Predigt zum Posaunenchor- Jubiläum am 3. Advent, 15.12.2024
Liebe Mitchristen!
Eintracht. Viele Chöre und Musikvereine tragen dieses Wort in ihrem Namen. Was ist der Grund dafür? Sie, liebe Bläserinnen und Bläser unseres Posaunenchors werden es wissen. Seit 50 Jahren gibt es den Posaunenchor nun in unserer Gemeinde. Angeregt durch Pfarrer Bender könnten am 27.08.1074 im Gemeindesaal 6 Bläser begrüßt werden. Im Laufe der Zeit wuchs der Chor auf 13 Bläser an. Der Posaunenchor ist aus dem gemeindlichen Leben nicht mehr wegzudenken. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Sonntags- und Festtagsgottesdienste musikalisch zu begleiten. Auch bei den Gottesdiensten im Grünen tut er regelmäßig seinen Dienst- früher auch in den Außenorten, z. B. in Egesheim, wie die Egesheimer Chronik berichtet.
Seit 1988 hat Herr Willi Gurt aus Gosheim die Aufgabe der Chorleitung in großer Treue übernommen. So wird der Dienst des Chores in der Gemeinde nach altbewährter Tradition fortgeführt: „Gott loben, das ist unser Amt“ – diesen Auftrag können wir Posaunenchöre am leichtesten erfüllen nach dem Leitspruch von Johann Sebastian Bach: „soli deo gloria“ (Allein Gott sei Ehr), so Willi Gurt.
Eintracht. So heißt unser Posaunenchor nicht. Aber Eintracht ist nötig für ein harmonisches und melodisches gemeinsames Musizieren, so wie es unser Posaunenchor seit 50 Jahren pflegt. „Seid einträchtig gesinnt untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ (Römer 15, 5b-6). Auch der Apostel Paulus sagt uns in diesem Bibelwort: „Gott loben, das ist unser Amt.“ Einmütig sollen wir Gott loben, sagt er uns. Wie aus einem Munde soll das Lob kommen. Und doch darf es vielstimmig sein. Das lehren uns all die Chöre und Musikvereine, die das Wort „Eintracht“ in ihrem Namen führen. Das lehrt uns auch unser Posaunenchor: Einträchtig gesinnt sein und einmütig Gott loben- das können wir auch in der Verschiedenheit, die uns ausmacht. Jede und jeder von uns hat eine besondere Klangfarbe beizutragen zum einmütigen Lob Gottes. Und wenn es im Posaunenchor nur die Posaune gäbe, und nicht auch noch die Trompete, die Hörner und die Tuba, dann würde der Posaunenchor wohl eher eintönig statt einmütig klingen. Aber so ist es ja zum Glück nicht.
Wir loben Gott in der Vielstimmigkeit, die er uns geschenkt hat. In einem Chor wissen wir diese Vielstimmigkeit zu schätzen und genießen die klangliche Vielfalt, die sich daraus ergibt. In anderen Bereichen des Lebens fällt es uns leider oft schwerer, eine solche Eintracht in der Vielfalt, eine solche Einmütigkeit in der Verschiedenheit zu leben. Auch der Apostel Paulus hatte beim Schreiben des Römerbriefs eine Situation vor Augen, wo man sich schwer tat mit der Eintracht und der Einmütigkeit. In der Gemeinde in Rom gab es unterschiedliche Gruppen, die sich argwöhnisch gegenüberstanden. Da gab es die einen, die vom Judentum herkamen und wie gewohnt die jüdischen Bräuche und Vorschriften befolgten. Sie beachteten besondere Zeiten und aßen oft kein Fleisch, weil dies nach heidnischem Ritus geschlachtet wurde. Dann gab es die andere Gruppe, die nicht vom Judentum herkam und keine solchen Vorgaben und Gesetze befolgte. Paulus versuchte, zwischen diesen beiden Gruppen zu vermitteln: Wer sich nicht an die jüdischen Gesetze gebunden fühlt, soll sich deswegen nicht über die anderen erheben. Geht aufeinander ein. Achtet darauf, was die anderen benötigen. Jeder soll so handeln, wie es seinem Mitmenschen gefällt. Das tut diesem gut, und hilft, ihn aufzubauen. So die guten Ratschläge des Apostels Paulus, die heute genauso aktuell sind wie in der damaligen Zeit.
„Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“ So bringt Paulus seine guten Ratschläge auf den Punkt (Röm 15, 7). An diesem Bibelwort ist mir der zweite Teil besonders wichtig: Christus hat mich angenommen- er, der Spross aus der Wurzel Isais, der aufstehen wird, um über die Völker zu herrschen (Jes 11,10). Jesus Christus, der an Weihnachten zu uns kommt als kleines Kind in der Krippe. Er kommt im Frieden, ohne alle Zeichen äußerer Macht. Auf ihn darf ich vertrauen und mich darauf verlassen: Er, Jesus Christus hat mich angenommen. Das gibt mir die Kraft, andere anzunehmen- auch die, mit denen ich mich schwer tue, weil sie scheinbar so anders sind als ich. Ja, wir sind von Jesus Christus angenommen- trotz allen unseren Fehlern und Schwächen. Trotz allem Argwohn, mit dem wir uns begegnen. Obwohl es uns immer noch leichter fällt, zu sagen was uns trennt und uns in Gruppen und Kreise aufzuspalten, als das gemeinsame zu betonen und trotz aller Unterschiedlichkeit miteinander zum Lobe Gottes zu feiern- auch ökumenisch. Wir sind von Jesus Christus angenommen. Obwohl wir viel zu oft tatenlos schweigen, wenn Menschen anderen Glaubens und anderer Herkunft in unserem Land unfair behandelt oder gar drangsaliert und angegriffen werden. Wir sind von Jesus Christus angenommen. Obwohl wir uns selbst oft nicht annehmen können, weil wir unzufrieden mit uns sind und enttäuscht von uns, obwohl wir an uns zweifeln und an dem, was wir erreichen oder bewirken.
„Bereitet dem Herrn den Weg: Denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“ So heißt es im Wochenspruch für die 3. Adventswoche (Jesaja 40,3+10). Ohne äußere Macht kommt Jesus Christus als Kind in der Krippe zu uns, und doch gewaltig, denn er nimmt die Last der Welt auf sich. Durch sein Kommen verändert sich etwas: Wir sind von Jesus Christus angenommen. Überall, wo diese Botschaft im Herzen von Menschen aufleuchtet, verändert sich etwas in der Welt. Manchmal ist es die Musik, die unsere Herzen so bewegt. Manchmal ist es ein gutes Wort, oder ein ermutigender Blick, der uns diese Hoffnung schenkt: Hoffnung ist die Geduld und die ermutigende Zuversicht. Hoffnung gibt uns die Kraft, mit der wir den annehmen können, der ankommt und der uns annimmt- so wie wir sind: Jesus Christus.
Immer dann, wenn es uns gelingt, uns selbst und unsere Mitmenschen anzunehmen, leuchtet etwas von dem Licht Christi auf- manchmal ganz unauffällig und unspektakulär. Und doch: Wo etwas von diesem Licht erstrahlt, das geschieht etwas Gewaltiges, mitten in der unserer Welt. Nach Paulus gibt es ein Zeichen, in dem diese Hoffnung erkennbar aufscheint: Gemeinsam singen und musizieren, und mit Freude im Herzen Gott zusammen loben- so wie wir sind, oft getrennt und in vielem uneins, manchmal schwach und ratlos, zögerlich oder zweifelnd. So wollen wir es auch heute miteinander tun, mit unseren Stimmen und mit den Instrumenten unseres Posaunenchors, denn: Gott loben, das ist unser Amt.
Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer