Predigt zum Buß- und Bettagsgottesdienst mit den Konfirmanden am 20. November 2024
Liebe Mitchristen!
Wie wird die Zukunft? Was wird aus mir- werde ich mal schlau, werde ich mich verbessern? So fragen unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden. Sie fragen nach einem guten Platz im Leben. Das sind Fragen, die die jungen Menschen heute umtreiben- schwierige Fragen. Was kann man antworten? Man soll sich anstrengen, ist unseren Konfirmanden als Antwort eingefallen: Mehr für die Schule tun, mehr lernen, mehr üben. Ja, das ist wichtig, ohne Frage. Aber manchmal hilft es eben nicht- was dann? Und manches Leben misslingt, obwohl einer sich angestrengt hat.
Ich denke an die biblische Geschichte vom Pharisäer und vom Zolleinnehmer (Lukas 18, 9-14). Zolleinnehmer- das war kein angesehener Beruf in Israel. Das war jemand, der mit den feindlichen römischen Besatzern zusammenarbeitete. Ein Pharisäer dagegen, der war eine angesehene Person: Jemand, der sich in der Bibel auskannte und Gottes Gebote wirklich ernst nahm. In der biblischen Geschichte vom Pharisäer und vom Zolleinnehmer begegnen sich diese beiden Personen im Gottesdienst.
Wie es dazu gekommen ist, dass der eine Mann ein Zolleinnehmer geworden ist und der andere ein Pharisäer, das erfahren wir in dieser Geschichte nicht. Vielleicht war ihr Lebensweg schon so vorgezeichnet vom Elternhaus her, und ihr Vater hatte auch schon diesen Beruf ausgeübt, so wie das früher ja oft war. Oder diese beiden Männer haben irgendwann in ihrem Leben eine Entscheidung getroffen, die sie zu dem gemacht hat, was sie jetzt sind. Das kennen wir ja auch aus unserem Leben: Wir treffen Entscheidungen. Manche sind gut, und wir sind stolz auf sie. Andere Entscheidungen erweisen sich im Nachhinein als schlecht und falsch, und wir bereuen sie.
Heute ist Buß- und Bettag. Um Buße geht es heute, und ums Gebet. Buße- dieses Wort ist uns heutzutage fremd geworden. Bußgeld kennen wir noch. Oder Aussprüche wie: Das wirst du noch büßen! Das alles ist mit Buße am heutigen Buß- und Bettag nicht gemeint. Buße, das bedeutet hier: Ich darf meine falschen Entscheidungen bereuen. Und ich darf sie revidieren. Ich darf jetzt neu entscheiden und andere, bessere Wege einschlagen. Einen neuen Weg für mein Leben- raus aus der Sackgasse, in die mich meine falschen Entscheidungen gebracht haben- das schenkt mir Jesus Christus. Er ist am Kreuz gestorben für meine Sünden. Im Abendmahl kann ich seine Vergebung empfangen- hier im Gottesdienst.
So einen Neuanfang bekommt auch der Zolleinnehmer geschenkt, von dem Jesus erzählt. Er bereut seinen falschen Weg und bittet Gott um Vergebung für seine Sünden. Obwohl er eigentlich der schlechtere Mensch ist im Vergleich zum Pharisäer mit seinem tadellosen Lebenswandel: Gott vergibt dem Zolleinnehmer seine Sünden, denn er hat Buße getan.
Buß- und Bettag feiern wir heute. Wir bringen unser Leben vor Gott- mit allem, was schiefgelaufen ist und was wir ändern und im Rahmen unserer Möglichkeiten wiedergutmachen wollen. Wie bringen wir unser Leben vor Gott? Wir tun das im Gebet. Im Gebet bitten wir Gott um Vergebung und einen Neuanfang für uns. Damit sind wir beim zweiten Punkt, der zum Buß- und Bettag gehört: Erstens die Buße, und zweitens das Gebet.
Beten- wie geht das? Wie macht man das richtig? Wie oft am Tag sollte man beten? Woran sollte man beim Beten denken? Muss man die Gebete auswendig können, wenn man betet? Und warum falten wir beim Beten eigentlich die Hände? Viele Fragen habt ihr Konfirmanden und Konfirmandinnen gesammelt zum Thema Beten, und ihr habt nach Antworten gesucht und welche gefunden: Eigene Antworten und Antworten aus dem Internet. Auch die Bibel gibt Antwort auf die Frage nach dem Beten. In Matthäus 6, 5-13 sagt uns Jesus Christus: Man muss nicht extra vor allen Leuten beten, denn das Beten ist ja ein Gespräch mit Gott. Man kann also ruhig auch hinter verschlossenen Türen beten. Das Gebet muss auch nicht extra lang sein, denn Gott weiß ja, was wir brauchen. Ganz einfache Worte genügen. Und ja- dann legt Jesus den Jüngern und damit auch uns heute doch ein Gebet ans Herz, das wir bis heute auswendig lernen und in jedem Gottesdienst miteinander beten: das Vaterunser.
Muss man also doch Gebete auswendig lernen, damit man richtig beten kann? Eigentlich nicht. Gott hört unser Gebet auch, wenn wir unsere eigenen Worte verwenden. Aber manchmal fehlen uns eben die Worte. Da ist es hilfreich, ein Vaterunser beten zu können- einen vertrauten Text, der uns mit der ganzen Christenheit verbindet, ja mit Jesus Christus selbst.
Und warum falten wir nun die Hände beim Beten? Gott hört unsere Gebete doch auch, wenn wir beten, ohne die Hände zu falten, oder eine andere Gebetshaltung einnehmen. Aus dem Internet habt ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden zu dieser Frage herausgefunden: „Das Beten mit gefalteten Händen ist ein Zeichen der Treue gegenüber Gott.“ Und ihr habt dort auch herausgefunden, dass das aus dem Mittelalter kommt. Damals zur Zeit der Ritter gab es Vasallen, die ihren Herren die Treue geschworen haben. Diese Vasallen hatten als Krieger alle ein Schwert bei sich. Nun ist es wenig vertrauenerweckend, wenn ich meinem Herrn mit einem Schwert in der Hand die Treue verspreche. Da könnte dieser hohe Adelige doch Angst bekommen, dass ich, der kleine Ritter, ihn bedrohen und von seinem Thron stoßen will. Deswegen die gefalteten Hände.
Gefaltete Hände, das heißt: Die Waffen nieder! Ich komme unbewaffnet. Ich komme im Frieden. Ich will nicht kämpfen und Recht haben. Ich bin bereit, zuzugeben, was ich falsch gemacht habe und zu hören, was ich ändern kann. Und so erinnern uns die gefalteten Hände auch wieder an den ersten Punkt vom Buß- und Bettag: An die Buße. Buße und Gebet gehören zusammen, nicht nur an diesem einen Tag im Jahr. Ich wünsche mir, dass wir uns gerade auch in unserer Zeit an diese Bedeutung der gefalteten Hände erinnern: Die Waffen nieder! Einen weltweiten Buß- und Bettag wünsche ich mir, an dem wir umkehren zum Frieden.
Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer