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Über den Kirchturm hinaus

08.10.2025 Trotz allem an Gott glauben

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07.10.2025 Lasst uns reden!

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04.10.2025 CLASSIC BRASS

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Gedanken zum Sonntag

14. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis, 21.09.2025

Liebe Mitchristen!

„Unser Weg durchs Konfirmanden-Jahr“ So hieß die Überschrift über das Bodenbild, das wir am letzten Mittwoch in unserer ersten Konfirmandenstunde auf dem Boden ausgelegt haben. Vor Euch neuen Konfirmanden liegt ein Weg, und ihr seid bereit, ihn zu gehen.

In der Bibel lesen wir auch von Menschen, die einen Weg vor sich hatten und ihn gegangen sind. So ist es auch in der Geschichte von Jakob in 1. Mose 28, 10-22. Jakob war unterwegs von Beerscheba nach Haran. Zu Fuß sind das über 700 Kilometer- ein sehr weiter Weg also. Warum hatte sich Jakob damals in der Bibel so einen weiten Weg vorgenommen? Jakob hatte keine andere Wahl. Zurück nach Hause konnte er nicht, denn er hatte seine Familie kaputt gemacht. Er hatte seinen Vater angelogen, und seine Mutter hatte ihm dabei geholfen. Mit seinen Lügen hatte Jakob es geschafft, dass der Vater ihn zum Erben erklärt hat, und nicht seinen älteren Bruder Esau, dem das Erbe eigentlich zugestanden hätte. Ja, sogar Gottes Segen hatte Jakob vom Vater zugesprochen bekommen- aber eben nur, weil der Vater ihn für Esau gehalten hatte.

Der Vater war eben schon alt und fast blind. So hatte er es nicht gemerkt, dass es in Wirklichkeit Jakob war, der da vor ihm stand. Und so hatte er Jakob alles versprochen, was eigentlich Esau zugestanden wäre: Das Erbe und den Segen. Als Esau dann zu seinem Vater kam und der Betrug von Jakob aufflog, da konnte der Vater sein Wort nicht mehr zurücknehmen. Er hatte das Erbe und den Segen eben schon Jakob zugesprochen. So ging Esau leer aus. Das war der Grund, warum Jakob unterwegs war: „Du musst hier weg!“ hatte die Mutter gesagt. „Dein Bruder Esau ist so wütend, dass er dich umbringen will!“ Die Mutter hatte für Jakob eilig ein paar Sachen zusammengepackt- Kleidung, Wasser und Proviant. Und eine Adresse hatte sie im gegeben- die von ihrem Bruder: „Onkel Laban wohnt in Haran. Zu ihm kannst du gehen. Er wird dich bei sich aufnehmen.“ So sagte sie zu Jakob.

Nun war Jakob also unterwegs zu Onkel Laban. 700 Kilometer entfernt wohnte der Onkel. Jakob war zu Fuß unterwegs. Der Weg war heiß und staubig. Jakob lief und lief. Irgendwann ging die Sonne unter. Ein Ort, wo man übernachten könnte, war nicht in Sicht. Jakob war müde. Am Wegesrand sah er einen großen Stein. Als Kopfkissen war der ziemlich hart. Aber Jakob legte seinen Kopf auf den Stein, um dort zu schlafen. Sicherlich konnte er nicht gleich einschlafen. Wenn er die Augen schloss, sah er seinen alten Vater vor sich, den er belogen hatte. Er spürte noch einmal in Gedanken, wie der Vater ihm die Hand aufgelegt hatte zum Segen und ihm das Erbe zugesprochen hatte. Was habe ich jetzt davon, dass ich meinen Vater betrogen habe, dachte Jakob. Das Erbe, das mir so wichtig war, kann ich jetzt wohl vergessen. Und der Segen von Gott, den mein Vater mir zugesprochen hat? Der war doch auch auf unrechtmäßige Weise erworben. Eigentlich wollte mein Vater ja Esau segnen. Aber jetzt könnte ich Gottes Segen wohl gebrauchen, denkt Jakob. Jetzt, wo ich hier unterwegs bin, ganz allein, auf einem Weg von 700 Kilometern. Ob Gott mich wohl begleitet auf diesem Weg?

Endlich schläft Jakob ein. Im Traum sieht er eine Leiter, die von der Erde bis zum Himmel reicht. Engel steigen auf der Leiter hinauf und herunter. Dazu hört Jakob Gottes Stimme. Gott sagt zu Jakob im Traum: „Siehe, ich bin bei dir und behüte dich überall, wohin du auch gehst.“ (1. Mose 28,15) Am nächsten Morgen wacht Jakob auf. Die quälenden Gedanken sind verschwunden. Jakob weiß jetzt: Gott begleitet mich auf meinem Weg- trotz allem, was ich im Leben falsch gemacht habe. Zur Erinnerung an seinen Traum stellt Jakob den Stein aufrecht hin, der ihm als Kopfkissen gedient hat. Wenn er irgendwann einmal von seinem Onkel wieder nach Hause zurückgehen kann, dann wird er an diesem Stein vorbeikommen und an Gott denken und ihm danken. So nimmt Jakob es sich vor. Der Stein ist für Jakob ein Erinnerungszeichen. Der Stein erinnert Jakob daran, dass Gott bei ihm ist auf seinem Weg.

Ich denke noch einmal an euch Konfirmanden, für die jetzt der Weg durchs Konfirmandenjahr beginnt. Auch auf eurem Weg durchs Konfirmandenjahr gibt es solche Erinnerungszeichen, die euch daran erinnern sollen, dass Gott bei euch ist. Einige davon standen am vergangenen Mittwoch im Konfirmandenunterricht auf dem Boden bei unserem Bodenbild. Einige davon möchte ich jetzt noch einmal mit euch anschauen:

Da ist die Kerze. Sie war gleich zweimal auf unserem Bodenbild- einmal schön verziert mit Wachs und einmal ohne Verzierungen. Die verzierte Kerze stand für die Konfirmandenkerzen, die wir bald miteinander basteln werden. Dann werden sie sonntags immer in der Kirche brennen, wenn ihr im Gottesdienst seid. Die andere, nicht verzierte Kerze stand beim Besuch beim Bestatter, den wir ebenfalls in diesem Konfirmandenjahr geplant haben. Aber ihr Konfirmanden hattet am Mittwoch sogar noch eine bessere Idee, wo man diese Kerze auf dem Bodenbild hinstellen könnte, zusammen mit dem Kreuz, das wir heute auch sehen und das auch so ein Erinnerungszeichen ist. Einer von euch Konfirmanden hat gesagt: Das Kreuz und die Kerze, das steht beides für Ostern. Ja, das stimmt. Denn Jesus Christus ist für uns gestorben und auferstanden. Deswegen sind das Kreuz und die Kerze ein Erinnerungszeichen für uns Christen. Diese beiden Symbole erinnern uns daran: Wir sind nicht allein auf unserem Weg. Jesus Christus begleitet uns durchs Leben, durch die Höhen und Tiefen. Zu Jesus Christus können wir beten. Er versteht und, denn er war ein Mensch wie wir. Er kann uns helfen, denn er ist Gottes Sohn.

An Jesus Christus dürfen wir uns wenden, auch wenn in unserem Leben viel schief gelaufen ist, so wie das bei Jakob in unserer biblischen Geschichte der Fall war. Jakob hat es erleben dürfen: Gottes Segen gilt für mich trotzdem weiter. Und wir dürfen uns darauf verlassen. Jesus Christus verlässt uns nicht. Er hat unsere Schuld auf sich genommen. Er ist freiwillig in den Tod gegangen und für uns am Kreuz gestorben. Ja, Gottes Segen und Gottes Wegbegleitung hört nie auf. Sie gilt auch über den Tod hinaus. Jesus Christus ist auferstanden von den Toten. Und so passt auch der Besuch beim Bestatter, der für das Konfirmandenjahr geplant ist, zum Kreuz und zu der Kerze.

Liebe Konfirmanden, unser Bodenbild am letzten Mittwoch im Konfirmandenunterricht endete mit der Konfirmation. Eure Konfirmation- das ist euer Ziel, jetzt am Anfang des Konfirmandenjahrs. Wenn ihr dort angekommen seid, habt ihr es geschafft. Dann seid ihr fertig mit dem Konfirmandenjahr. Aber der Weg des Glaubens hört damit noch lange nicht auf, auch wenn bei unserem Bodenbild am letzten Mittwoch hier Schluss war. Gott begleitet euch durchs Leben- jetzt in der Konfirmandenzeit und auch nach der Konfirmation. So wie Gott es in unserer biblischen Geschichte dem Jakob versprochen hat, so gilt Gottes Versprechen auch für euch auf eurem Lebensweg: „Siehe ich bin bei dir und behüte dich, wohin du auch gehst.“

Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Einladung zur öffentlichen KGR Sitzung

Donnerstag, 18. September 2025 im Gemeindesaal Wehingen

wehingen 

 


Herzlich laden wir zur Sitzung des Kirchengemeinderates ein               

am Donnerstag, 18.09.2025 um 19.30 Uhr im Gemeindesaal in Wehingen

Folgende Tagesordnung ist vorgesehen:

 

Öffentlicher Teil

Top 1

19:30 Uhr

Begrüßung

Andacht

Top 2

Festlegung und Ergänzung der Tagesordnung

Top 3

Öffentliches Protokoll der letzten Sitzung vom 25.07.2025

Top 4

 

 

 

 

 

 

a. Gemeindeleben: Mitteilungen und Anregungen

Ø   

b. Rückblick:

Ø  Gottesdienst im Grünen an der Skihütte 27.07.2025

Ø  Feuerwehrtermin am 05.09.2025

c. Ausblick:

Ø  Einladung zum Friedensgebet am Freitagabend, 19. September

Ø  Neuer Konfirmandenjahrgang, Konfirmandenvorstellung am 21.09.2025

Ø  Feuerwehrtermin am 27.09.2025

Ø  Konfi 3- Begrüßung 12.10.2025

Ø  Tischtennisturnier am 18.10.2025 – ab 16.00Uhr mit Grillen?

Ø  Erntedank mit Kirchkaffee 05.10.2025

Ø  Gemeindewanderung 19.10.2025 am Männersonntag

Ø  Gemeindemittagessen am 02.11.2025

Top 5

KGR-Dienste: Planung GD 2025 (Churchtools)

Kirchkaffee

Top 6

Bauausschuss:

Ø  Stand der Dinge Bauprojekt

Ø  Betriebsaufgabe Architekturbüro Bühler – mgl. Nachfolger: Planungsbüro für Bauprojekte GmbH Zappe

Top 7

Kindergarten

Ø  Übergabe der Trägerschaft an Tuttlingen – Stand der Dinge

Top 8

KGR-Wahlen:

Ø  Ortswahlausschuss 16.09.2025

Top 9

Finanzen

Ø  Schlussfinanzierungsplan Sakristeianbau

Ø  Schlussfinanzierungsplan Sanierung Kirchturm

Ø  Jahresabschluss 2024

Top 10

Distrikt & Bezirk

Ø  Delegiertenversammlung des Bezirksjugendwerks am 19.09.2025

Ø  Investitur von Dekan Dewitz am 12.10.2025 in Rottweil

Top 11

Verschiedenes

Ø  Versicherung von Dienstfahrten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer                                 Wolfgang Klein, 2. Vorsitzender des KGR

 

 

 

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Über den Kirchturm hinaus

19.09.2025 Ökumenisches Friedensgebet

Friedensgebet Sept.25.jpg
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Über den Kirchturm hinaus

24.08.2025 Israelsonntag

Gottesdienst zum Israelsonntag am 24. August um 09.30 Uhr in der Predigerkirche

Der jährliche Israelsonntag in der evangelischen Kirche ist immer elf Wochen nach Pfingsten und soll die christliche Gemeinde an Israel erinnern. Im Kirchenjahr der Evangelischen Kirche in Deutschland hat das Fest insbesondere das besondere Verhältnis zwischen Christen und Juden zum Thema. In der Schweiz und in der römisch-katholischen Kirche nennt der Sonntag sich „Dies judaicus“.  Die Liturgie steht seit 2018 unter der Überschrift ‚Christen und Juden – Freude an Israel‘. Pfarrer Andreas Wiedenmann und seine Band möchten an diesem Tag mit der Gemeinde in der Predigerkirche Rottweil am 24. August um 9.30 Uhr einige wichtige jüdische, hebräische, neuhebräische und deutsche Lieder aus dem Evangelischen Gesangbuch und aus dem neuen Liederbuch „Wo wir doch loben, wachsen neue Lieder – plus“ (München 2018) der Gemeinde vorstellen und dann zum gemeinsamen Singen anleiten. 

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Gedanken zum Sonntag

7. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis, 3. August 2025

Liebe Mitchristen!

„Ich bin das Brot des Lebens,“ sagt Jesus in unserem Predigttext (Joh 6,30-35). Einen Tag zuvor hatte Jesus 5.000 Menschen satt gemacht, obwohl nur fünf Brote und zwei Fische da waren. „Ich bin das Brot des Lebens.“ Jesus sagt diese Worte zu Menschen, die Hunger haben: Menschen sind hungrig. Sie haben Mangel. Es fehlt ihnen an Nahrung, an Wasser. Sie suchen, sie fragen. Und sie hören: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“

In unserem Gottesdienst erbitten wir heute eine Spende für unser Weltmissionsprojekt im Sudan und Südsudan. Der fortschreitende Klimawandel verschärft die ohnehin schwierigen Lebensbedingungen in diesen Ländern. Der EJW-Weltdienst ermöglicht Menschen im Sudan und Südsudan den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das ist nicht nur lebenswichtige Grundlage, sondern verbessert die Hygiene und hilft Krankheiten zu vermeiden. Mit IAS (International Aid Service), dem Partner unseres Weltmissionsprojekts vor Ort, werden Brunnen gebohrt, Hand und Solar-Pumpen installiert und Hygieneschulungen durchgeführt. Neben den Brunnen werden christliche Gemeinden unterstützt und Schulen mitfinanziert. Die Mitarbeiter vor Ort tun ihre Arbeit aus der tiefen Überzeugung heraus, dass es unser Auftrag ist, Gottes Liebe

an andere Menschen in Wort und Tat weiterzugeben.

 

Auch für Theresa, eine junge Frau aus dem Sudan, haben sich so die Lebensbedingungen verbessert:  Theresa sucht sich einen Schattenplatz. Jetzt am Morgen ist die Sonne noch erträglich, im Lauf des Tages wird sie die Erde und die Luft aufheizen, im Sommer nicht selten auf 50 °C. Gerade kommt sie vom Wasserholen zurück. Für ihre Familie braucht sie 40 Liter Wasser für einen Tag. Die vollen Kanister vom Brunnen zu holen, ist zwar immer noch anstrengend, aber seit es den neuen Brunnen im Dorf gibt, ist es kein Vergleich mehr zu früher! Damals war die nächste Quelle einige Kilometer entfernt. Jetzt ist es sogar möglich, dass sie abends noch mal Wasser holt, um ihr jüngstes Kind zu baden.

 

Menschen brauchen Wasser. Menschen brauchen Nahrung. Auch in unserem Land ist die Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten für viele keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Herausforderung. Menschen mit wenig Geld können sich die Lebensmittel im Supermarkt oft kaum leisten. Tafelläden lindern diese Not. Dort können arme Menschen zu vergünstigten Preisen einkaufen. Auch wir als Kirchengemeinde sammeln Spenden für den Tafelladen in Trossingen, die immer donnerstagnachmittags und montagvormittags im Pfarramt abgegeben werden können- jetzt im Sommer noch bis 11. August. Dann macht der Tafelladen Sommerpause, und die Spenden werden erst wieder am 8. September abgeholt. Auch Supermärkte beliefern den Tafelladen- mit Lebensmitteln, die nur noch ein sehr kurzes Mindesthaltbarkeitsdatum haben, aber trotzdem noch genießbar sind. Nicht alle dieser Lebensmittel landen allerdings im Tafelladen. Viele werden auch einfach weggeworfen- nicht nur aus den Kühlschränken der Supermärkte, auch aus unseren heimischen Kühlschränken.

 

Was sind unsere Lebensmittel uns wert- unser tägliches Brot? Von einem englischen Journalist wird erzählt, er habe sich mit einem Laib Brot an belebte Straßenecken verschiedener Städte gestellt. Er forderte die Passanten auf, für dieses Brot eine Stunde zu arbeiten. In Hamburg wurde er ausgelacht, in New York von der Polizei festgenommen. Im afrikanischen Lagos wahren mehrere Personen bereit, für dieses Brot drei Stunden zu arbeiten. Im indischen Delhi hatten sich rasch hundert Personen angesammelt. Sie wollten für dieses Brot einen ganzen Tag arbeiten.

 

Brot haben- zu Essen, zu Trinken, ein Dach über dem Kopf- das sind die menschlichen Grundbedürfnisse. Wir haben das alles, ja die meisten von uns kennen es nicht anders. Gott sei Dank hat es schon lange keine Kriegs- und Hungerzeiten mehr gegeben in unserem Land. Vieles davon nehmen wir für selbstverständlich: Brot- das wesentliche Lebensmittel, das wir oft so gering schätzen. Und doch: Menschen sind hungrig. Hungrig nach mehr als nur nach Brot. Das ist nicht nur bei uns so. Das war auch schon bei den Menschen zur Zeit Jesu so- obwohl die den Hunger nach Brot besser gekannt haben. Trotzdem sind sie Jesus in diese einsame Gegend am anderen Ufer des Sees Tiberias gefolgt, wo es nichts zu essen gab (Joh 6). Warum? Weil sie Hunger nach mehr hatten als nur nach Brot. Denn nicht nur der Körper braucht Verpflegung, sondern auch die Seele.

 

Nahrung für die Seele- wo finden wir sie? Wir finden sie in Veranstaltungen, wo wir zusammenkommen und unseren Glauben feiern. Ich denke an den ökumenischen Gottesdienst an Pfingstmontag. Oder an das Zeltlager mit den Konfirmanden, auf dem ich vor einigen Wochen war: Zusammen mit 200 anderen Konfirmanden und Mitarbeitern haben wir dieses Wochenende verbracht. Ein Wochenende mit Spiel und Spaß, mit Gebet und Gesang. Ich bin sicher, es wird allen, die dabei waren, in Erinnerung bleiben. Ein Wochenende voller Begegnungen. Begegnungen mit anderen Menschen, Begegnungen mit Gott. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung,“ sagt Martin Buber.

 

Der Hunger will gestillt sein- nicht nur der Hunger nach Brot. Auch der andere, tiefere Hunger, der Hunger nach Leben- nach wirklichem, erfülltem Leben. „„Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Es ist ein großes Versprechen, das Jesus hier gibt. Ein Versprechen, das uns allen gilt in unseren Hungerzeiten. Ja, manchmal geht es uns so wie den Menschen dort bei Jesus: Da war dieser eine großartige Tag- ein Gottesdienst wie der am Pfingstmontag, oder ein Wochenende wie das Zeltlager mit den Konfirmanden. Und dann am nächsten Tag? Alles geht so weiter, als ob nichts gewesen wäre. Was ist jetzt mit meinem Hunger nach Leben, nach Sinn? „Wir brauchen wieder so ein Wunder wie gestern, als alle Menschen bei dir satt geworden sind, Jesus!“ sagen die Menschen. „Immer wollen wir satt sein. Nie wieder Hunger haben.“ Jesus verspricht ihnen das nicht. Wir haben keinen Anspruch auf ein langes Leben ohne Hunger, Krankheit und Leid.

 

Bevor ich nach Wehingen kam, war ich Pfarrerin in Haigerloch. Dort gab es vor dem 2. Weltkrieg eine größere jüdische Gemeinde. Ein Geschäftsmann aus Haigerloch erzählte mir von folgender Begegnung: Er war beruflich viel auf Messen unterwegs und kam dort mit internationalen Kunden in Kontakt. Einmal kam er in diesem Zusammenhang mit einem Kunden ins Gespräch, der ein frommer Jude war. Dieser Jude kannte Haigerloch, und so kamen die beiden Männer ins Gespräch über das schreckliche Schicksal der Juden in Nazi-Deutschland. „Manchmal zweifelt man an Gottes Güte,“ sagte der Geschäftsmann. Sein jüdischer Kunde antwortete ihm: „Nein, an Gottes Güte kann man nie zweifeln. Jeder Tag, den man leben darf, ist ein Geschenk Gottes, ein Grund, Gott zu danken.“ Diese Antwort hat den Geschäftsmann beeindruckt.

 

Nicht für immer satt sein an Leib und Seele, nie mehr Hunger und Entbehrung- nicht das verspricht uns Jesus Christus. Er lehrt uns zu beten: Unser tägliches Brot gib uns heute. Nur für den heutigen Tag sollen wir bitten, nicht für morgen. Aber Jesus Christus verspricht uns: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Jesus Christus verspricht: Er macht uns satt. Er gibt uns, was wir brauchen. Nicht immer sofort und nicht immer so, wie wir denken. Aber immer genug. Er legt uns nicht mehr auf, als wir tragen können.

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag

8. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis, 10. August 2025 (nach einer Vorlage von Claudia Neuguth)

 

Liebe Mitchristen!

 

Heute ist ein schöner, sonniger Sommersonntag. Was werden Sie heute noch machen an diesem Tag? Vielleicht die Koffer packen, weil es morgen in den Urlaub geht? Oder vollends alles vorbereiten für das Grillen heute Abend? Bestimmt auf jeden Fall die Beine hochlegen auf dem Balkon oder im Liegestuhl im Garten. Vielleicht auch noch die Nachrichten sehen oder lesen? Oder doch lieber nicht- denn dann sind sie wieder da, die Bilder. Während hier – Gott sei Dank! die Menschen den Sommer genießen können, fliegen anderen Kugeln um die Ohren, laufen andere um ihr Leben, stürzen Gebäude und Träume ein, fehlt es an Wasser und Brot, nehmen andere schon wieder Abschied von denen, die sie lieben. In diesen sonnigen und friedlichen Sommertag hinein brechen die Bilder aus den Nachrichten. Kaum zu glauben, wie sich die Welt in den letzten Monaten und Jahren verändert hat: Zeitenwende sagen wir dazu.

 

Eigentlich möchte ich sie gerne wegschieben, diese Zeitenwende. Ich möchte vergessen, wie viel Grauen sich in unserer Welt ereignet- in der Ukraine, im Gazastreifen und an so viel anderen Orten. Ich möchte von diesen schlechten Nachrichten auch mal Urlaub haben: Mal eine Auszeit von der Angst, dass Krieg auch in unserem Land wieder zur Realität werden könnte. Aber die Nachrichten sind da. Die Bilder von Krieg und Zerstörung bleiben in meinem Gedächtnis. Die Glocke von Hiroshima, die daran erinnert, welches Grauen Atomwaffen anrichten, gellt in meinen Ohren.

 

In dieser Zeit der Zeitenwende, in der die Atomwaffenverträge auslaufen und nicht erneuert werden, in der wir in Europa wieder diskutieren über Verteidigungshaushalt und Wehrpflicht und in der Abermilliarden in die Rüstung fließen- in dieser Zeit lese ich den Predigttext aus dem Jesajabuch: „Am Ende der Tage wird der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen. Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!“ (Jesaja 2, 2-5)

 

„Am Ende der Tage“ übersetzt Martin Luther und lässt an Zeiten denken, die in dieser Welt, die wir kennen, nicht mehr erreicht werden können. Das Wort, das im hebräischen Text steht, kann aber auch anders übersetzt werden: „Später“ kann man zum Beispiel auch übersetzen. Das bedeutet dann: Nicht heute, aber irgendwann in der Zeit. Nach den Tagen. Das hebräische Wort, das da im Text steht, kann auch „hinter“ meinen- also nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine räumliche Bedeutung haben. Warum „hinter“? Wie passt das in den Zusammenhang? Es hat damit zu tun, dass nach damaliger Vorstellung die Zukunft im Rücken liegt: „Hinter den Tagen“- oder noch genauer: „Auf der Rückseite der Tage“. Diese Übersetzungsmöglichkeit hilft mir, den Text für heute zu verstehen. Die Vorderseite der Tage- das ist das, was wir sehen und vor Augen haben- damals zur Zeit des Propheten Jesaja genauso wie heute: Wir sehen Kriege und Auseinandersetzungen, die Menschenleben und Ressourcen kosten. Wir sehen Heimats- und Identitätsverlust, den Menschen durchmachen. Aber „hinter den Tagen“ liegt eine andere Realität, die wie durch einen Riss hineinblitzt.

 

Mit dem Propheten Jesaja will ich durch diesen Riss schauen. Wenn ich mich darauf einlasse, dann sehe ich Menschen unterschiedlicher Nationen, die zum Zion kommen, der deshalb groß ist, weil Gott da ist. Diese Menschen legen ihre Waffen nieder- nicht wegen eines willkürlichen Befehls, sondern weil sie sie nicht mehr brauchen, weil ihnen Gerechtigkeit getan wird. Langsam, Schlag auf Schlag, wird das Schwert zum landwirtschaftlichen Gerät. Nicht nur Abrüstung, sondern Umrüstung ist das Ergebnis. Kräfte werden frei und Ressourcen können in eine gute Zukunft investiert werden. Hinter den sichtbaren Tagen von Krieg und Unsicherheit liegen diese anderen Tage, von denen die Vision des Propheten Jesaja erzählt. Es ist radikal, was dieser Prophet erzählt. Es trifft die Menschen an der Wurzel ihrer Überzeugung. Viele werden auch damals schon die Köpfe geschüttelt und Jesaja für naiv erklärt haben. Viele werden damals schon abgewunken und gesagt haben: Hier, unter Menschen, ist das sowieso nicht möglich. Aber damals wie heute gab und gibt es Menschen, die voller Hoffnung durch den Riss geblickt und gesagt haben: So kann es auch sein; ja so soll es sein! Menschen, die sich dann die Hände gerieben und die Aufgaben angepackt haben, die vor ihnen liegen auf dem Weg dorthin.

 

Angesichts der Schrecken und Verbrechen des 20. Jahrhunderts haben die Menschen sich auch die Hände gerieben und angepackt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde die UNO gegründet, mit dem erklärten Ziel der Wahrung des Weltfriedens und der Verständigung zwischen den Völkern. Und obwohl es immer wieder auch zu Brüchen kam, erzählt dieses erklärte Ziel von einer gemeinsamen Vision: So soll es sein. Im Garten des UNO-Hauptquartiers wird der Vision des Jesaja gedacht. Dort steht die Statue vom Schmied, der ein Schwert zu einer Pflugschar umarbeitet. 1959 hat die Sowjetunion der UNO dieses Werk von Jewgeni Wutschetisch geschenkt. Ausgerechnet die Sowjetunion, möchte man angesichts der Aggressivität des Nachfolgestaats sagen. Und ich denke, gerade deshalb ist es gut, dies nicht zu vergessen.

 

Wir wollen nicht vergessen, wie Menschen aus allen Nationen durch den Riss in die anderen Tage geblickt haben. Menschen, die geglaubt haben, dass es möglich ist, dass die Menschen im gerechten Frieden miteinander leben und die globalen Aufgaben gemeinsam anpacken. Viele fanden die Kraft für ihre Überzeugung in dem Glauben, dass Gott den Frieden will für die Menschen auf dieser Welt. Viele haben gehofft, dass dieser Riss immer größer und größer wird- bis das, was heute noch dahinter liegt, „auf der Rückseite der Tage“, eines Tages Realität ist. Ein Weg für Menschen mit langem Atem. Aber ein Weg in eine gute Richtung.

 

Doch jetzt hat auch Europa erreicht, was für viele Menschen auf der Welt schon lange bittere Wahrheit ist: Der Riss, der den Blick auf eine Gesellschaft in Frieden zeigt, scheint sich zu schließen. Das Bild der Friedensvision wird immer kleiner. Immer weniger Menschen gelingt es, diese Friedensvision zu sehen. Immer größer wird der Einfluss der Kopfschüttler über so viel Naivität; immer lauter die Stimmen derer, die die Friedensvision für dumm oder sogar gefährlich halten. Immer weniger Menschen wagen es, die Überzeugung in Frage zu stellen, dass die Welt eben so ist und dass der Krieg eben zum Menschen gehört und im Zweifel eine legitime Form ist, seine eigenen Interessen durchzusetzen.

 

Ich denke an Jesus Christus. Er war in seiner Zeit selbst so eine radikale Stimme, die scheinbar Selbstverständliches in Frage gestellt hat. Und er ist es noch heute. Das Bild vom Friedensreich, das durch Gottes Gerechtigkeit wächst, hatte er nicht nur als Bild „hinter den Tagen“ vor Augen. Er trug es in seinem Herzen und in seine Gegenwart: „Selig sind, die Frieden stiften!“ (Matthäus 5, 9) Viele werden ihn belächelt haben in seiner Zeit und tun es noch heute. Viele werden ihn gefürchtet haben in seiner Zeit und tun es noch heute. Denn er hat mit seiner Botschaft die Machtstrukturen hinterfragt und angegriffen. Damals haben sie ihn getötet deswegen.

 

„Selig sind, die Frieden stiften!“ Das sind Worte aus der Bergpredigt. „Bergpredigt“, das lässt etwas davon ahnen, dass dort eine besondere Gottesnähe zu spüren war. „Ihr seid das Salz der Erde“ und „Ihr seid das Licht der Welt“ sagte Jesus auch dort auf dem Berg (Matthäus 5, 13-14) Wenn wir diese Worte heute hören, dann stehen wir in seiner Nachfolge. Wir haben eine besondere Aufgabe: „Ihr seid das Salz der Erde.“ „Ihr seid das Licht der Welt.“ Ihr könnt die Welt verändern und sollt es tun. Ihr sollt dabei helfen, den Frieden, den Gott versprochen hat, in die Welt zu bringen. Denn ihr wisst von der Rückseite der Tage. Ihr kennt das Versprechen, das zu sehen ist, wenn man durch den Riss dieser Realität blickt: „Hinter den Tagen“ ist Gottes Friedensreich- und es will und wird kommen. Haltet die Bilder wach. Setzt euch ein dafür, dass der Riss größer wird. Helft Menschen, ihn zu sehen. Wer, wenn nicht ihr sollte es tun? Denn ihr seid das Licht der Welt! Ihr seid das Salz der Erde!

 

Heute ist ein Sommertag in einer Welt, in der es an vielen Stellen brennt. Irgendwo kommt gerade in diesem Moment jemand um, weil er an einer Front kämpft. Ganz in der Nähe wird gerade geplant, welche Waffen mit welchen Fähigkeiten beschafft werden müssen. Es werden in diesem Moment Menschen ausgebildet, die diese Waffen bedienen. In der direkten Nachbarschaft schimpft gerade jemand über „die da oben“, und in der eigenen Familie können Tante und Onkel seit Jahren nicht an einem Tisch sitzen, ohne bis aufs Blut miteinander zu streiten.

 

Das ist scheinbar die Realität dieser Tage. Und dahinter gibt es die andere, das Friedensreich. Und manchmal reißt was auf, und es ist zu sehen: Da ist einer mutig am Stammtisch und erinnert daran, dass „die da oben“ auch nur Menschen sind, die sich einsetzen. Da lädt eine doch die alte Nachbarin zum Grillen ein, die ganz verbittert ist in ihrer Einsamkeit. Da entscheidet sich eine für den teuren, aber fairen Kaffee, weil er dabei hilft, dass Menschen gerecht bezahlt werden. Lassen wir uns einladen, durch diesen Riss in eine andere Realität zu blicken. Halten wir uns diese Perspektive offen. Arbeiten wir am Frieden. Dann sind wir das Salz der Erde und das Licht der Welt.

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer

 

 

 

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Gedanken zum Sonntag

Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis

Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis, 10. August 2025 (nach einer Vorlage von Claudia Neuguth)


Liebe Mitchristen!


Heute ist ein schöner, sonniger Sommersonntag. Was werden Sie heute noch machen an diesem Tag? Vielleicht die Koffer packen, weil es morgen in den Urlaub geht? Oder vollends alles vorbereiten für das Grillen heute Abend? Bestimmt auf jeden Fall die Beine hochlegen auf dem Balkon oder im Liegestuhl im Garten. Vielleicht auch noch die Nachrichten sehen oder lesen? Oder doch lieber nicht- denn dann sind sie wieder da, die Bilder. Während hier – Gott sei Dank! die Menschen den Sommer genießen können, fliegen anderen Kugeln um die Ohren, laufen andere um ihr Leben, stürzen Gebäude und Träume ein, fehlt es an Wasser und Brot, nehmen andere schon wieder Abschied von denen, die sie lieben. In diesen sonnigen und friedlichen Sommertag hinein brechen die Bilder aus den Nachrichten. Kaum zu glauben, wie sich die Welt in den letzten Monaten und Jahren verändert hat: Zeitenwende sagen wir dazu. 


Eigentlich möchte ich sie gerne wegschieben, diese Zeitenwende. Ich möchte vergessen, wie viel Grauen sich in unserer Welt ereignet- in der Ukraine, im Gazastreifen und an so viel anderen Orten. Ich möchte von diesen schlechten Nachrichten auch mal Urlaub haben: Mal eine Auszeit von der Angst, dass Krieg auch in unserem Land wieder zur Realität werden könnte. Aber die Nachrichten sind da. Die Bilder von Krieg und Zerstörung bleiben in meinem Gedächtnis. Die Glocke von Hiroshima, die daran erinnert, welches Grauen Atomwaffen anrichten, gellt in meinen Ohren.


In dieser Zeit der Zeitenwende, in der die Atomwaffenverträge auslaufen und nicht erneuert werden, in der wir in Europa wieder diskutieren über Verteidigungshaushalt und Wehrpflicht und in der Abermilliarden in die Rüstung fließen- in dieser Zeit lese ich den Predigttext aus dem Jesajabuch: „Am Ende der Tage wird der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen. Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!“ (Jesaja 2, 2-5)


„Am Ende der Tage“ übersetzt Martin Luther und lässt an Zeiten denken, die in dieser Welt, die wir kennen, nicht mehr erreicht werden können. Das Wort, das im hebräischen Text steht, kann aber auch anders übersetzt werden: „Später“ kann man zum Beispiel auch übersetzen. Das bedeutet dann: Nicht heute, aber irgendwann in der Zeit. Nach den Tagen. Das hebräische Wort, das da im Text steht, kann auch „hinter“ meinen- also nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine räumliche Bedeutung haben. Warum „hinter“? Wie passt das in den Zusammenhang? Es hat damit zu tun, dass nach damaliger Vorstellung die Zukunft im Rücken liegt: „Hinter den Tagen“- oder noch genauer: „Auf der Rückseite der Tage“. Diese Übersetzungsmöglichkeit hilft mir, den Text für heute zu verstehen. Die Vorderseite der Tage- das ist das, was wir sehen und vor Augen haben- damals zur Zeit des Propheten Jesaja genauso wie heute: Wir sehen Kriege und Auseinandersetzungen, die Menschenleben und Ressourcen kosten. Wir sehen Heimats- und Identitätsverlust, den Menschen durchmachen. Aber „hinter den Tagen“ liegt eine andere Realität, die wie durch einen Riss hineinblitzt.


Mit dem Propheten Jesaja will ich durch diesen Riss schauen. Wenn ich mich darauf einlasse, dann sehe ich Menschen unterschiedlicher Nationen, die zum Zion kommen, der deshalb groß ist, weil Gott da ist. Diese Menschen legen ihre Waffen nieder- nicht wegen eines willkürlichen Befehls, sondern weil sie sie nicht mehr brauchen, weil ihnen Gerechtigkeit getan wird. Langsam, Schlag auf Schlag, wird das Schwert zum landwirtschaftlichen Gerät. Nicht nur Abrüstung, sondern Umrüstung ist das Ergebnis. Kräfte werden frei und Ressourcen können in eine gute Zukunft investiert werden. Hinter den sichtbaren Tagen von Krieg und Unsicherheit liegen diese anderen Tage, von denen die Vision des Propheten Jesaja erzählt. Es ist radikal, was dieser Prophet erzählt. Es trifft die Menschen an der Wurzel ihrer Überzeugung. Viele werden auch damals schon die Köpfe geschüttelt und Jesaja für naiv erklärt haben. Viele werden damals schon abgewunken und gesagt haben: Hier, unter Menschen, ist das sowieso nicht möglich. Aber damals wie heute gab und gibt es Menschen, die voller Hoffnung durch den Riss geblickt und gesagt haben: So kann es auch sein; ja so soll es sein! Menschen, die sich dann die Hände gerieben und die Aufgaben angepackt haben, die vor ihnen liegen auf dem Weg dorthin. 


Angesichts der Schrecken und Verbrechen des 20. Jahrhunderts haben die Menschen sich auch die Hände gerieben und angepackt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde die UNO gegründet, mit dem erklärten Ziel der Wahrung des Weltfriedens und der Verständigung zwischen den Völkern. Und obwohl es immer wieder auch zu Brüchen kam, erzählt dieses erklärte Ziel von einer gemeinsamen Vision: So soll es sein. Im Garten des UNO-Hauptquartiers wird der Vision des Jesaja gedacht. Dort steht die Statue vom Schmied, der ein Schwert zu einer Pflugschar umarbeitet. 1959 hat die Sowjetunion der UNO dieses Werk von Jewgeni Wutschetisch geschenkt. Ausgerechnet die Sowjetunion, möchte man angesichts der Aggressivität des Nachfolgestaats sagen. Und ich denke, gerade deshalb ist es gut, dies nicht zu vergessen. 


Wir wollen nicht vergessen, wie Menschen aus allen Nationen durch den Riss in die anderen Tage geblickt haben. Menschen, die geglaubt haben, dass es möglich ist, dass die Menschen im gerechten Frieden miteinander leben und die globalen Aufgaben gemeinsam anpacken. Viele fanden die Kraft für ihre Überzeugung in dem Glauben, dass Gott den Frieden will für die Menschen auf dieser Welt. Viele haben gehofft, dass dieser Riss immer größer und größer wird- bis das, was heute noch dahinter liegt, „auf der Rückseite der Tage“, eines Tages Realität ist. Ein Weg für Menschen mit langem Atem. Aber ein Weg in eine gute Richtung. 


Doch jetzt hat auch Europa erreicht, was für viele Menschen auf der Welt schon lange bittere Wahrheit ist: Der Riss, der den Blick auf eine Gesellschaft in Frieden zeigt, scheint sich zu schließen. Das Bild der Friedensvision wird immer kleiner. Immer weniger Menschen gelingt es, diese Friedensvision zu sehen. Immer größer wird der Einfluss der Kopfschüttler über so viel Naivität; immer lauter die Stimmen derer, die die Friedensvision für dumm oder sogar gefährlich halten. Immer weniger Menschen wagen es, die Überzeugung in Frage zu stellen, dass die Welt eben so ist und dass der Krieg eben zum Menschen gehört und im Zweifel eine legitime Form ist, seine eigenen Interessen durchzusetzen.


Ich denke an Jesus Christus. Er war in seiner Zeit selbst so eine radikale Stimme, die scheinbar Selbstverständliches in Frage gestellt hat. Und er ist es noch heute. Das Bild vom Friedensreich, das durch Gottes Gerechtigkeit wächst, hatte er nicht nur als Bild „hinter den Tagen“ vor Augen. Er trug es in seinem Herzen und in seine Gegenwart: „Selig sind, die Frieden stiften!“ (Matthäus 5, 9) Viele werden ihn belächelt haben in seiner Zeit und tun es noch heute. Viele werden ihn gefürchtet haben in seiner Zeit und tun es noch heute. Denn er hat mit seiner Botschaft die Machtstrukturen hinterfragt und angegriffen. Damals haben sie ihn getötet deswegen. 


„Selig sind, die Frieden stiften!“ Das sind Worte aus der Bergpredigt. „Bergpredigt“, das lässt etwas davon ahnen, dass dort eine besondere Gottesnähe zu spüren war. „Ihr seid das Salz der Erde“ und „Ihr seid das Licht der Welt“ sagte Jesus auch dort auf dem Berg (Matthäus 5, 13-14) Wenn wir diese Worte heute hören, dann stehen wir in seiner Nachfolge. Wir haben eine besondere Aufgabe: „Ihr seid das Salz der Erde.“ „Ihr seid das Licht der Welt.“ Ihr könnt die Welt verändern und sollt es tun. Ihr sollt dabei helfen, den Frieden, den Gott versprochen hat, in die Welt zu bringen. Denn ihr wisst von der Rückseite der Tage. Ihr kennt das Versprechen, das zu sehen ist, wenn man durch den Riss dieser Realität blickt: „Hinter den Tagen“ ist Gottes Friedensreich- und es will und wird kommen. Haltet die Bilder wach. Setzt euch ein dafür, dass der Riss größer wird. Helft Menschen, ihn zu sehen. Wer, wenn nicht ihr sollte es tun? Denn ihr seid das Licht der Welt! Ihr seid das Salz der Erde! 


Heute ist ein Sommertag in einer Welt, in der es an vielen Stellen brennt. Irgendwo kommt gerade in diesem Moment jemand um, weil er an einer Front kämpft. Ganz in der Nähe wird gerade geplant, welche Waffen mit welchen Fähigkeiten beschafft werden müssen. Es werden in diesem Moment Menschen ausgebildet, die diese Waffen bedienen. In der direkten Nachbarschaft schimpft gerade jemand über „die da oben“, und in der eigenen Familie können Tante und Onkel seit Jahren nicht an einem Tisch sitzen, ohne bis aufs Blut miteinander zu streiten. 


Das ist scheinbar die Realität dieser Tage. Und dahinter gibt es die andere, das Friedensreich. Und manchmal reißt was auf, und es ist zu sehen: Da ist einer mutig am Stammtisch und erinnert daran, dass „die da oben“ auch nur Menschen sind, die sich einsetzen. Da lädt eine doch die alte Nachbarin zum Grillen ein, die ganz verbittert ist in ihrer Einsamkeit. Da entscheidet sich eine für den teuren, aber fairen Kaffee, weil er dabei hilft, dass Menschen gerecht bezahlt werden. Lassen wir uns einladen, durch diesen Riss in eine andere Realität zu blicken. Halten wir uns diese Perspektive offen. Arbeiten wir am Frieden. Dann sind wir das Salz der Erde und das Licht der Welt. 


Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer