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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Dienstag, 19.03.2024 um 19:30 Uhr im Gemeindesaal Wehingen

Öffentlicher Teil

Top 1

19:30 Uhr

Begrüßung

Andacht 

Top 2

Festlegung und Ergänzung der Tagesordnung

Top 3

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 21.02.2024

Top 4

a. Mitteilungen und Anregungen

b. Rückblick: 

  • Konfi-Samstag am 02.03.2024
  • Weltgebetstag 01.03.2024

c. Ausblick:

  • Kindergartenjubiläum – Frau Hauser kommt hierzu in die KGR-Sitzung
  • Osternacht 30.03.2024 und Ostergottesdienste
  • Atempause 07.04.2024
  • Familiengottesdienst 21.04.2024 mit Gemeindewanderung
  • Gemeindemittagessen 28.04.2024
  • Konfirmation 05.05.2024
  • Ökumenischer Pfingst-Gottesdienst 20.05.2024
  • Posaunenchorjubiläum mit Mittagessen?
  • Gemeindebrief
  • Konfi 3 und Konfi 8 in 2024/2025 – Konfirmationstermin 2025 (Vorschlag: 25. Mai 2025 (Rogate), bei Bedarf zusätzlich 18. Mai 2025 (Kantate))

Top 5

KGR-Dienste: Planung GD 2024 (Churchtools)

Kirchkaffee 

Top 6

Bauausschuss: 

  • Stand der Dinge
  • Vogelabwehr am Kirchturm
  • Beleuchtung Kreuz an der Kirche
  • Fehlende Dachrinne soll in das Gesamtprojekt Kirchen-Umbau integriert werden
  • Weiteres Vorgehen Kirchenumbau – Auswahl des Architekten und Beschluss des Finanzierungsplans

Top 7

Distrikt / Kirchenbezirk

  • Bericht Pfarrerdienstbesprechung
  • Bericht Bezirkssynode
  • Fortbildung für Trägervertreter zum Kinderschutzprogramm

Top 8

Studie zum Thema sexualisierte Gewalt

Schutzkonzept und Schulungen

Top 9

Verschiedenes: 

  • Public Viewing zur Euro 2024?
  • Neue Lieder hop oder top“ mit Pfr. Wiedenmann am 19.10.2024

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Gedanken zum Sonntag

Lätare

 

Predigt zum Konfirmationsjubiläum am Sonntag, 10. März 2024

Liebe Konfirmationsjubilare!

Wie war das damals am Tag Ihrer Konfirmation, vor 50, 60 oder 70 Jahren? Erinnern Sie sich noch an Ihre Mitkonfirmanden; an den Pfarrer, der Sie konfirmiert hat? Vor 50 Jahren war es der Schuldekan, weil die Pfarrstelle gerade nicht besetzt war. Vor 70 Jahren, als unsere Kirchengemeinde gerade erst ein Jahr alt war, da hat Pfarrer Karnowsky mit Ihnen Konfirmation gefeiert. Das war in der Fronhofer Kirche, denn unsere Christuskirche war da noch nicht gebaut. Die Fronhofer Kirche ist sehr kalt, und Sie haben gezittert- vor Kälte und vor Aufregung. Viel hatten Sie auswendig gelernt in Ihrer Konfirmandenzeit: Den Katechismus, die Namen aller biblischen Bücher in der richtigen Reihenfolge- ja sogar die Namen der Sonntage mit ihren seltsamen lateinischen Klängen: Estomihi, Invokavit, Reminiscere, Okuli, Lätare, Judika, Palmarum. Vieles davon haben Sie aufsagen müssen, auch öffentlich vor der Gemeinde. Und nicht immer wussten Sie, wen der Pfarrer als nächstes aufrufen würde, und welches Stück aus dem Katechismus dann drankommen würde. Kein Wunder also, dass Sie aufgeregt waren. Heute müssen Sie nicht zittern- weder vor Aufregung noch vor Kälte. Heute müssen Sie nichts aufsagen, wenn Sie nachher am Altar stehen und den Segen Gottes, den Sie bei Ihrer Konfirmation empfangen haben, neu zugesprochen bekommen.

Was hat Ihnen dieser Segen bedeutet in all den Jahren, vom Tag Ihrer Konfirmation bis zum heutigen Tag- wenn Sie zurückblicken auf die vergangenen 50, 60 oder sogar 70 Jahre? Was hat es für Sie bedeutet, dass Sie evangelisch sind, dass Sie Christen sind und zu Jesus Christus gehören? „Ich habe meinen Glauben immer gelebt, mal mehr mal weniger.“ So hat eine von Ihnen Rückblick gehalten im Zeitungsinterview. Das finde ich beeindruckend, wenn jemand im Rückblick auf 70 Jahre gelebten Lebens sagen kann: „Ich habe meinen Glauben immer gelebt.“ Und ich finde es ehrlich, dass danach noch der Nachsatz kommt: „mal mehr, mal weniger.“ Denn ohne diesen Nachsatz wäre diese Aussage wohl zu steil. So glatt verläuft ein Menschenleben nun einmal nicht. Beim Rückblick auf so viele Lebensjahrzehnte sind da immer auch Höhen und Tiefen. Auch im Glaubensleben ist das so. Glaube und Zweifel gehören zusammen. Auf eine Zeit, in der der Glaube und die christliche Gemeinschaft ganz wichtig ist für mich, kann auch wieder eine andere Zeit kommen, in der das alles für mich ganz weit weg ist.

Heute ist für Sie alle, liebe Konfirmationsjubilare, ein Tag, an dem Sie Ihren christlichen Glauben „mal mehr“ leben – selbst wenn Sie das in den letzten Jahren oder Jahrzehnten eher weniger getan haben sollten. Mal mehr, mal weniger fest im Glauben stehen- das kennen wir alle aus unserem Leben, wenn wir ehrlich sind. Ja, sogar die großen Vorbilder im Glauben, die uns die Bibel vor Augen stellt, kennen dieses „mal mehr, mal weniger.“ Manchmal sogar in ganz dramatischer Weise, so wie Petrus, der seinen Herrn Jesus Christus dreimal verleugnet hat (Lukas 22, 54-62). Ich denke, Petrus hätte diesen Satz: „Ich habe meinen Glauben immer gelebt, mal mehr, mal weniger“ deswegen nicht unterschreiben können. Petrus hätte wohl eher sagen müssen: „Dass ich zu Jesus gehöre, daran habe ich zwar ein Leben lang festhalten wollen. Aber geschafft habe ich es nicht.“

Am Glauben festhalten in der Not, in der Gefahr, wenn es uns womöglich selbst an den Kragen geht- könnten wir das? Wären wir bereit dazu? Petrus hatte sich das fest vorgenommen. „Nie werde ich dich verlassen, Jesus! Wenn es hart auf hart kommt, bin ich bereit, mit dir ins Gefängnis zu gehen, ja sogar mit dir zu sterben!“ So sagt er. Aber Jesus kannte Petrus besser als der sich selbst kannte, und so antwortetet er ihm: „Noch bevor heute der Hahn kräht, wirst du dreimal abstreiten, dass du mich kennst.“ (Lukas 22,34) Und tatsächlich- es kommt, wie Jesus es vorhergesehen hat. Aber denken wir zunächst einmal nicht zu schlecht von Petrus. Immerhin ist er der einzige Jünger, der überhaupt hinterherläuft, als Jesus gefangen weggeführt wird. Alle anderen Jünger sind schon vorher vor Angst geflohen. Auch Petrus hat Angst- große Angst. Deswegen hält er Abstand, als er hinter den Bewaffneten herläuft, die Jesus gefangen genommen haben. Petrus will sehen, was sie mit Jesus jetzt machen. Sie bringen ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus folgt ihnen bis in den Hof. Von dort aus kann er in das Haus hineinsehen. Ja, manchmal gelingt es ihm sogar, einen Blick auf Jesus zu erhaschen. Jesus wird verhört, die ganze Nacht lang. Petrus zittert vor Aufregung und vor Kälte. In der Mitte des Hofes brennt ein Feuer. Die Bediensteten des Hohenpriesters wärmen sich daran. Petrus friert. Er stellt sich einfach dazu. Die Wärme des Feuers tut gut. Von hier aus kann Petrus noch besser in das Haus des Hohenpriesters hineinsehen, sehen wie sie Jesus verhören. Eine Dienerin reißt Petrus aus seinen Gedanken. Sie zeigt auf ihn: „Der da war auch mit diesem Jesus zusammen!“ sagt sie. „Nein, ich kenne diesen Jesus gar nicht,“ sagt Petrus erschrocken. Dreimal geht das so. Dann kräht der Hahn. Im Haus des Hohenpriesters dreht Jesus sich um und schaut Petrus direkt in die Augen. „Noch bevor heute der Hahn kräht, wirst du dreimal abstreiten, mich zu kennen.“ Petrus erinnert sich an diese Worte von Jesus. Er läuft weg, raus aus dem Hof. Er weint bitterlich.

„Ich habe meinen Glauben immer gelebt.“ Bei Petrus war das nicht so. Er hatte es sich vorgenommen, immer zu Jesus zu halten; immer dazu zu stehen, dass er zu Jesus gehört. Aber Petrus hat es nicht geschafft. Er hat versagt und bittere Tränen darüber vergossen. Liebe Konfirmationsjubilare! Was haben Sie sich vorgenommen, damals am Tag Ihrer Konfirmation? Und was ist daraus geworden? Welche Ihrer Pläne konnten Sie umsetzen in Ihrem Leben? Welches Glück wurde Ihnen geschenkt? Wofür können Sie dankbar sein? Und was ist ganz anders gekommen, als Sie es erwartet und erhofft hatten? Wo haben Sie versagt, wofür schämen Sie sich? Worüber haben Sie bittere Tränen vergossen?

Petrus weint. Er schämt sich. So wollte er nicht Abschied nehmen von Jesus, seinem Herrn und Meister. Aber jetzt ist es wohl zu spät. Jesus ist verhaftet und verurteilt. Bald wird er am Kreuz sterben. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen und eine Entscheidung rückgängig machen, die ich getroffen habe. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte in die Vergangenheit reisen und meine Fehler wieder gut machen. Aber es geht nicht. Wir können das Leben nur vorwärts leben, nicht rückwärts. Petrus kann nicht mehr zurück in diese Nacht und an das Feuer im Innenhof, und dort antworten: „Ja, ich gehöre zu diesem Jesus. Ja, ich bin einer von seinen Jüngern. Ja, ich bin Christ. Ich lebe meinen Glauben. Ich stehe dazu- zu dieser Hoffnung, die mich trägt.“ Petrus kann nicht mehr zurück. Und doch muss er nicht auf Dauer in seiner Verzweiflung stehen bleiben. Für unsere Sünden ist Jesus Christus am Kreuz gestorben. Am dritten Tag ist er auferstanden, damit auch wir neues Leben haben.

Jesus Christus schenkt uns einen Neuanfang. Jesus Christus hilft uns, unseren Glauben zu leben- damit der Glaube wieder mehr wird, wenn wenig von ihm übrig geblieben ist. Petrus darf das erfahren. Nach Ostern begegnet ihm Jesus Christus, der Auferstandene am See Genezareth (Joh 21, 15-19). Am See Genezareth- dort hat alles angefangen. Dort hat Petrus Jesus kennen gelernt, als Petrus noch Fischer war und Jesus ihn in seine Nachfolge gerufen hat. Zurück zu den Anfängen geht es- so wie bei uns heute, wenn wir an Ihre Konfirmation denken. Damals vor 50, 60 oder 70 Jahren hat Ihr christlicher Glaube seinen Anfang genommen; damals, als Sie alt genug waren, um Ihr eigenes Ja zu sprechen zu Jesus Christus, auf dessen Namen sie getauft wurden. Manchmal braucht es einen Tag wie heute, an dem dieses Ja bekräftigt wird. Auch Petrus hat einen solchen Tag geschenkt bekommen. Dreimal fragt ihn Jesus Christus, der Auferstandene: „Hast du mich lieb?“ Dreimal antwortet Petrus darauf mit seinem Ja- genau so oft, wie er Jesus verleugnet hatte. Was vorher geschehen ist, ist deswegen nicht vergessen. Nie wird Petrus vergessen, wie er Jesus verleugnet hat. Aber Jesus legt ihn nicht darauf fest. Ja, Jesus vertraut ihm sogar eine große Aufgabe an: Petrus soll den christlichen Glauben weitertragen und für die Menschen da sein, wie ein Hirte für seine Schafe. Jesus hat noch Großes vor mit Petrus- und auch mit uns. Jesus will uns bei seiner Gemeinde haben, will dass wir in christlicher Gemeinschaft miteinander leben und unsere Erfahrungen miteinander teilen- gerade auch dann, wenn wir unseren christlichen Glauben nicht immer so gelebt haben, wie es hätte sein sollen. Gerade dann darf ich mich darauf verlassen: Wenn Jesus für Petrus, der ihn verleugnet hat, eine Zukunft in seiner Gemeinde gesehen hat, dann auch für mich.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

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Gedanken zum Sonntag

Okuli

 

Predigt zum Sonntag Okuli, 2. März 2024

1.Petrus 1,18-21: Ihr wisst ja: Ihr seid freigekauft worden von dem sinnlosen Leben, wie es eure Vorfahren geführt haben. Das ist nicht geschehen durch vergängliche Dinge wie Silber oder Gold. Es geschah aber durch das kostbare Blut von Christus, dem fehlerfreien und makellosen Lamm. Dazu war er schon vor Erschaffung der Welt bestimmt. Aber jetzt ist er am Ende der Zeit für euch erschienen. Durch ihn glaubt ihr an Gott, der ihn von den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit verliehen hat. Deshalb könnt ihr nun euren Glauben und eure Hoffnung auf Gott richten.

Liebe Mitchristen!

Okuli heißt der Sonntag, den wir heute feiern. Okuli, das ist der Anfang von Psalm 25,15: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“ Und der Wochenspruch für die neue Woche ist ein Jesuswort aus Lukas 9,62: „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Um die Blickrichtung geht es in den Bibeltexten für den heutigen Sonntag Okuli. Es geht darum, dass ich den Blick nach vorne richte- auf Jesus Christus.

Denn Jesus Christus gehört nicht der Vergangenheit an, auch wenn es schon 2000 Jahre her ist, dass er hier auf der Erde gelebt hat. Jesus Christus ist nicht nur Vergangenheit. Jesus Christus ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich. Jesus Christus ist schon immer da gewesen, vom Anfang der Welt an. Jesus Christus ist heute da. Im Gottesdienst hören wir auf sein Wort, beten zu ihm und feiern miteinander das Abendmahl, zu dem er uns einlädt. Aber nicht nur sonntags können wir Jesus Christus erfahren. An jedem Tag unseres Lebens ist er für uns da. Auf Jesus Christus richten wir unseren Blick, und es ist ein Blick nach vorne, ein Blick in die Zukunft. Die Zukunft gehört Jesus. Eines Tages wird er wiederkommen, für alle sichtbar. Dann wird alles gut werden. Darauf vertrauen wir als Christinnen und Christen. Dafür hat Gott Jesus Christus von den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit verliehen.

Nach vorne soll ich schauen- auf Jesus Christus, der meinem Leben Sinn und Ziel gibt. Wenn ich mit dieser Blickrichtung die Hand an den Pflug lege und die Aufgaben angehe, die zu bewältigen sind in meinem Leben, dann wird es gut werden. Dann werde ich keine krummen Furchen pflügen und keine krummen Dinger drehen müssen. Dann kann ich geradlinig durchs Leben gehen. Dann bin ich immer noch keine Heilige. Aber ich kann mich darauf verlassen: Ich bin frei. Alles, was mich bedrückt und quält- meine Not, meine Schuld, die Irrungen und Wirrungen meines Lebenswegs- all das kann mich nicht mehr gefangen nehmen. Ich stehe da drüber. Ich sehe darüber hinaus, denn ich habe eine größere Perspektive vor Augen: Jesus Christus, der am Kreuz sein Leben für mich gegeben hat. Das ist mehr wert als alles Geld und Gold der Welt.

Ihr seid frei, heißt es im 1. Petrusbrief. Ich stelle mir vor, wie die Menschen damals in den ersten Christengemeinden diese Worte aus dem 1. Petrusbrief gehört haben. Viele von ihnen waren Sklaven. Menschen, denen ein Marktwert zugemessen wurde, je nach ihrer Leistungsfähigkeit. Menschen, die in völliger Abhängigkeit, ja Ausgeliefertheit leben mussten. Manchmal durfte es der eine oder die andere von ihnen erleben, dass sie freigekauft wurden. Dann sagten ihnen ihre Herren: „Du bist frei!“ Und es fing für diese ehemaligen Sklaven ein komplett neues Leben an- ein Leben in Freiheit.

Es ist ein großes Geschenk, dass niemand von uns heute unter solch prekären Bedingungen leben muss wie damals die Sklaven in der antiken Welt. Und doch wissen wir, dass es auch heute Menschen gibt, die von anderen versklavt werden, auch wenn es gegen alle Gesetze ist. Noch längst hat das Elend der Sklaverei kein Ende. Und auch wir, die wir Gottseidank keine Sklaven sind, machen uns immer wieder abhängig vom Urteil anderer- von dem, wie unsere Leistung, unser Leben bewertet wird. Ja, und auch von unserem eigenen Urteil machen wir uns abhängig. Denn mit uns selbst sind wir oft am unbarmherzigsten. Da bin ich dankbar für unseren Bibeltext, der mir sagt: „Du bist frei.“ Egal, wo du stehst. Egal, ob du deinen eigenen Ansprüchen genügst oder denen der anderen. Egal, wie viel Geld oder Besitz du dein Eigen nennst. Ja, auch wenn du versagt hast, wenn deine Fehler dich bedrücken oder dein Elend dich einholt. Lass dich nicht weiter runterziehen. Die Abwärtsspirale soll dich nicht gefangen halten. Du bist frei. Freigekauft nicht durch Silber oder Gold, sondern durch das kostbare Blut von Jesus Christus, dem fehlerfreien und makellosen Lamm.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag

Reminiszere

Predigt zum Sonntag Reminiszere, 25.02.2024

 

Liebe Mitchristen!

 

Menschen sind auf der Flucht. Es sind viele- junge und alte, Frauen, Männer und Kinder. Heruntergekommen sehen sie aus. Der lange Weg zehrt an ihren Kräften. Nur das Allernötigste konnte sie mitnehmen. Jeden Tag irgendwo halbwegs trinkbares Wasser zu finden, ist ein großes Problem. Die wenigen Lebensmittelvorräte, die sie mitnehmen konnten, sind längst aufgebraucht. Alles, was irgendwie essbar gemacht werden kann, wird als Lebensmittel verwertet- ja, auch Manches, das nicht wirklich essbar ist. Oft genug rebelliert der Magen dagegen. „Es geht nicht mehr,“ sagen diese Menschen. „Wir können nicht mehr.“

 

Die Bibel stellt uns diese Menschen vor Augen in 4. Mose 21,4-9. Es sind Menschen aus dem Volk Israel, die geflohen sind vor der brutalen Unterdrückung der Sklaverei, die sie in Ägypten erlebt haben. Jeden Tag leben sie von der Hand in den Mund. Jeden Tag denken sie, es könnte ihr letzter sein. Die Angst geht um: „Werden wir alle hier in der Wüste sterben?“ Jeden Tag wird die Hoffnung, ein Stückchen kleiner, dass diese Geschichte ein gutes Ende nehmen könnte.

 

Menschen sind auf der Flucht, werden verschleppt und vertrieben, sehen keine Lebensmöglichkeit mehr an ihrem angestammten Ort. Solche Menschen stehen mir vor Augen, auch in unserer Zeit: Verschleppte israelische Geiseln im Gazastreifen. Palästinenser, die vom Norden in den Süden des Gazastreifens geflohen und auch dort nicht in Sicherheit sind. Armenier, die aus ihrer Heimat Bergkarabach vertrieben wurden. Menschen aus der Ukraine. Seit zwei Jahren tobt dort nun schon ein grausamer Krieg. Ein trauriger Jahrestag.

 

Was bringt die Zukunft? Reicht das Essen? Wo bekommen wir sauberes Trinkwasser? Werden wir morgen überhaupt noch leben? So fragen diese Menschen. Lange haben sie durchgehalten. Aber irgendwann geht es eben nicht mehr. Irgendwann bleibt die Hoffnung auf der Strecke, und die Verzweiflung behält die Oberhand. Die Israeliten in unserem Bibeltext sind an diesem Punkt angekommen: „Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben hier in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise.“ (4. Mose 21,5)

 

Warum das alles? Nicht nur ihrem Anführer Mose stellen die Israeliten diese Frage, sondern auch Gott. Warum Gott? Warum dieses ganze Elend? Warum lässt du das zu? Und warum setzt du sogar noch eins drauf und versprichst uns, dass irgendwann einmal alles gut wird, dass wir ins gelobte Land kommen- in ein Land, wo Milch und Honig fließt? Hier ist kein solches Land in Sicht- nur Wüste und Verzweiflung. Gott- warum lässt du das zu? So fragen wir auch heute. Warum so viele Kriege mit so vielen unschuldigen Opfern? Warum so viele Menschen auf der Flucht? Warum immer nur noch mehr Kriegsrhetorik, noch mehr Angst, noch mehr Waffen?

 

Und Gott? Was ist seine Antwort? „Da sandte der HERR feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, das viele aus Israel starben.“ (4. Mose 21,6) Eine verstörende Antwort ist das. Gott hilft nicht in dieser Bibelgeschichte. Stattdessen kommt es nur noch schlimmer. Die Israeliten werden von giftigen Schlangen gebissen. Tödliches Gift. Viele Menschen sterben daran. Hat Gott sein Volk denn ganz vergessen?

 

Mich beeindruckt, wie die Israeliten in der Geschichte auf diese neue Katastrophe reagieren. „Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den HERRN und wider dich geredet haben. Bitte den HERRN, dass er die Schlangen von uns nehme.“ (4. Mose 21,7) Ja, Not lehrt beten. Aber nicht immer. Viele werfen in der Not ihren Glauben über Bord. Nicht so die Israeliten. In dieser Krise besinnen sie sich darauf, auf wen sie wirklich angewiesen sind- auf Gott. Für jeden Schluck Wasser und jeden noch so mageren Bissen, mit dem sie ihren Magen füllen können. Alle guten Gaben, alles was wir haben, kommt o Gott, von dir. Wir danken dir dafür. So heißt es in einem bekannten Tischgebet. Bei uns sind die Tische in der Regel reich gedeckt. Es beeindruckt mich, wenn auch Menschen, bei denen nicht viel auf den Tisch kommt, dieses Gebet sprechen. Ja, alles, was wir haben, kommt von Gott. Nichts ist selbstverständlich. Nichts ist allein unser Verdienst. Wir sind angewiesen auf Gott. Menschen auf der Flucht spüren das in besonderer, existentieller Weise, wenn sie nicht wissen, wie sie am nächsten Tag ihre grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse erfüllen können. Aber auch wir anderen kommen immer wieder in Situationen, wo wir dieses Angewiesensein auf Gott ganz existentiell erfahren: In schwerer Krankheit oder in Lebensgefahr. Wenn wir um das Leben eines lieben Menschen bangen. Dann sind wir hilflos und wissen nicht weiter. Allein bei Gott können wir Trost und Halt finden.

 

Die durch die lange Wüstenwanderung zermürbten Israeliten besinnen sich durch die Giftschlangen- Katastrophe zurück auf Gott. Jetzt kann er allein noch helfen. Nur Gott allein kann diese Katastrophe abwenden und die Schlangen wieder verschwinden lassen. Aber wieder reagiert Gott in dieser Geschichte anders, als wir es erwarten und wünschen würden. Gott lässt die giftigen Schlangen nicht einfach verschwinden. Die Katastrophe bleibt da. Menschen werden weiterhin von Giftschlangen gebissen.

 

Gott nimmt das Böse und Lebensfeindliche nicht einfach weg- auch nicht die Kriege, Konflikte und Katastrophen in unserer Zeit. Was kann uns dann aber helfen? Wo ist Gott für uns zu finden in der Not? „Da sprach der HERR zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.“ (4. Mose 21,8-9)

 

Gott ist zu finden. Auch in der größten Not. Und Gott hilft- auch wenn er die Not nicht einfach wegnimmt. So erzählt es uns diese Bibelgeschichte. Gott beauftragt Mose damit, eine eherne Schlange anzufertigen- eine Schlange aus Metall, aus Bronze. Diese Schlange wird so hoch oben angebracht, dass jeder sie sehen kann. Aber warum sollte es helfen, eine Metallschlange anzuschauen, wenn man gerade von einer Giftschlange gebissen wurde? Mir hat dazu ein Gedanke von der Theologin Sabine Dreßler geholfen. Sie erklärt die Heilwirkung der ehernen Schlange so: „Genau dem, was Angst macht, was lebensgefährlich verletzt hat und bis heute weh tut – der Biss einer Schlange – soll damit begegnet werden, dass die Angegriffenen sich genau ansehen, was sie erlebt haben. Nur in der direkten – und schmerzhaften – Auseinandersetzung mit den Schlangen liegt die Chance zum Überleben, zum Neuanfang, zum Freiwerden. Aber um das Tier aus Bronze, das Heilmittel, sehen zu können, müssen die Gebissenen, Gebeugten und Gekrümmten, sich aufrichten und ihren Blick nach oben richten. Und darin kann schon der erste Schritt zum Heilwerden liegen. Denn ihr Aufblicken bedeutet ihr Am-Leben-Bleiben und eine Zukunft zu haben.“ Sabine Dreßler denkt dabei an traumatisierte Menschen – an die Armenier, die aus Bergkarabach vertrieben wurden und als Volk schon im Jahr 1915 einen Völkermord erlebt hatten. „Gewalterfahrungen werden auch durch das Nicht-Sagen-Können, das Schweigen vererbt,“ schreibt sie im Arbeitsmaterial der EKD für den Sonntag Reminiszere.

 

Ich denke, das können wir von der Geschichte mit der ehernen Schlange lernen: Dass wir nicht wegschauen. Dass wir nicht die Augen verschließen vor Elend und Krieg. Dass wir das Unrecht beim Namen nennen, denn nur so kann es überwunden werden. Was gibt uns heute die Kraft dazu, dies zu tun? Wir haben keine eherne Schlange, zu der wir aufschauen können. Aber wir haben das Kreuz, auf das wir schauen dürfen. Das Kreuz von Jesus Christus, der sein Leben gegeben hat für uns. Das Kreuz von Golgatha ist ein Zeichen des Todes und steht trotzdem für das Leben. Jesus Christus ist das Mittel gegen den Tod- das Gegenmittel gegen das Gift der Verzweiflung. Ich soll hinschauen auf das Kreuz und auf die Kreuze dieser Welt. So kann ich erkennen, dass ich zur Freiheit berufen bin. Das Kreuz ist das Zeichen der Liebe, das mir Orientierung gibt. Hier kann ich mich aufrichten lassen.

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag

Invocavit

Predigt zum Sonntag, 18.02.24 Invocavit, Präd. Fricker

Wer also ist der Teufel?

Liebe Gemeinde,

»Hier oben ist man dem Himmel und damit auch Gott näher.« So hat ein Pfarrer auf einem Berggipfel einmal einen Gottesdienst eröffnet. Beim Verabschieden hat eine ältere Frau seine Hand genommen und ihm eindringlich in die Augen gesehen und gesagt: »Wo man dem Himmel näher ist, da ist der Teufel nicht weit. Im Matthäusevangelium wird erzählt, wie der Teufel Jesus nahe kam.

Tatsächlich scheint die Frau, die bei dem Berggottesdienst war, recht zu haben. Wo Gott ist, da ist der Teufel nicht fern. Sie schöpft diese Einsicht wohl aus ihrer Lebenserfahrung.

Und auch Jesus erlebt es. Er zieht sich zurück in die Wüste. Er sucht einen Ort auf, der von alters her

ein Ort der Gottesbeziehung und der Gottesbegegnung ist. Dort, am lebensfeindlichen Ort begegnet Gott. Er begegnete dem Mose. Er begegnete dem Volk Israel auf der Wanderung durch die Wüste. Am Tag und in der Nacht. Dem Elia ist er in der Wüste nahegekommen. Und der Prophet Jesaja fordert sogar dazu auf, Gott in der Wüste den Weg zu bereiten. Denn in der Wüste kommt Gott zur Welt. Dorthin geht Jesus gleich nach seiner Taufe. Er will sich im Austausch mit Gott, im Gebet, Klarheit verschaffen. Er will sich ganz darauf konzentrieren können, Gott nahe zu sein. Dazu gehört auch, nichts zu essen, also zu fasten. Er tut alles, um Gott nahe sein, und begegnet dem Teufel.

Gibt es den Teufel überhaupt? Friedrich Schleiermacher schreibt Ende des 19. Jahrhunderts:

Die Vorstellung vom Teufel wie sie sich unter uns ausgebildet hat, ist [so] haltlos, dass man eine Überzeugung ihrer Wahrheit niemandem zumuten kann. Also kein Teufel mit Hörnern, der mit Dreizack in der Hand auf dem Pferdefuß hinkend in der Hölle wohnt und vor allem damit beschäftigt ist, Gott Seelen abspenstig zu machen, und der die Leiber und Seelen quält im ewigen Feuer? Aber wie dann? Wenn Schüler und Schülerinnen in der zehnten Klasse den Teufel, wenn schon nicht an die Wand, dann wenigstens an die Tafel malen, dann sieht er auch so aus wie gerade beschrieben. Oder er hat das smarte Aussehen von Luzifer aus der gleichnamigen Fernsehserie. Für die katholische Kirche ist da manches klarer. Papst Benedikt hat da beschrieben, wie für katholische Christen und Christinnen der Umgang mit dem Teufel im 21. Jahrhundert auszusehen hat. Er schreibt: Der Teufel

existiert, er ist eine rätselhafte, aber reale gestalthafte und keine symbolische Präsenz.

Ist also ist der Teufel das personifizierte Böse oder nur ein Symbol für das Böse der Welt? Für uns Christen und Christinnen lassen sich manche Antworten geben. In unserem Glaubensbekenntnis

kommt er nicht vor. Wir glauben nicht an den Teufel, wir glauben an Gott. Er ist also kein Inhalt unseres Glaubens. Auch in unseren lutherischen Bekenntnisschriften kommt er nicht vor. Sind wir deshalb den Teufel los? Wie also lesen, wie hören wir die Geschichte von Jesu Versuchung in der Wüste? Bei Versuchung fällt einem ja eher die zarteste Versuchung« ein als der bedrohliche

Ernst, den die Erzählung birgt. Denn es geht ja ums Ganze. Es geht um den weiteren Weg von Jesus. Und: Gott bewahrt seinen geliebten Sohn nicht vor der Begegnung mit dem Teufel. So wenig wie diese Auseinandersetzung Jesus erspart bleibt, so wenig bleibt sie seinen Gemeinden, seinen Jüngern und Jüngerinnen, seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern bis heute erspart. Vielleicht lässt sich sogar sagen, sie gehört zum Leben eines Christenmenschen dazu.

Wie begegnet einem der Teufel heute?

Jesus begegnet dem Teufel. »Diabolos« steht da im Griechischen. Wörtlich übersetzt: Er begegnet dem Durcheinanderwirbler. Das ist eine gute Beschreibung des Wesens des Teufels. Er versucht, mich durcheinanderzuwirbeln. In meinem Gottvertrauen. In meinen Werten. In meiner Standhaftigkeit. Indem er das und noch mehr durcheinanderwirbelt, bringt er mich in Versuchung.

Auf einmal schwirren Fragen durch meinen Kopf: Gibt’s dich überhaupt, Gott? Habe ich auf das richtige Pferd gesetzt? Bist du da? Welchen Mehrwert habe ich davon, wenn ich an dich glaube?

Er will mich locken. Er verspricht mir etwas, das sich lohnend anhört.

Jesus begegnet dem Ducheinanderwirbler. Aber wir lesen kein Wort darüber, wie er aussieht. Kein Wort über seinen Wohnort. Jesus begegnet ihm in der Wüste. Hier auf der Welt. Mitten im Leben, unmittelbar nach seiner Taufe. Er scheint also unter uns zu sein. Und der Teufel kennt sich aus in der Bibel. Er weiß Bescheid. Er kann Bibelstellen auswendig aufsagen. Er hat sein Gegenüber genau studiert.

Der Teufel also kennt sich aus. Er lockt Jesus. Er will, dass der Sohn Gottes auf das baut, was er hat: an Macht, an Möglichkeiten, an Einfluss, um das alles für sich selbst zu nutzen. Das also ist die eigentliche Absicht des Teufels: Jesus dazu zu bringen, seine Möglichkeiten nicht für Gott, für das Leben, sondern für sich selbst, für das Zerstörerische, für den Tod einzusetzen.

Es ist vermutlich zu kurz gedacht, dass der Teufel Jesus nur an seiner Eitelkeit packen will. Aber es ist ein Ansatz. Ein moderner Ansatz, bei dem sich auch wir Menschen im 21. Jahrhundert wiederfinden können. Christsein im Wissen um den Teufel

Warum machen wir etwas? Warum engagieren wir uns in unserer Gemeinde, in der Gesellschaft, in der Welt? Um unsere Macht zu vergrößern? Um uns selbst zu verwirklichen? Wer sich selbst verwirklicht, verwirkt sich selbst. Eben weil es ihm nicht um die Sache geht, sondern um sich. Darin liegt eine Gefahr, vielleicht auch eine teuflische. Wofür setze ich meine Macht, meine Fähigkeiten,

meine Möglichkeiten ein? Für mich oder für die Sache Gottes? In dem Fall dafür, dass Gottes Reich unter uns wächst, dafür, dass Gottes Gerechtigkeit unter uns wächst. Benenne ich die Mächte, die nicht dem Leben dienen? Die anderes wollen als dem Willen Gottes zu entsprechen?

Oder schweige ich, wenn sie das Wort erheben? Mit unserer Taufe werden wir ja zu Auserwählten. Als Auserwählte haben wir anders zu sein in der Welt. Wir nützen unsere Macht für die Ohnmächtigen. Wir leihen unsere Sprache denen, die verstummen. Wir greifen denen unter die Arme, die keinen Halt mehr finden. Damit das Reich Gottes unter uns wächst und seine Gerechtigkeit aufblüht.

Wir versuchen, der Versuchung zu widerstehen. Wir versuchen, uns nicht locken zu lassen von den Angeboten, die uns gemacht werden. Für Angebote, die alles durcheinanderwirbeln, was uns wichtig und wertvoll erscheint. Wir versuchen, auf dem Weg zu bleiben. Sophie Scholl hat es noch stärker ausgedrückt. Sie wollte sich an das Seil klammern, das Gott ihr durch Jesus Christus zugeworfen hat. An ihren Verlobten schrieb sie aus dem Gefängnis, kurz bevor sie umgebracht wurde: Ja könntest du dort einmal in einer Kirche sein und am Abendmahl teilnehmen. Welcher Trost und Kraftquelle könnte dir das sein. Denn gegen die Dürre des Herzens hilft nur das Gebet und sei es noch so arm und klein. Ich bin Gott noch so ferne, dass ich ihn nicht einmal beim Gebet spüre. Ja manchmal, wenn ich den Namen Gott ausspreche, will ich in ein Nichts versinken. Doch hilft dagegen nur das Gebet, und wenn in mir noch so viele Teufel rasen, kann ich mich an das Seil klammern, das mir Gott in Jesus Christus zugeworfen hat. Auch wenn ich es nicht mehr in meinen erstarrten Händen fühle.

Wer Christus nachfolgt, kann auf eigene Macht verzichten, ohne ohnmächtig zu sein. Er kann auf die Macht des Lebens vertrauen und aller Versuchung trotzen. Und letztlich aufgerichtet und mutig den letzten Weg gehen.

Amen.

 

 

 

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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Mittwoch, 21.02.2024 um 19:30 Uhr im Gemeindesaal Wehingen

Öffentlicher Teil

Top 1

19:30 Uhr

Begrüßung

Andacht 

Top 2

Festlegung und Ergänzung der Tagesordnung

Top 3

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 29.01.2024

Top 4

a. Mitteilungen und Anregungen

b. Rückblick: 

  • Konfi3-Abschluss-Gottesdienst

c. Ausblick:

  • Weltgebetstag 01.03.2024
  • Goldene Konfirmation 10.03.2024
  • Osternacht 30.03.2024 und Ostergottesdienste
  • Atempause 07.04.2024
  • KGR-Tag Herbst 2024 und KGR-Wochenende Frühjahr 2025
  • Rom- Fahrt im Herbst 2024

Top 5

KGR-Dienste: Planung GD 2024 (Churchtools)

Kirchkaffee 

Top 6

Bauausschuss: 

  • Stand der Dinge
  • Oikos-Begehung am 08.02.2024 
  • Angebot zur Vogelabwehr am Kirchturm
  • Weiteres Vorgehen Gemeinderaum-Erweiterung
  • Kreuz an der Kirche mit LED beleuchten?

Top 7

Kirchenpflege:

  • Opferzweck für den Israelsonntag
  • Weitere offene Punkte im Opferplan: Erntedank, Reformationsfest, Buß- und Bettag

Top 8

Distrikt: 

  • Bericht Pfarrerdienstbesprechung

Top 9

Studie zum Thema sexualisierte Gewalt

Multiplikator gesucht für Schulungen Schutzkonzept auf Bezirksebene

Top 10

Verschiedenes

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Gedanken zum Sonntag

Sexagesimä

Das Reich Gottes wächst. Predigt am 04.02.2024

Liebe Mitchristen!

Das Reich Gottes wächst. Der Predigttext aus Markus 4, 26-29 lädt uns dazu ein, diese Perspektive einzunehmen, die uns in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen sonst manchmal verloren zu gehen droht. Aber das Reich Gottes wächst- auf seine Weise; auf Gottes Weise. Gott hat es in der Hand. Jesus erzählt dazu in Markus 4, 26-29 eine Geschichte. In dieser Geschichte sagt Jesus:

»Mit dem Reich Gottes ist es wie bei einem Bauern. Er streut die Körner auf das Land, dann legt er sich schlafen und steht wieder auf –tagaus, tagein. Die Saat geht auf und wächst –aber der Bauer weiß nicht, wie das geschieht. Ganz von selbst bringt die Erde die Frucht hervor. Zuerst den Halm, dann die Ähre und zuletzt den reifen Weizen in der Ähre. Wenn das Getreide reif ist, schickt er sofort die Erntearbeiter los, denn die Erntezeit ist da.«

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Das Reich Gottes wächst, sagt uns diese Geschichte. Es wächst, auch wenn wir oft nicht so viele im Gottesdienst sind wie heute, wo wir den Abschlussgottesdienst mit unseren Konfi 3+4- Kindern feiern. Wir legen den Samen. Wir bringen unsere Kinder zur Taufe. Zuhause beten wir mit ihnen. In der Schule gehen sie in den Religionsunterricht und hier in der Kirche zu Konfi 3+4 und später dann zum Konfirmandenunterricht. So legen wir den Samen. Wächst da etwas daraus? Kinder wachsen heran, werden Jugendliche und Erwachsene. Was bedeutet ihnen dieser Same dann noch? Was wird aus den Jugendlichen, die wir hier in der Kirche konfirmiert haben und die wir in unseren Gottesdiensten und Veranstaltungen kaum noch antreffen?

Menschen kehren der Kirche den Rücken. Manche haben allen Grund dazu, weil sie von der Kirche tief enttäuscht und verletzt wurden. Das soll und darf nicht sein. Passt es da noch, dass Jesus sagt: Das Reich Gottes wächst? Vieles an dem Bild, das Jesus hier verwendet, spricht mich gerade heute an: Das Reich Gottes wächst wie die Getreidepflanzen auf dem Acker. Wir Menschen leisten unseren Beitrag dazu, dass sie wachsen, indem wir das Feld bestellen. Das ist eine große Verantwortung, die wir hier haben. Aber das Wachsen und Gedeihen kann allein Gott schenken, so dass eine große Ernte eingefahren werden kann. Was mich auch anspricht: Das Reich Gottes wächst nicht immer sichtbar an der Oberfläche. Wie das Samenkorn im Boden, so wächst das Reich Gottes auch im Verborgenen. Tief unten in der Erde keimt es, dann bahnt es sich seinen Weg und wächst nach oben ans Licht, für alle sichtbar.

Ich denke an einen jungen Mann, der wieder in die Kirche eintreten möchte. Viel hat er über Gott und den Glauben erfahren in seiner Kindheit und Jugend. Dann kam die Zeit, als ihm das alles nichts mehr bedeutet hat und der der Kirche den Rücken kehrte. Durch Freunde kam er dann wieder zum Glauben. Gottes Liebe ist für ihn erfahrbar geworden durch diese Menschen. Nun möchte er wieder dazugehören zur Kirche. Das ist für mich ein Beispiel dafür, wie Gottes Reich wächst. Da zählt jeder Einzelne, der im Glauben neu Sinn und Halt für sein Leben findet.

Wir können viel dazu beitragen, dass Menschen diesen Weg finden- so wie die Freunde von diesem jungen Mann, durch die er wieder einen Zugang gefunden hat zum Glauben und zu seiner Kirchengemeinde. Diese Aufgabe haben wir als Christinnen und Christen- das Evangelium weiterzutragen und allem zu wehren, wo das Evangelium für eigene Zwecke und Vorteile missbraucht wird. Das Reich Gottes wächst- dazu können und sollen wir unseren Beitrag leisten. Aber machen können wir es nicht. Es liegt in Gottes Hand. Wachsen und Gedeihen kann nur er allein schenken. Das gilt draußen auf dem Acker genauso wie in der Kirche. Der Bauer in der Geschichte von Jesus weiß das. Und so kann er sich ruhig schlafen legen, nachdem er seinen Teil dazu beigetragen hat, das dort auf dem Feld etwas wachsen kann. Tragen wir unseren Teil dazu bei, dass Menschen einen Zugang zum christlichen Glauben finden können, und vertrauen wir auf Gott, der auch dort Wachsen und Gedeihen schenken kann, wo wir es nicht erwarten.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Montag, 29.01.2024 um 19:30 Uhr im Gemeindesaal Wehingen

Öffentlicher Teil

Top 1

19:30

Begrüßung

Andacht 

Top 2

Festlegung und Ergänzung der Tagesordnung

Top 3

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 14.12.2023

Top 4

a. Mitteilungen und Anregungen

b. Rückblick: 

  • Orangen- Aktion
  • Weihnachtsgottesdienste
  • Gottesdienste über den Jahreswechsel
  • Konfi- Samstag am 13.01.2024
  • Ökumenische KGR- Sitzung am 23.01.2024
  • Begrüßung von Herrn Kimmerle als neuen KGR im Gottesdienst

c. Ausblick:

  • Termin für Veranstaltung „Neue Lieder“ mit Pfr. Wiedenmann
  • KGR- Wochenende 2024?
  • Rom- Fahrt im Herbst 2024

Top 5

KGR-Dienste: Planung GD 2024 (Churchtools)

Kirchkaffee 

Top 6

Bauausschuss: 

  • Stand der Dinge
  • Angebot zur Vogelabwehr am Kirchturm
  • Termin mit OKR am 22.01.2024

Top 7

Kirchenpflege:

  • Opferzweck für den Israelsonntag
  • Weitere offene Punkte im Opferplan: Erntedank, Reformationsfest, Buß- und Bettag
  • Haushaltsplan 2024

Top 8

Distrikt: 

Top 9

Verschiedenes: Wie läuft es mit den DGM- Legitimations- Keys?

Verpflegung

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Gedanken zum Sonntag

3. Sonntag nach Epiphanias

Predigt zum 3. Sonntag nach Epiphanias, 21. Januar 2024

Liebe Mitchristen!

Was würde uns alles fehlen, wenn wir nicht im Austausch stehen würden mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen? Unser Leben wäre um Einiges ärmer- kein Döner gäbe es und keine Pizza. Vor allem aber würde unser Land einfach nicht mehr funktionieren- ohne osteuropäische Pflegekräfte, ohne internationale Facharbeiter, ohne die Mitmenschlichkeit, dass Menschen in Not und auf der Flucht hier Zuflucht finden können, ohne Verständnis füreinander. Denn das sind die Werte, die uns als christliches Abendland auszeichnen. Parteien, die Menschen mit Migrationshintergrund unter Druck setzen wollen, damit sie unser Land verlassen, müssen wir als Christinnen und Christen entschieden entgegentreten.

Unser Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hat zu dem AFD- Treffen in Potsdam, bei dem solche Gedanken gesponnen wurden, klare Worte gefunden: „Ich wünsche mir, dass wir solche Berichte ernst nehmen und uns nicht durch die üblichen Beschwichtigungsformeln den Blick vernebeln lassen. Als Christinnen und Christen glauben wir, dass jeder Mensch Gottes Geschöpf und Ebenbild ist. Er hat eine gottgeschenkte Menschenwürde, die unantastbar ist. Wer die Menschenwürde derart mit den Füßen tritt, wie es die AfD tut, ist für Christinnen und Christen nicht wählbar! Das ist keine parteipolitische Aussage, sondern eine theologische.“

Ja, es ist Zeit für klare Worte. Zeit, aufzustehen für unsere christlichen Werte. Zeit zu erkennen, dass wir aufeinander angewiesen sind- nicht nur auf die Menschen, die schon seit Generationen hier unter uns leben, sondern auch auf die neu dazu Gekommenen. Auf die mit dem fremd klingenden Nachnamen und den uns unvertrauten Speisen und Gewohnheiten. Seien wir neugierig auf sie! Seien wir bereit, voneinander zu lernen, und uns gegenseitig immer wieder an die Menschlichkeit zu erinnern – und an die Toleranz, die ganz klar dort aufhört, wo andere ausgegrenzt und klein gemacht werden. Wenn wir von anderen Kulturen lernen, wenn wir offen sind für das Neue, Unerwartete und Ungewohnte, dann bringt das Heilung in unser Leben. Es bringt Heilung auch in unsere Gesellschaft, in unsere Welt.

Von einer solchen Heilung erzählt die biblische Geschichte von Naaman, dem Feldherrn des Königs von Aram (2. Könige 5,1-19). Dieser Naaman ist einer, der es geschafft hat bis ganz nach oben. Als Feldherr ist er der zweitmächtigste Mann im Land, gleich nach dem König. Als Feldherr hat er schon so manche Kämpfe gekämpft in seinem Leben. Und fast immer hat er den Sieg davongetragen. Diesem Naaman macht so schnell keiner was vor. Dennoch frage ich mich beim Lesen der Geschichte: Hat sich Naaman vielleicht zu viel zugemutet? Hat er sich übernommen? Sein Körper jedenfalls schlägt Alarm. Oft ist das ja so, wenn die Belastung für uns zu groß wird, dass uns unser Körper daran erinnert. Naaman jedenfalls wird krank. Eine Hautkrankheit befällt ihn, von der ihn kein Arzt heilen kann. Naaman hat Aussatz. Was hilft ihm nun sein Reichtum und seine hervorragende berufliche Position, wenn niemand ihm helfen kann? Wirklich niemand?

Da ist diese junge Sklavin, die in seinem Haushalt arbeitet, in der Küche bei seiner Frau. Das Mädchen ist nicht freiwillig gekommen. Sie ist eine Kriegsgefangene aus dem fernen Land Israel. Naaman hat sie bei einem seiner Feldzüge verschleppt. Eine Fremde ist sie. Fremd klingt ihr Name, und ihre Aussprache ist sicherlich nicht akzentfrei. Aber dieses Mädchen weiß Hilfe. Nach allem, was Naaman ihr angetan hat, ist es erstaunlich, dass sie dieses hilfreiche Wissen nicht für sich behält. Sie hätte allen Grund gehabt, Naaman noch viel schlimmere Krankheiten an den Hals zu wünschen. Aber sie sagt zu Naamans Frau, ihrer Herrin: „Ach, wäre mein Herr doch beim Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz heilen!“ (2. Könige 5,3) 

Naaman erfährt davon von seiner Frau. Und er hört auf seine Sklavin- obwohl sie ihm, dem mächtigen Mann rein gar nichts zu sagen hat. Ist es vielleicht der letzte Strohhalm, nach dem er hier greift? Tatsächlich nimmt die Geschichte ein gutes Ende. Naaman wird von seinem Aussatz geheilt. Aber bis es so weit ist, geht noch viel schief in dieser Geschichte- und zwar immer dann, wenn Naaman den vermeintlich geraden Weg nimmt. Dann, wenn Naaman das tut, was man erwarten würde. Wenn er sich an die Großen und Mächtigen hält und nicht an die, die ihm eigentlich rein gar nichts zu sagen haben.

Sicherlich kommt Naaman an den Großen und Mächtigen nicht vorbei. Natürlich muss er zu seinem Chef gehen, dem König von Aram, und ihn um Urlaub bitten für seine Reise nach Israel, die ja sicherlich einige Wochen dauern wird. Der König unterstützt seinen Feldherrn bei dieser Unternehmung. Er meint es gut mit ihm. Aber, wie wir alle wissen: Gut gemeint ist eben nicht immer auch wirklich gut. Das übergroße Geschenk, das der König von Aram durch seinen Feldherrn dem König von Israel überbringen lässt, löst beim König von Israel keine Freude aus, sondern blankes Entsetzen. Er sagt: „Bin ich denn Gott? Kann ich töten oder lebendig machen? Da schickt dieser mir einen Mann, den ich vom Aussatz heilen soll! Merkt ihr es? Er sucht nur einen Anlass für Krieg!“ (2. Könige 5,7) Gut, dass es auch hier wieder die Anderen gibt, die keine äußere Macht haben und dem König von Israel eigentlich rein gar nichts zu sagen haben. In diesem Fall ist es der Prophet Elisa. Er lässt dem König von Israel ausrichten: „Naaman soll zu mir kommen. Dann wird er erkennen, das es in Israel einen Propheten gibt.“ (2. Könige 5,8)

Hoch zu Ross reitet Naaman also zum Haus des Propheten Elisa, begleitet von einem Tross von Dienern und mit seinen wertvollen Geschenken im Gepäck. Klar, dass er für seine gesundheitlichen Probleme nun auch eine Sonderbehandlung erwartet. Chefarztbehandlung als Privatpatient mit Wahlleistungsvereinbarung wäre da schon angemessen. Aber der Chefarzt kommt nicht raus zu Naaman. Der Prophet Elisa bleibt in seinem Haus und schickt nur einen kleinen Assistenten nach draußen zu Naaman. Naaman wird in dieser Arztpraxis an der Anmeldung abgefertigt, ohne dass er überhaupt einen Arzt zu Gesicht bekommt. Alles, was er bekommt, ist ein Rezept wie für einen Kassenpatienten: Siebenmal Jordanwasser auf die erkrankten Hautflächen, das genügt.

Naaman kommt nicht klar mit dieser Behandlung, die er als Abfertigung erlebt. Er wird wütend: Habe ich dafür diese ganze Reise unternommen, unzählige Kilometer weit, mit meinem ganzen Tross? Wasser haben wir auch in meinem Heimatland mehr als genug- richtig schöne große Flüsse! Nicht nur so ein dreckiges Rinnsal wie dieser Jordan! So wütend ist Naaman, dass er gleich kehrtmachen möchte. Genug ist genug. Alles dummes Geschwätz, was dieses israelische Sklavenmädchen erzählt hat. Es reicht jetzt wirklich.

Wieder sind es die, die Naaman eigentlich rein gar nichts zu sagen haben, die ihn von seinem zornigen Irrweg abbringen: Seine Diener, die ihn begleiten. Höflich bitten sie ihren Herrn, es doch wenigstens mal zu probieren. Schließlich ist es ja nicht schwer, sich siebenmal in diesem Fluss Jordan zu waschen. Nein, eigentlich ist das nicht schwer. Aber für Naaman ist es wirklich sehr schwer. Es ist sehr schwer für ihn, denn er muss dazu von seinem hohen Ross steigen. Er muss sich auf diese niedrige Aufgabe einlassen. Er muss sich einlassen auf diesen Propheten, der von ihm verlangt, ganz nach unten zu gehen.

Ganz unten ist Naaman angekommen in seinem Leben, als er dort an diesem unscheinbaren Fluss Jordan steht. Alles legt er ab, was ihm wichtig war: Seinen Reichtum, seine Macht. Dass er immer das Sagen hat. Dass er weiß, was zu tun ist. Dass er die Befehle erteilt, und die anderen sie ausführen. Das alles legt er ab, ja sogar seine Kleider. Nackt steigt Naaman in den Jordan hinunter und taucht siebenmal unter. Nichts unterscheidet ihn jetzt mehr von denen, denen er gewohnt ist, Befehle zu erteilen: Seinen Dienern, des Sklavin aus dem fremden Land, die seine Sprache nicht richtig beherrscht. Das alles zählt nicht mehr. Er lässt sich ganz ein auf das, was der Prophet ihm aufgetragen hat. Er lässt sich nicht mehr beirren davon, dass er sich den Weg zur Heilung ganz anders vorgestellt hat. Er lässt sich ein auf Gottes Weg mit ihm. Und so wird er gesund.

Sich einlassen auf das Fremde, auf das andere. Auf Menschen, bei denen ich in der Gefahr bin, auf sie herabzusehen und mich selbst wichtiger zu nehmen als sie. Das bringt Heilung- für mein Leben, für unsere Gesellschaft, für unsere Welt. Das will ich lernen aus der Geschichte vom Feldherrn Naaman und vom Propheten Elisa.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

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Gedanken zum Sonntag

2. Sonntag nach Epiphanias

Predigt zum 2. Sonntag nach Ephiphanias, 14. Januar 2024

Hebräer 12,12-17: Macht deshalb die müden Hände und die erlahmten Knie wieder stark! Und schafft für eure Füße gerade Pfade. Denn was lahm ist, soll nicht auch noch fehltreten, sondern geheilt werden. Bemüht euch um Frieden mit allen Menschen und auch um Heiligkeit. Ohne sie wird niemand den Herrn sehen. Achtet darauf, dass niemand zurückbleibt und so die Gnade Gottes verliert. Lasst keinen Spross aus einer giftigen Wurzel aufgehen. Sonst richtet sie Unheil an, und viele werden durch sie vergiftet. Niemand soll unmoralisch oder ohne Gott leben wie Esau. Der hat für eine einzige Mahlzeit sein Recht als Erstgeborener verkauft. Ihr wisst ja: Als er später den Segen und damit sein Erbe haben wollte, wurde er verworfen. Er fand keine Möglichkeit, sein Leben zu ändern, obwohl er unter Tränen danach suchte.

Liebe Mitchristen!

Um eine einfache Mahlzeit geht es in diesem Bibeltext- um das sprichwörtliche Linsengericht, das Jakob gekocht hat. Seinem Bruder Esau gibt er von seinem Linseneintopf nur etwas ab, wenn der dafür auf sein Erstgeburtsrecht verzichtet- auf den Segen und auf das Erbe, das Esau als dem Älteren eigentlich zusteht. Ich stelle mir vor, dass Esau ziemlich müde ist an diesem Tag. Sicherlich ist er schon vor Morgengrauen losgezogen auf die Pirsch. Den ganzen Tag war er dann unterwegs, um einen Braten nach Hause zu bringen. Aber seine Jagd war erfolglos. Mit leeren Händen kommt er heim, müde und hungrig. Lecker duftet da der Linseneintopf seines Bruders. Und so lässt sich Esau von seinem Bruder Jakob erpressen und tauscht sein Erstgeburtsrecht gegen eine Teller Linsensuppe. Den Segen und das Erbe, das ihm zusteht, verkauft er völlig unter Wert, nur für eine einfache Mahlzeit. Später bereut er diesen Fehler und vergießt bittere Tränen deswegen. Aber es hilft nichts. Das Erstgeburtsrecht ist weg.

Esau kommt nicht mehr zu seinem Recht. Das hat die Konfirmanden beschäftigt, als ich am Mittwoch im Konfirmandenunterricht den Bibeltext mit ihnen gelesen habe. Menschen sollen zu ihrem Recht kommen, fanden sie. Und sie haben dabei an die Bauern gedacht, die in diesen Tagen auf die Straße gehen für ihr Recht- dafür, dass sie weiterhin auskömmlich wirtschaften können und das Höfesterben nicht weiter voranschreitet. Esau, der Jäger, kommt nicht mehr zu seinem Recht. Er gibt es leichtfertig aus der Hand. Ja, er verschenkt es geradezu, nur um seinen Bauch mit einer warmen Mahlzeit füllen zu können. Bittere Tränen weint er später darüber. Und auch heute werden noch viel zu viele Tränen geweint, fanden die Konfirmanden. Auch heute gibt es das: Wir treffen Entscheidungen, die wir später bereuen. Aber die Entscheidungen lassen sich nicht mehr rückgängig machen.

Wie konnte es so weit kommen, das Esau diese bitteren Tränen vergießen musste? Wie konnte ihm dieser Fehler passieren? Wie kann es bei uns so weit kommen, dass wir schwere Fehler begehen, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen, obwohl wir sie bitter bereuen? Manchmal sind wir eben müde und hungrig. Unser Bibeltext sagt uns: „Macht deshalb die müden Hände und die erlahmten Knie wieder stark! Und schafft für eure Füße gerade Pfade. Denn was lahm ist, soll nicht auch noch fehltreten, sondern geheilt werden. Bemüht euch um Frieden mit allen Menschen und auch um Heiligkeit.“ Führen so viele Ermahnungen nicht eher zu noch mehr Ermüdung und Mutlosigkeit, wenn ich mich frage: Wie soll ich das alles schaffen?

Mir hilft es, dass die Aufforderungen hier in der Mehrzahl stehen. Nicht alleine muss ich das schaffen, sondern miteinander sollen wir das schaffen. Dabei sollen wir uns gegenseitig unterstützen. Heiligkeit, Gnade, Segen Leben, Heilung und Frieden mit allen Menschen. Diese Begriffe fanden die Konfirmanden wichtig in diesem Textabschnitt. Das ist es, was wir brauchen, worum wir uns bemühen sollen. Ganz wichtig war den Konfirmanden dabei: Leben, Frieden und Heilung. Und der, der uns hilft, das wir so miteinander leben und uns gegenseitig stärken können. Der, der uns die Kraft gibt dafür: Gott der Herr. Seine Gnade ist die Wurzel, die uns trägt.

Manchmal verlieren wir das aus dem Blick, weil wir müde sind und den Weg nicht mehr sehen. Dann wächst eine andere Wurzel zwischen uns auf, die alles kaputt macht- wie ein giftiges Unkraut, das die guten und gesunden Pflanzen in einem Garten überwuchert. Was ist diese giftige Wurzel, die zwischen uns aufwächst? In dem Glaubenskurs, den wir letztes Jahr in unserer Gemeinde gemacht haben, gab es ein Bild dazu: Tief im Boden verwurzelt war da das Misstrauen, aus dem eine giftige Pflanze nach oben wächst. Misstrauen entfremdet uns von Gott, von den anderen und von uns selbst. Wer sich nicht geliebt weiß, der kann auch nicht lieben. Hier braucht es Heilung- die Wurzel muss raus. Aber wie? Wie kann das Vertrauen wieder wachsen?

Setzen wir unser Vertrauen auf Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Er meint es gut mit uns. Er will, dass wir genug haben zum Leben. Nicht nur das Allernötigste, wie Esau und sein Linsengericht, mit dem ihn sein Bruder Jakob erpresst hat. Jesus erpresst uns nicht. Er schenkt uns seine Liebe, ganz ohne Gegenleistung. Wir dürfen ihm vertrauen- aus freien Stücken, ohne Zwang. Das ist die Wurzel, die uns trägt- Vertrauen zu Jesus, der uns unendlich liebt. Gottvertrauen. Wenn wir uns von dieser Wurzel getragen wissen, dann wird da keine giftige Pflanze daraus wachsen. Dann werden es gute Früchte sein, die aus dieser Wurzel wachsen. Nicht solche, die wir später als Fehler erkennen und deswegen bittere Tränen vergießen müssen.

Wenn ich auf Jesus vertrauen, dann wächst auch mein Vertrauen ins Leben und zu meinen Mitmenschen: Es wird gut werden, und ich fange jetzt damit an. Aus dieser Überzeugung heraus kann ich dann leben. Und so wächst aus dieser guten Wurzel eine Baumkrone, die als Früchte die Liebe trägt- die Liebe zu Gott, zu den Menschen und zu mir selbst. Auf dieser Grundlage lässt es sich leben. Es wird genug zum Leben geben, denn Gott sorgt für mich. Darauf kann ich mich verlassen- auch heute in unserer Zeit.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer