Predigt zur Jahreslosung am 2. Februar 2025
Liebe Mitchristen!
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1. Thess 5,21). So heißt die Jahreslosung für das Jahr 2025. „Endlich mal eine Jahreslosung, mit der man wirklich was anfangen kann,“ sagte mir neulich eine Mitarbeiterin aus unserer Gemeinde. Mir ist dazu eingefallen, wie neulich zwei Mitarbeiterinnen die Sakristei unserer Kirche ausgemistet haben: Was kann weg, weil wir es seit vielen Jahren nicht mehr gebraucht haben? Was behalten wir, weil es gut ist und immer wieder benötigt wird? Solche Fragen haben sich diese beiden Mitarbeiterinnen gestellt. So haben sie alles, was sie in den Regalen vorgefunden haben, auf den Prüfstand gestellt: Was gut ist, behalten wir. Das andere kann weg und wird entsorgt. Am Ende ist alles schön übersichtlich und aufgeräumt in den Regalen.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Vom Aufräumen und Ausmisten kennen wir diesen Grundsatz alle. Am Anfang unseres heutigen Gottesdiensts haben Sie sich einen Gegenstand nehmen dürfen: Ist der noch gut, oder kann der weg? Vielleicht haben Sie sich mit Ihrem Sitznachbarn darüber austauschen können. Ja, vielleicht haben Sie den Gegenstand mit Ihrem Sitznachbarn sogar tauschen können, weil der meinte, Ihr Gegenstand sei noch gut, und Sie fanden, der kann weg. „Prüft alles und behaltet das Gute!“ Das ist gar nicht immer so eindeutig, ja, oft lässt sich trefflich darüber streiten: Kann das weg, oder ist das noch gut?
Behaltet das Gute. Das klingt einfach. Aber was ist das Gute, das wir behalten sollen? So fragen wir uns oft- in unserer Gemeinde, in unserer Welt. Wir hören viel vom Bösen und vom Schlechten. Das schafft es leichter in unsere Nachrichten, das wird auf Social Media gepusht. Das Gute- ist das nicht das Alltägliche? Ist das nicht eher langweilig? Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund leben in unserem Land in Frieden mit ihren Mitmenschen, und tragen durch ihre Arbeitsleistung zum Funktionieren unserer Gesellschaft bei! Gewalttäter wie in Aschaffenburg sind die absolute Ausnahme. Es ist unfassbar tragisch, was dort in Aschaffenburg geschehen ist. Und es ist enorm wichtig, solchen Gewalttätern zu wehren, und die Gesetze, die wir haben, wirklich konsequent umzusetzen. Wer ausreisepflichtig ist, soll auch ausreisen müssen.
Aber das Gute behaltet. Und: Prüft alles. Keine Vorurteile sind hier angesagt, die Menschen allein nach ihrer Herkunft oder ihrem Aussehen beurteilen. Sondern es gilt: Das Gute behaltet. Dieses Gute, das sind zum Beispiel die Menschen mit Migrationshintergrund, die nichts Böses tun und daher nicht in den Nachrichten vorkommen. Dieses Gute, das sind außerdem unsere christlichen Werte. Auf keinen Fall darf uns die Angst vor dem Bösen dazu bringen, dass wir unsere christlichen Werte über Bord werfen. Denn dann hätte das Böse gewonnen. Unsere christlichen Werte können nicht einfach weg und entsorgt werden. Es gilt weiterhin: Vor Gott sind alle Menschen gleich viel wert, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aussehen. Menschen in lebensbedrohlichen Situationen sollen Schutz und Hilfe erfahren und nicht abgewiesen werden.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Es steht vieles auf dem Prüfstand in unserer Zeit- in der großen Politik genauso wie im Kleinen, hier in unserer Kirchengemeinde. Auch hier bei uns vor Ort ist Vieles im Umbruch. Mit dem Umbau und der Sanierung von Kirche und Gemeindesaal haben wir ein größeres Bauprojekt in nächster Zeit. Und auch für mich als Pfarrerin haben sich die Aufgaben vergrößert: Seit diesem Jahr bin ich auch noch zuständig für die Ortschaften Wellendingen, Wilflingen, Neufra, Feckenhausen und Zepfenhan, die zur Kirchengemeinde Rottweil gehören.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Was ist gut, was kann weg? Kann in unserer Kirchengemeinde alles so weiterlaufen trotz dieser zusätzlichen Aufgaben im Pfarramt? Oder müssen bei uns Aufgaben wegfallen? Ich bin sehr dankbar für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kirchengemeinde. Es ist nicht selbstverständlich, dass so manche Aufgabe, die bisher ich als Pfarrerin innehatte und wegen der zusätzlichen neuen Aufgaben nun nicht weiterführen kann, jetzt von Ehrenamtlichen übernommen wird. Dies gilt für die Geburtstagsbesuche, wo ich in Zukunft nur noch die 80 und 90 Jährigen besuchen kann. Und das gilt auch für die Altenheimgottesdienste.
Auch in vielen anderen Bereichen haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Gemeinde Aufgaben übernommen, die sonst brach liegen würden. Es ist ein großer Schatz, dass wir solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Auch im Kindergarten hat sich unserer Mitarbeiterschaft vergrößert durch die zweite Gruppe, die sehr gut angenommen wird. Ich bin sehr dankbar für dieses gute Team und die wichtige Arbeit, die in unserem Kindergarten geleistet wird: Das christliche Menschenbild zu leben. Und ich weiß es zu schätzen, dass es unseren Erzieherinnen auch wichtig ist, den christlichen Glauben weitervermitteln an die nächste Generation. Denn das ist es, was uns als christliche Gemeinde zusammenhält: Der Glaube an Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Aus seiner Gnade leben wir.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Das gilt auch im Blick auf unser eigenes Leben. Im Licht von Gottes Gnade können wir mutig unser bisheriges Leben in den Blick nehmen: „Prüft alles.“ Das Schwere in unserem Leben dürfen wir abgeben bei Jesus Christus, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist: „Das Gute behaltet.“ So wollen wir uns einladen lassen zum Heiligen Abendmahl, wollen bei dieser Feier unsere Last ablegen bei Jesus Christus und danach befreit und gestärkt unseren Weg weitergehen in die neue Woche.
Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer