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Gedanken zum Sonntag

Predigt zum ersten Sonntag nach Ostern, 11.04.21


Predigt zum 11. April 2021 (erster Sonntag nach Ostern)

„Christus ist auferstanden“ – so werden wir begrüßt, wenn wir zur Osterzeit eine Russlanddeutsche Gemeinde besuchen. Wir erwidern den Gruß mit „Er ist wahrhaftig auferstanden“. 

Aus der Zeit der atheistischen Propaganda in der Sowjetunion wird folgende Begebenheit berichtet:
Ein Propagandaredner des Regimes sprach vor einer großen Menschenmenge „aufklärende Worte“ über die Religion und insbesondere über das Christentum und stellte dieses in schlechten Licht dar. Damit die Veranstaltung den Anschein der Objektivität und Ausgewogenheit bekam, durfte nach ihm ein orthodoxer Geistlicher das Wort ergreifen. Was würde er in dieser schwierigen Situation erwidern?
Er trat neben den redegewaltigen Redner ans Mikrofon und verharrte einige Augenblicke schweigend. Dann rief er mit lauter Stimme „Christus ist auferstanden!“, und die Menge antwortete wie aus einem Mund „Er ist wahrhaftig auferstanden!“. Das geschah dreimal. Danach blieb dem Propagandaredner nichts anders übrig, als seine Aktentasche zu ergreifen und eiligst zu entschwinden.

Für uns Christen ist die schönste Botschaft der Welt, dass Christus auferstanden ist. Deshalb feiern wir als Christen den Sonntag anstelle des Sabbats aus dem Alten Testament: Weil an diesem Tag Jesus von den Toten auferstanden ist und jeder Sonntag soll uns daran erinnern. 

Der aktuelle Predigttext spielt nach der Auferstehung Jesu (Joh. 21, 1-14):
Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so:
Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten es nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.
Da spricht der Jünger, den Jesus liebhatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch.
Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.

Eigentlich hätten die Jünger glücklich und fröhlich sein müssen. Jesus war von den Toten auferstanden. Sie waren am See Genezareth, wo sie so viel mit Jesus erlebt haben. Er hat dort Kranke berührt und geheilt. Er ist dort über das Wasser gegangen und hat den Sturm gestillt. Er hat zu großen Menschenmengen gesprochen und hat sie gelehrt. 

Doch die Jünger sind wieder in ihrem alten Leben gestrandet. Jesus mag auferstanden sein, aber er ist nicht hier. Sie sind die Nacht über alleine auf dem See und sie fangen nichts. Langsam wird es Morgen.
Dann erscheint Jesus am Ufer. Aber die Jünger erkennen ihn nicht. Jesus fordert sie auf, ihr Netz auf der rechten Seite des Boots auszuwerfen und sie machen einen gewaltigen Fang. Es ist ein Wunder, aber die Jünger freuen sich nicht darüber.
Danach bereitet Jesus ihnen aus Brot und Fisch ein Frühstück und isst mit ihnen. Es ist eine innige vertraute Gemeinschaft, aber die Stimmung bleibt seltsam gedrückt. Die Jünger haben viele Fragen, aber sie trauen sich nicht zu fragen, obwohl sie 3 Jahre mit Jesus unterwegs waren und ihn dabei ständig gefragt haben.

Obwohl sie 3 Jahre mit Jesus unterwegs waren, ist die Situation jetzt anders:
Jesus ist vom Tod auferstanden. Der Tod ist etwas, das die Welt bis heute erschüttert und uns Menschen unsere Vergänglichkeit spüren lässt. Der Tod ist eine Dimension, die wir nicht wirklich verstehen können. Und nun ist da jemand, der größer und mächtiger ist als der Tod. Das geht über menschliches Verständnis hinaus. 

Wie sollen die Jünger mit jemandem enge Gemeinschaft haben, der stärker ist als der Tod? Durch die Auferstehung wird die Gottheit Jesu deutlich. Wie sollen sich die Jünger auf Augenhöhe mit Gott unterhalten? Das ist ein Spannungsfeld, in dem wir uns ebenfalls befinden. 

Der Text gibt Antwort:
Jesus fragt: „Kinder habt ihr nichts zu essen?“. Jesus geht auf die Jünger zu. Er nennt sie liebevoll „Kinder“ und bringt damit zum Ausdruck, dass er derjenige ist, der für sie sorgen will und sie liebt. Indem er sie zum Essen einlädt, begegnet er ihnen auf einer Ebene, die ihnen vertraut ist.
Das ist eine gute Nachricht: Jesus begibt sich auch als der Auferstandene auf die Ebene von uns Menschen und will uns dort begegnen. 

Jesus überwindet die Kluft, die zwischen Gott und Mensch ist, indem er auf uns zukommt. Doch wie sollen wir damit umgehen?

Es ist kein Zufall, dass die Geschichte ausgerechnet von Johannes erzählt wird. Johannes nennt in seinem Evangelium nie seinen Namen, sondern spricht von sich selbst immer, als den Jünger, den Jesus liebhatte. Er war sich sicher, dass Jesus ihn liebt und das war für ihn das Wichtigste.
Bei ihm geht es im Glauben hauptsächlich um die Beziehung zu Jesus. Johannes betont in seinem Evangelium die vertraute Nähe von Jesus zu seinen Jüngern: Wie Jesus seine Jünger auf seinen Tod vorbereitet und wie er für seine Jünger betet.

Wenn Jesus auf uns zugeht, dann möchte er eine Beziehung mit uns haben. Wir dürfen und sollen uns darüber bewusst sein, dass er uns liebt – so wie er auch Johannes geliebt hat. Er hat auch für uns gebetet und er lädt auch uns zum Mahl ein – deshalb feiern wir auch regelmäßig Abendmahl. Es geht um die Verbundenheit mit Jesus – darum, dass wir von ihm gewollt und angenommen sind. Darum, dass wir ihm immer bedingungslos vertrauen können. Darum, dass er immer für uns da ist – so wie er es versprochen hat. 

Doch wie können wir sicher sein?
Jesus verweist immer wieder auf die Schrift – also die Bibel. Darauf können und sollen wir uns verlassen. Doch dabei geht es uns manchmal wie den Jüngern: Wir lesen die frohe Botschaft und trotzdem scheint etwas zu fehlen.
Im griechischen Urtext finden wir zwei unterschiedliche Begriffe für das Wort Gottes: Logos und Rhema. Logos bedeutet das neutrale Wort Gottes das jedem zugänglich ist, wenn er die Bibel liest. Wir sollen es lesen und es ist Nahrung für unseren Geist. Und Rhema bedeutet, dass der Geist Gottes das Wort für mich lebendig macht. Mir wird bewusst, was es für mich persönlich in dieser Situation bedeutet. 

Wenn wir mit offenem Herzen das Wort Gottes lesen, dann wird es für uns lebendig und der Einzelne empfängt die Gewissheit: Es gilt für mich, Jesus ist für mich gestorben und auch meine Schuld ist vergeben, er ist auferstanden und er begegnet auch mir. Er kennt mich und er liebt auch mich. Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen.

Prädikant Gerhard Walderich