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Gedanken zum Sonntag

Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis, 28. 06. 2020

Apg 10, 21-35: Da stieg Petrus hinab zu den Männern und sprach: Siehe, ich bin’s, den ihr sucht; aus welchem Grund seid ihr hier? Sie aber sprachen: Der Hauptmann Kornelius, ein frommer und gottesfürchtiger Mann mit gutem Ruf bei dem ganzen Volk der Juden, hat einen Befehl empfangen von einem heiligen Engel, dass er dich sollte holen lassen in sein Haus und hören, was du zu sagen hast. Da rief er sie herein und beherbergte sie. Am nächsten Tag machte er sich auf und zog mit ihnen, und einige Brüder aus Joppe gingen mit ihm. Und am folgenden Tag kam er nach Cäsarea. Kornelius aber wartete auf sie und hatte seine Verwandten und nächsten Freunde zusammengerufen. Und als Petrus hereinkam, ging ihm Kornelius entgegen und fiel ihm zu Füßen und betete ihn an. Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf, auch ich bin ein Mensch. Und während er mit ihm redete, ging er hinein und fand viele, die zusammengekommen waren. Und er sprach zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen gemein oder unrein nennen soll. Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich geholt wurde. So frage ich euch nun, warum ihr mich habt holen lassen. Kornelius sprach: Vor vier Tagen um diese Zeit betete ich um die neunte Stunde in meinem Hause. Und siehe, da stand ein Mann vor mir in einem leuchtenden Gewand und sprach: Kornelius, dein Gebet ist erhört und deiner Almosen ist gedacht worden vor Gott. So sende nun nach Joppe und lass herrufen Simon mit dem Beinamen Petrus, der zu Gast ist im Hause des Gerbers Simon am Meer. Da sandte ich sofort zu dir; und du hast recht getan, dass du gekommen bist. Nun sind wir alle hier vor Gott zugegen, um alles zu hören, was dir vom Herrn befohlen ist. Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm.

Liebe Mitchristen, 

die Schulen haben jetzt wieder geöffnet. Von meinem Sohn weiß ich, dass er sich richtig freut, jetzt wieder zur Schule gehen zu können. Auch wenn einen manche Unterrichtsfächer nicht so interessieren und es manchmal ganz schön anstrengend sein kann, was man da alles lernen soll. Eine Weile ist das dann ja auch ganz schön gewesen, dass es zusätzliche Ferien gibt. Aber irgendwann fehlt die Schule doch sehr. Nicht nur, weil es schwierig ist, das alles zuhause zu lernen, wo es keinen festen Stundenplan gibt und keine Lehrer, die einem erklären, wie es geht. Da haben alle ihr Möglichstes getan, damit das Lernen trotzdem funktioniert – die Kinder, die sich auf das Lernen zuhause eingelassen haben, die Lehrer, die sich die Aufgaben dafür überlegt haben, und vor allem natürlich auch die Eltern, die das Lernen zuhause angeleitet haben und selber zu Hauslehrern für ihre Kinder geworden sind. Das war eine große Herausforderung für alle, die da mitgemacht haben. Und es hat sich gelohnt: Auch ohne in die Schule gehen zu können habt ihr Kinder viel gelernt in dieser Zeit. 

Was hat den Kindern und Jugendlichen gefehlt in dieser Zeit, wo die Schulen geschlossen waren? Ich denke, es war nicht das Lernen, das war ja trotzdem möglich, auch wenn es ganz anders war als sonst. Ich denke, es war vor allem die Gemeinschaft. Die Schulfreundinnen und Schulfreunde, mit denen man sich in den Pausen unterhält und nachmittags oder am Wochenende miteinander spielt oder sich trifft. Wir leben von der Gemeinschaft. Wir vermissen sie schmerzlich, wenn sie nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Gerade die letzten Wochen und Monate haben das uns allen gezeigt. 

Auch in unserer Kirchengemeinde ist das so. Wir können unsere Gottesdienste auch ins Internet stellen, und jeder betet bei sich zuhause. So haben wir es gemacht, als es nicht anders ging. Und für die Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören oder aus anderen Gründen nicht in den Gottesdienst kommen können, machen wir es auch weiter so. Es ist gut, dass es diese Möglichkeiten gibt. Aber Manches ist auf diese Weise eben nicht so gut möglich: Die Gemeinschaft eben. Dass wir hier nach dem Gottesdienst draußen vor der Kirche noch eine Weile stehen bleiben und zwanglos ins Gespräch kommen können. Und so finde ich es ganz wichtig, dass auch in unsere Gemeinderäume jetzt wieder Leben einzieht, dass auch unsere Gruppen und Kreise langsam wieder anlaufen. „Es ist bleibender Auftrag der Kirche, den Menschen bewusst zu machen, wie wertvoll unsere kirchliche Gemeinschaft für sie persönlich sein kann.“ So hat es Erzbischof Stefan Burger auf den Punkt gebracht – vor dem Hintergrund der traurigen Tatsache, dass viele Menschen der Kirche den Rücken kehren. Und was er da gesagt hat, das gilt für unsere evangelische Kirche genauso wie für die katholische.

Wir brauchen wieder Gemeinschaft – Gemeinschaft auch da, wo wir sie nicht erwarten. Gemeinschaft auch mit Menschen, die nicht unbedingt unsere Wellenlänge haben. Petrus erlebt das so in unserem Predigttext. Er ist gerade zuhause und hat die Tür hinter sich zugemacht. Oben auf seiner Dachterrasse hat er es sich gemütlich gemacht. Er ist ganz vertieft in seine Gedanken über Gott und die Welt, und will eigentlich nicht gestört werden. Da klingelt es an der Tür. Fremde Männer stehen draußen. Was wollen die jetzt hier? Die sind aber nicht von hier. Die kenne ich nicht. So denkt Petrus. Er macht die Tür auf und fragt, um was es geht. Und die Männer erzählen irgendwas von einem römischen Hauptmann, der Kornelius heißt und dem Petrus von Gott erzählen soll. Ein römischer Hauptmann. Was geht mich der an, überlegt sich Petrus. Auch wenn er an Gott glaubt. Mit den Römern haben wir eigentlich nichts zu schaffen. Die lädt man nicht zu sich nach Hause ein, und besuchen geht man sie schon gar nicht. Sollen die doch lieber unter sich bleiben. Die sind so anders als wir. Die kommen aus einem anderen Land und sprechen eine fremde Sprache. Aber dann erinnert sich Petrus daran, was er von Jesus weiß. Er hat viel erlebt mit Jesus. Jesus hat sich um alle Menschen gekümmert. Er hat ihnen von Gott erzählt und hat die Kranken gesund gemacht. Er hat auch den Armen geholfen und denen, die sonst keiner leiden konnte. Er wollte, dass alle Menschen den Weg zu Gott finden. So, wie es in dem Bibelspruch heißt, den wir heute bei der Taufe gehört haben: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben.“ So hat es Jesus gesagt. 

An solche Worte erinnert sich Petrus. Und er merkt: Damit sind alle Menschen gemeint. Und so macht sich Petrus auf den Weg zu diesem römischen Hauptmann. Das fällt ihm richtig schwer. Bei so Jemanden war er noch nie zu Besuch. Aber er erlebt Gemeinschaft dort. Er erlebt: Gott ist da. Bei diesen Menschen, die mir so fremd sind. Es ist eine ganz neue Erfahrung für Petrus. Er sagt: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht, sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm. 

Gemeinschaft ist wichtig. Und manchmal steht jemand vor der Tür und klingelt, und daraus ergibt sich etwas ganz Neues, Überraschendes. Eine Begegnung, bei der wir Gott ganz neu kennenlernen. Auch heute, wenn wir miteinander Taufe feiern, und jemanden neu aufnehmen in unsere Gemeinschaft, hier in der Kirche. Auch wenn Vieles, was wir hier miteinander leben und feiern, schon vertraut ist – aus der Familie und aus dem Religionsunterricht. Ein Lied aus dem Religionsunterricht ist mir dazu eingefallen. Es passt für uns alle: Vom Anfang bis zum Ende hält Gott seine Hände über mir und über dir. Ja, er hat es versprochen, hat nie sein Wort gebrochen: „Glaube mir, ich bin bei dir! Immer und überall, immer und überall, immer bin ich da!“

Amen.