Predigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis, 21.09.2025
Liebe Mitchristen!
„Unser Weg durchs Konfirmanden-Jahr“ So hieß die Überschrift über das Bodenbild, das wir am letzten Mittwoch in unserer ersten Konfirmandenstunde auf dem Boden ausgelegt haben. Vor Euch neuen Konfirmanden liegt ein Weg, und ihr seid bereit, ihn zu gehen.
In der Bibel lesen wir auch von Menschen, die einen Weg vor sich hatten und ihn gegangen sind. So ist es auch in der Geschichte von Jakob in 1. Mose 28, 10-22. Jakob war unterwegs von Beerscheba nach Haran. Zu Fuß sind das über 700 Kilometer- ein sehr weiter Weg also. Warum hatte sich Jakob damals in der Bibel so einen weiten Weg vorgenommen? Jakob hatte keine andere Wahl. Zurück nach Hause konnte er nicht, denn er hatte seine Familie kaputt gemacht. Er hatte seinen Vater angelogen, und seine Mutter hatte ihm dabei geholfen. Mit seinen Lügen hatte Jakob es geschafft, dass der Vater ihn zum Erben erklärt hat, und nicht seinen älteren Bruder Esau, dem das Erbe eigentlich zugestanden hätte. Ja, sogar Gottes Segen hatte Jakob vom Vater zugesprochen bekommen- aber eben nur, weil der Vater ihn für Esau gehalten hatte.
Der Vater war eben schon alt und fast blind. So hatte er es nicht gemerkt, dass es in Wirklichkeit Jakob war, der da vor ihm stand. Und so hatte er Jakob alles versprochen, was eigentlich Esau zugestanden wäre: Das Erbe und den Segen. Als Esau dann zu seinem Vater kam und der Betrug von Jakob aufflog, da konnte der Vater sein Wort nicht mehr zurücknehmen. Er hatte das Erbe und den Segen eben schon Jakob zugesprochen. So ging Esau leer aus. Das war der Grund, warum Jakob unterwegs war: „Du musst hier weg!“ hatte die Mutter gesagt. „Dein Bruder Esau ist so wütend, dass er dich umbringen will!“ Die Mutter hatte für Jakob eilig ein paar Sachen zusammengepackt- Kleidung, Wasser und Proviant. Und eine Adresse hatte sie im gegeben- die von ihrem Bruder: „Onkel Laban wohnt in Haran. Zu ihm kannst du gehen. Er wird dich bei sich aufnehmen.“ So sagte sie zu Jakob.
Nun war Jakob also unterwegs zu Onkel Laban. 700 Kilometer entfernt wohnte der Onkel. Jakob war zu Fuß unterwegs. Der Weg war heiß und staubig. Jakob lief und lief. Irgendwann ging die Sonne unter. Ein Ort, wo man übernachten könnte, war nicht in Sicht. Jakob war müde. Am Wegesrand sah er einen großen Stein. Als Kopfkissen war der ziemlich hart. Aber Jakob legte seinen Kopf auf den Stein, um dort zu schlafen. Sicherlich konnte er nicht gleich einschlafen. Wenn er die Augen schloss, sah er seinen alten Vater vor sich, den er belogen hatte. Er spürte noch einmal in Gedanken, wie der Vater ihm die Hand aufgelegt hatte zum Segen und ihm das Erbe zugesprochen hatte. Was habe ich jetzt davon, dass ich meinen Vater betrogen habe, dachte Jakob. Das Erbe, das mir so wichtig war, kann ich jetzt wohl vergessen. Und der Segen von Gott, den mein Vater mir zugesprochen hat? Der war doch auch auf unrechtmäßige Weise erworben. Eigentlich wollte mein Vater ja Esau segnen. Aber jetzt könnte ich Gottes Segen wohl gebrauchen, denkt Jakob. Jetzt, wo ich hier unterwegs bin, ganz allein, auf einem Weg von 700 Kilometern. Ob Gott mich wohl begleitet auf diesem Weg?
Endlich schläft Jakob ein. Im Traum sieht er eine Leiter, die von der Erde bis zum Himmel reicht. Engel steigen auf der Leiter hinauf und herunter. Dazu hört Jakob Gottes Stimme. Gott sagt zu Jakob im Traum: „Siehe, ich bin bei dir und behüte dich überall, wohin du auch gehst.“ (1. Mose 28,15) Am nächsten Morgen wacht Jakob auf. Die quälenden Gedanken sind verschwunden. Jakob weiß jetzt: Gott begleitet mich auf meinem Weg- trotz allem, was ich im Leben falsch gemacht habe. Zur Erinnerung an seinen Traum stellt Jakob den Stein aufrecht hin, der ihm als Kopfkissen gedient hat. Wenn er irgendwann einmal von seinem Onkel wieder nach Hause zurückgehen kann, dann wird er an diesem Stein vorbeikommen und an Gott denken und ihm danken. So nimmt Jakob es sich vor. Der Stein ist für Jakob ein Erinnerungszeichen. Der Stein erinnert Jakob daran, dass Gott bei ihm ist auf seinem Weg.
Ich denke noch einmal an euch Konfirmanden, für die jetzt der Weg durchs Konfirmandenjahr beginnt. Auch auf eurem Weg durchs Konfirmandenjahr gibt es solche Erinnerungszeichen, die euch daran erinnern sollen, dass Gott bei euch ist. Einige davon standen am vergangenen Mittwoch im Konfirmandenunterricht auf dem Boden bei unserem Bodenbild. Einige davon möchte ich jetzt noch einmal mit euch anschauen:
Da ist die Kerze. Sie war gleich zweimal auf unserem Bodenbild- einmal schön verziert mit Wachs und einmal ohne Verzierungen. Die verzierte Kerze stand für die Konfirmandenkerzen, die wir bald miteinander basteln werden. Dann werden sie sonntags immer in der Kirche brennen, wenn ihr im Gottesdienst seid. Die andere, nicht verzierte Kerze stand beim Besuch beim Bestatter, den wir ebenfalls in diesem Konfirmandenjahr geplant haben. Aber ihr Konfirmanden hattet am Mittwoch sogar noch eine bessere Idee, wo man diese Kerze auf dem Bodenbild hinstellen könnte, zusammen mit dem Kreuz, das wir heute auch sehen und das auch so ein Erinnerungszeichen ist. Einer von euch Konfirmanden hat gesagt: Das Kreuz und die Kerze, das steht beides für Ostern. Ja, das stimmt. Denn Jesus Christus ist für uns gestorben und auferstanden. Deswegen sind das Kreuz und die Kerze ein Erinnerungszeichen für uns Christen. Diese beiden Symbole erinnern uns daran: Wir sind nicht allein auf unserem Weg. Jesus Christus begleitet uns durchs Leben, durch die Höhen und Tiefen. Zu Jesus Christus können wir beten. Er versteht und, denn er war ein Mensch wie wir. Er kann uns helfen, denn er ist Gottes Sohn.
An Jesus Christus dürfen wir uns wenden, auch wenn in unserem Leben viel schief gelaufen ist, so wie das bei Jakob in unserer biblischen Geschichte der Fall war. Jakob hat es erleben dürfen: Gottes Segen gilt für mich trotzdem weiter. Und wir dürfen uns darauf verlassen. Jesus Christus verlässt uns nicht. Er hat unsere Schuld auf sich genommen. Er ist freiwillig in den Tod gegangen und für uns am Kreuz gestorben. Ja, Gottes Segen und Gottes Wegbegleitung hört nie auf. Sie gilt auch über den Tod hinaus. Jesus Christus ist auferstanden von den Toten. Und so passt auch der Besuch beim Bestatter, der für das Konfirmandenjahr geplant ist, zum Kreuz und zu der Kerze.
Liebe Konfirmanden, unser Bodenbild am letzten Mittwoch im Konfirmandenunterricht endete mit der Konfirmation. Eure Konfirmation- das ist euer Ziel, jetzt am Anfang des Konfirmandenjahrs. Wenn ihr dort angekommen seid, habt ihr es geschafft. Dann seid ihr fertig mit dem Konfirmandenjahr. Aber der Weg des Glaubens hört damit noch lange nicht auf, auch wenn bei unserem Bodenbild am letzten Mittwoch hier Schluss war. Gott begleitet euch durchs Leben- jetzt in der Konfirmandenzeit und auch nach der Konfirmation. So wie Gott es in unserer biblischen Geschichte dem Jakob versprochen hat, so gilt Gottes Versprechen auch für euch auf eurem Lebensweg: „Siehe ich bin bei dir und behüte dich, wohin du auch gehst.“
Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer
