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Gedanken zum Sonntag

2. Advent

Predigt zum 2. Advent, 6. Dezember 2020

Jakobus 5, 7+8: So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn. Siehe, der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid auch ihr geduldig und stärkt eure Herzen; denn das Kommen des Herrn ist nahe.

Liebe Mitchristen!

Es ist Winter. Dick und weiß liegt der Schnee auf Wiesen, Wäldern und Feldern. Die Natur schläft unter dieser weißen Decke. Das Wachsen, das Blühen und das Früchte Bringen hat jetzt Pause. Ein paar einzelne Äpfel hängen noch am Apfelbaum. Neue Äpfel gibt es erst wieder nächstes Jahr. Auf die neue Ernte muss man warten. Die Jahreszeiten müssen erst darübergehen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. „Der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde und ist dabei geduldig, bis sie empfange den Frühregen und den Spätregen.“ So beschreibt unser Predigttext aus dem Jakobusbrief dieses jahreszeitliche Warten. Und er vergleicht es mit dem Warten auf das Kommen unseres Herrn Jesus. Auf ihn warten wir im Advent. Warten auf Weihnachten. Was kommt, muss erst wachsen. Wir brauchen Geduld dazu. Noch liegt eine dichte Schneedecke auf unseren Herzen. Wird es uns an Weihnachten wirklich warm ums Herz werden? Werden wir es spüren und erleben dürfen, was die Engel uns verkünden: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren?“ „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit.“ Werden wir wirklich von Herzen einstimmen können in dieses Lied – auch wenn wir den Heiligabendgottesdienst oben bei der Skihütte beim Steighof feiern werden statt hier in der Kirche? Auch wenn wir „O du fröhliche“ nur dort im Freien miteinander singen werden, auf Abstand, mit Mundschutz und Voranmeldung?

Vielleicht können wir die Antwort auf diese Fragen heute noch nicht geben. Wir sind eben noch in der Wartezeit auf Weihnachten. Es ist erst der zweite Advent. „So seid nun geduldig, Brüder und Schwestern, bis zum Kommen des Herrn.“ Wir brauchen Geduld im Advent – und ganz besonders in dieser Adventszeit, in der vieles so anders ist als sonst. Geduld brauchen wir – Geduld mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen. Immer wieder reißt uns ja auch der Geduldsfaden. Gerade jetzt, in dieser langen Krise, wünschten wir uns so sehr, dass das Warten ein Ende hätte und diese heimtückische Pandemie endlich soweit eingedämmt wäre, dass wir wieder unser normales Leben leben könnten. Die Ungeduld treibt die Menschen auf die Straßen und in die Arme von fragwürdigen Protestbewegungen. Die Ungeduld lässt Menschen unvernünftig werden, so dass sie sich und andere dem Risiko einer Ansteckung aussetzen. Die Ungeduld bringt Menschen dazu, sich resigniert und frustriert zurückzuziehen. Die Ungeduld ist ein schlechter Ratgeber. Unser Predigttext gibt uns einen anderen Rat: „Seid geduldig.“ Manche Dinge lassen sich eben nicht beschleunigen. Das gilt für das Zurückdrängen einer Pandemie genauso wie für das Wachsen und Werden in der Natur.

Noch ist nicht Erntezeit. Noch ist Winter. Die Natur hat sich zurückgezogen unter eine weiße Schneedecke. So wie oben bei der Skihütte am Steighof. Am Freitag waren wir dort, um vor Ort zu überlegen, wie wir den Heiligabendgottesdienst feiern können. Kalt war es, aber auch wunderschön in der weiten, weißen Landschaft. So wie in dem Lied „Leise rieselt der Schnee.“ Ein Lied, dass die Weihnachtsvorfreude beschreibt. „Still und starr ruht der See.“ Aber trotz aller äußeren Kälte einer frostigen Winterlandschaft, die da beschrieben wird, heißt es in dem Lied weiter: „In den Herzen wird’s warm, still schweigt Kummer und Harm, Sorge des Lebens verhallt, freue dich, s‘ Christkind kommt bald.“

Das Lied erinnert mich daran: Ob es uns an Weihnachten wirklich warm ums Herz wird, das ist keine Frage der Außentemperatur. Auch dann nicht, wenn wir den Weihnachtsgottesdienst notgedrungen im Freien feiern, um uns und unsere Mitmenschen vor Ansteckung zu schützen. In den Herzen kann es trotzdem warm werden. Denn Gott kommt zur Welt und wird Mensch. Er kommt zu uns, auch und gerade in diesem Jahr, wo wir Weihnachten so anders feiern werden als sonst. Das ist die wahre Weihnachtsfreude: Gott lässt uns nicht im Stich. Er ist für uns da, unser Heiland, unser Erlöser. Bereiten wir uns vor auf dieses große Fest, auf das Kommen unseres Herrn Jesus Christus.

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer