn ihr miteinander fröhlich seid und Feste feiert- zum Beispiel euren Geburtstag. Aber auch, wenn ihr mal traurig seid oder euch jemand geärgert hat. Gerade dann ist es auch ganz wichtig, einen Freund oder eine Freundin zu haben. Mit meiner besten Freundin kann ich über alles reden- auch über Sachen, die ich sonst niemandem erzähle- weil sie mir vielleicht peinlich sind, oder weil sie einfach zu persönlich sind. Meine Freundin lacht mich nicht aus. Sie lacht höchstens mit mir zusammen, nicht über mich. Mit meiner besten Freundin kann ich zusammen fröhlich sein und schöne Dinge unternehmen. Und wenn es mir mal nicht so gut geht, dann ist sie auch da. Dann hört sie mir zu und versucht, mir zu helfen.

Jesus hatte auch Freunde. Das waren seine Jünger. Mit denen hat Jesus viel erlebt. Sie waren zusammen unterwegs in den Dörfern und in den Städten und haben den Menschen von Gott erzählt. Gut, dass Jesus da nicht alleine unterwegs war. Alleine kann es manchmal ganz schön schwer sein. Zum Besipiel, wenn jemand zu einem sagt: „Du darfst nicht mitspielen.“ Das wollen wir zu niemandem sagen. Alle sollen mitspielen dürfen. Denn es ist schlimm, wenn man alleine ist und keine Freunde hat. Niemand soll allein sein.

Das können wir von Jesus lernen. Jesus wollte alle dabeihaben. Jesus wollte, dass alle mitmachen dürfen- auch die Kinder. Auch wenn sie noch ganz klein sind und nicht alles verstehen, was die Erwachsenen über Gott reden. Jesus wollte sie dabei haben. Die Jünger von Jesus haben das nicht verstanden. Sie haben gedacht: Die Kinder stören hier, wenn Jesus von Gott erzählt. Die Kinder sind noch zu klein, um das zu verstehen. Also wollten sie die Kinder wegschicken- und die Eltern gleich mit, die ihre Kinder zu Jesus bringen wollten. Aber Jesus sagt: „Nein! Das geht nicht! Ihr dürft die Kinder nicht wegschicken. Die Kinder sollen kommen. Gott freut sich über die Kinder ganz besonders.“

Jesus schimpft mit den Jüngern. Dabei sind das doch seine Freunde. Manchmal passiert es eben, dass man sich nicht einig ist unter Freunden. Hattet ihr schon einmal Streit mit eurer Freundin oder eurem Freund? Manchmal endet so ein Streit damit, dass wir zueinander sagen: „Du bist nicht mehr mein Freund.“ Das ist schlimm. Hoffentlich schaffen wir es dann, dass wir uns wieder vertragen. Damit wir wieder Freunde sein können nach dem Streit. Jesus sagt zu seinen Jüngern nicht: „Ihr seid nicht mehr meine Freunde.“ Und die Jünger sagen das auch nicht zu Jesus. Die Jünger merken: Es war falsch, was wir gemacht haben. Jesus hat Recht. Die Kinder sollen kommen. Also gibt es keinen Streit. Jesus und die Jünger vertragen sich wieder.

Und die Kinder freuen sich. Die Kinder dürfen zu Jesus kommen, ganz nach vorne, vorbei an all den großen Erwachsenen, die ihnen die Sicht versperrt haben. Sie dürfen sich von Jesus umarmen lassen, wenn sie das wollen, und sich von Jesus segnen lassen. Jesus ist ein richtig guter Freund. Wenn andere mich ärgern, dann ist er da und hilft mir. So wie die Jünger die Kinder wegschicken wollten, aber Jesus verhindert das und hilft den Kindern. Ja, Jesus kann helfen- auch heute. Wenn ich zu ihm bete, dann hört er mich. Wenn ich bete, dann kann ich Jesus alles sagen- auch das, was ich sonst nur meiner besten Freundin erzähle, weil es mir sonst peinlich ist oder einfach zu persönlich. Bei Jesus brauche ich mich nicht zu schämen. Jesus ist immer mein Freund- auch wenn ich mal alleine bin und sonst niemand da ist, der mir hilft. Jesus bleibt mein Freund.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer