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Gedanken zum Sonntag

5. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 5. Sonntag nach Trinitatis, 4. Juli 2021

1. Korinther 1,18-25: Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist es Gottes Kraft. Denn es steht geschrieben (Jesaja 29,14): „Ich will zunichtemachen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.“ Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? Denn weil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die da glauben. Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind, und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.

 

Liebe Mitchristen!

Was gibt mir Orientierung im Leben? Wie schaffe ich es, die richtigen Entscheidungen zu treffen für mich? Das Leben liegt vor mir wie eine weite Landschaft, die von einem Ende des Horizonts bis zum anderen reicht oder wie ein großes und weites Meer. Wo finde ich da einen Orientierungspunkt, um meinen Weg zu finden? In der Landschaft gibt es solche Orientierungspunkte oft: Da gibt es die Berge, die ich kenne, oder die Türme der nächsten Stadt. Wenn ich diese Orientierungspunkte sehe, dann weiß ich, in welche Richtung ich weitergehen muss.

Auch für mein Leben brauche ich solche Orientierungspunkte, damit ich meinen Weg durchs Leben finde und mich nicht verirre.  Ich brauche so etwas wie einen Berg oder wie einen Turm, der aus der Landschaft herausragt. Etwas Festes und zugleich Vertrautes. Etwas, das meinem Leben Richtung und Halt gibt. Gottes Kraft ist für mich ein solcher Orientierungspunkt – die Kraft von Gottes Liebe, die Gott ins Leben und in diese Welt hineinlegt. Ich kann sie nicht sehen wie den Berg oder den Turm in der Ferne. Aber ich kann sie spüren. Auf diese Gotteskraft zu vertrauen, das gibt mir Halt für mein Leben. Ich weiß, ich bin nicht allein, wenn ich meine Entscheidungen treffe. Da ist jemand für mich da – Jesus Christus. Und auch wenn ich mal falsch liege mit meinen Entscheidungen, macht er mich deswegen nicht fertig. Er verzeiht mir und gibt mir neuen Lebensmut. Denn er ist am Kreuz für mich gestorben.

Für viele Menschen auf der ganzen Welt ist Jesus Christus dieser Orientierungspunkt in ihrem Leben. Aber immer wieder begegnen uns auch Menschen, die sagen: Das ist alles Unsinn. Wenn da einer am Kreuz gestorben ist, elend und schwach – wie soll ausgerechnet durch ihn Gottes Kraft bei mir ankommen? Menschen, die so fragen, gibt es nicht erst heute in unserer Zeit. Es gab sie schon von Anfang an, schon in den ersten Jahren der Christenheit. Der Apostel Paulus erzählt davon in unserem Predigttext. Er kennt Menschen, die sagen: „Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit.“ Ich finde es wichtig, dass wir diese Frage ernst nehmen. Vielleicht geht es uns ja manchmal auch selber so, dass unser Glaube an Gott nicht mehr so fest steht wie der Turm in der Ferne oder so unverrückbar wie der Berg am Horizont. Viele Gründe kann es dafür geben. Manchmal sind es schwere Zeiten im Leben, die uns an Gott zweifeln lassen. Oder es passiert einfach, weil wir älter und erwachsener werden, dass sich auch unser Glaube an Gott dadurch verändert und ins Wanken gerät. So wie das Leben Höhen und Tiefen hat, so ist es auch mit dem Glauben.

ich möchte dazu einladen, dranzubleiben am Glauben und nicht aufzuhören nach Gott zu fragen. Denn wir alle brauchen einen Orientierungspunkt, um unseren Weg durchs Leben zu finden. Gottes Kraft, die mich durchs Leben trägt, kann ich nicht sehen. Aber ich sehe die Menschen, die mit dieser Gotteskraft durch ihr Leben gehen – vom Anfang der Christenheit bis in unsere Zeit. Ich denke an den Apostel Paulus, der die Geschichte mit Jesus anfangs selber für Unsinn gehalten hat. Er hat die Christen verfolgt. Aber dann hat er die Kraft von Jesus am eigenen Leib erfahren.  Der Apostel Paulus hat Jesus nicht als lebenden Menschen gekannt. Aber er ist dieser Kraft, ist Jesus begegnet – in einer Vision. Das hat sein Leben verändert und neu ausgerichtet. Das hat ihm seinen Weg gezeigt.

Es tut mir gut, wenn ich von solchen Menschen weiß, die aus der Kraft von Jesus leben – damals wie heute. Ich kann mich orientieren an dem Vertrauen von Glaubenden neben und vor mir. Das hilft mir, wenn ich selber in meinem Leben den Orientierungspunkt nicht mehr finde. In der Gemeinschaft der Glaubenden finde ich neue Kraft. Und Jesus Christus hat es uns versprochen: Ich bin immer bei euch, wenn ihr in meinem Namen zusammenkommt. Für mich ist das kein Unsinn. Auch wenn ich es nicht sehen kann, dass Jesus Christus da ist, wenn wir zusammenkommen und Gottesdienst feiern. Aber spüren kann ich es: Jesus Christus ist da. Ich spüre das vor allem auch im Abendmahl. Auch wenn es nur ein Bissen Brot ist und ein Schluck Traubensaft. Da steckt die ganze Geschichte drin von Jesus. Die Geschichte von seiner bedingungslosen Liebe zu uns Menschen: Liebe, die stärker ist als alle menschliche Brutalität. Liebe, die stärker ist als der Tod. Und wenn wir im Abendmahl miteinander Gemeinschaft haben, dann wird diese Geschichte lebendig – hier, jetzt und heute. Dann leben wir diese Liebe, die Jesus uns vorgelebt hat, und er ist mittendrin. Und alles, was uns voneinander trennt, aller Streit und alle Verbitterung – das alles hat dann keinen Platz mehr. Gottes Kraft wird spürbar, auch für mich. Nehmen wir diese Erfahrung mit als Orientierungspunkt für unser Leben: Gottes Kraft begleitet mich und gibt meinem Leben Richtung und Halt.

Amen.