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Gedanken zum Sonntag

Predigt zum Ostermontag, 5. April 2021


Offb 5, 6-14: Und ich sah mitten zwischen dem Thron und den vier Wesen und mitten unter den Ältesten ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hatte sieben Hörner und sieben Augen, das sind die sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande. Und es kam und nahm das Buch aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß. Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm, und ein jeder hatte eine Harfe und goldene Schalen von Räucherwerk, das sind die Gebete der Heiligen, und sie sangen ein neues Lied: Du bist würdig, zu nehmen das Buch und aufzutun seine Siegel; denn du bist geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erkauft aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen und hast sie unserm Gott zu einem Königreich und zu Priestern gemacht, und sie werden herrschen auf Erden. Und ich sah, und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron und um die Wesen und um die Ältesten her, und ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und vieltausendmal tausend; die sprachen mit großer Stimme: Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob. Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meer und alles, was darin ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Und die vier Wesen sprachen: Amen! Und die Ältesten fielen nieder und beteten an.

Liebe Mitchristen!

Wir feiern Ostern. Die Wohnung ist festlich geschmückt mit Blumen und grünen Zweigen mit Ostereiern. Mittags gibt es ein leckeres Osteressen. Für die Kinder – und oft auch für Erwachsene – gibt es Osternester mit Schokoladen-Eiern und Osterhasen. Was gehört noch auf einen festlich geschmückten Ostertisch? Bei mir daheim gehört auch noch ein gebackenes Osterlamm dazu. Wenn ich es beim Bäcker kaufe, ist immer noch ein Schaschlikspieß mit dabei, an dem eine Papierfahne befestigt ist. Ein Osterlamm mit einer Siegesfahne. Auch in vielen Kirchen finden wir das so. Ich habe Ihnen eine solche Darstellung mitgebracht, aus der Gertrudis-Kirche in Saalfeld Graba in Thüringen. Es ist eigentlich ein recht kleines Bild. Und wenn man es in dieser Thüringer Kirche in Ruhe anschauen möchte, kann man leicht einen steifen Hals bekommen. Ganz oben an der Decke findet sich da dieses Bild, auf einem Schlussstein, da, wo im Gewölbe zwei steinerne Bögen aneinanderstoßen. Ein Osterlamm mit einer Siegesfahne. Das ist ein Bild für den auferstandenen Jesus Christus, das die Christen durch all die Jahrhunderte hindurch begleitet hat: Schon im Mittelalter gab es diese Darstellung vom Auferstandenen, damals, als dort in der Thüringer Kirche der Schlussstein ins Gewölbe gesetzt wurde. Und heute finden wir sie als Süßigkeit auf unserem Ostertisch. 

Christus als Osterlamm mit Siegesfahne. Woher kommt das diese Darstellung ursprünglich? In unserem Predigttext haben wir davon gehört. Es ist ein Bibelwort aus dem Buch der Offenbarung. Als dieses Buch aufgeschrieben wurde, da war die junge christliche Kirche in einer ganz schwierigen und bedrohlichen Lage. Damals im römischen Reich wurden die Christen verfolgt, benachteiligt und getötet. Der Seher Johannes wurde auf eine einsame Insel verbannt in dieser Zeit. Dort, auf der Insel Patmos, hatte er seine Gotteserfahrungen und Visionen, die er im Buch der Offenbarung aufgeschrieben hat. Ein Buch mit sieben Siegeln, so nennen wir das Buch der Offenbarung oft. Vieles, was in diesem Buch aufgeschrieben ist, bleibt uns rätselhaft, ein dunkles Bild. Aber diese Bilder sind auch ein großer Schatz, den wir haben. Ein ungehobener Schatz, den wir erst noch für uns entdecken müssen – so wie das Bild vom Osterlamm mit der Siegesfahne. Auch wenn ein solches gebackenes Osterlamm jedes Jahr meinen Ostertisch schmückt, muss ich mich hier doch noch auf die Entdeckungsreise machen. Johannes der Täufer hilft mir da weiter. Ganz am Anfang, als Jesus seine ersten Jünger um sich sammelt, da sagt Johannes über Jesus: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt trägt“, Und schon bei Jesaja heißt es (Jes 53,7): „Als er gemartert wurde, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.“ Jesus, Gottes Lamm, für unsere Sünden gestorben. Meistens denke ich da eher an Karfreitag oder an das Abendmahl. Jesus Christus, der für uns gestorben ist. Der unsere Sünde weggenommen hat durch seinen Tod am Kreuz. 

Aber ohne Ostern wäre das alles nichts. Karfreitag geht nicht ohne Ostern. Das Lamm trägt die Siegesfahne. Eigentlich zwei Bildteile, die nicht zusammenpassen: Auf der einen Seite ist da dieses friedliche Tier, das Niemandem etwas zuleide tut: Das Lamm, das das Leiden auf sich nimmt. Auf der anderen Seite ist da die Siegesfahne: Das ist ein militärisches Feldzeichen, wie es im Krieg verwendet wird. Die Siegesfahne steht für eine gewonnene Schlacht. Ganz kämpferisch sagt uns diese Fahne: Jesus ist Sieger! Die entscheidende Schlacht ist geschlagen! Der Feind hat ausgespielt! Die Siegesfahne sagt uns: All das Dunkle und Bedrohliche hat keine Macht mehr über uns: Nicht die Angst, nicht die Schuld, nicht das Böse in der Welt und auch nicht das ganze Elend, das uns immer wieder begegnet. 

Das sind große Worte, festgemacht an einem kleinen roten Fähnchen, an dieser Siegesfahne, die das Osterlamm trägt. Und manchmal tun wir uns schwer damit, diesen Worten zu vertrauen. Manchmal tun wir uns schwer mit dem leeren Grab und der Auferstehung, die wir gegen allen Augenschein glauben. Die entscheidende Schlacht ist schon geschlagen? Jesus ist Sieger? Warum gibt es dann noch so viel Dunkelheit in der Welt? Warum gibt es Kriege und Katastrophen, so wie die Corona-Pandemie? An Ostern hat Jesus den Sieg davongetragen. Ja, er trägt die Siegesfahne zu Recht, Jesus Christus, das Lamm Gottes. Für mich ist das so ähnlich wie unsere Situation jetzt in der Corona-Pandemie: Es gibt jetzt Impfstoffe. Damit ist die entscheidende Schlacht im Kampf gegen dieses Virus schon geschlagen. Das Virus hat keine Chance mehr. Es wird besiegt werden, das ist ganz sicher, seit es Impfstoffe gibt. Trotzdem ist das Virus jetzt noch nicht weg. Es braucht eben noch Zeit, bis dieser Sieg wirklich umgesetzt ist. So ist es für mich auch mit Ostern: Jesus Christus hat gesiegt. All das Böse, Dunkle und Bedrohliche in unserem Leben und in unserer Welt hat damit für immer verloren. Aber es braucht noch Zeit, bis dieser Sieg von Jesus Christus wirklich umgesetzt ist. Es ist noch nicht so weit, wie es uns der Seher Johannes ganz am Ende der Offenbarung verspricht (Offb 21, 4-5): „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Lied noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß: Siehe, ich mache alles neu!“ So weit ist es jetzt noch nicht. Aber die Zeit wird kommen, das ist ganz sicher, seit Jesus von den Toten auferstanden ist. Denn auf dem Thron sitzt Jesus jetzt schon. Vertrauen wir auf ihn- auch in schwerer Zeit. Beten wir ihn an, geben wir ihm die Ehre. Das ist auch so ein Schatz im Buch der Offenbarung – nicht nur die Bilder wie das vom Osterlamm, auch der Lobpreis. Das ganze Buch der Offenbarung ist voller Lobpreis – und das in so schwerer Zeit, wie sie die ersten Christen in der Verfolgung durchgemacht haben und der Seher Johannes seiner Verbannung auf der Insel Patmos. Stimmen wir ein in diesen Lobpreis, so wie wir ihn in unserem Predigttext finden: „Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und Ehre und Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!  Amen.“

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer