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Gedanken zum Sonntag

Palmsonntag

 

Predigt zum Palmsonntag, 24.03.2024

 

Liebe Mitchristen,

 

„Mach’s wie Gott- werde Mensch.“ So lautet ein Spruch, der zum christlichen Glauben und Leben einladen will. Heute wollen wir einladen zum christlichen Glauben und Leben. Zwei Kinder haben wir getauft und haben sie so mit hineingenommen in unsere Gemeinde. Mit ihren Familien sind sie gekommen: mit Eltern, Paten, Verwandten und Freunden. Das sind Menschen, die diese Kinder in Liebe begleiten wollen. Die ihnen helfen wollen, hineinzuwachsen in dieses Leben und diesen Glauben. Menschen, die sich durch diese beiden Kinder herausfordern und hinterfragen lassen wollen in ihren eigenen Glaubensüberzeugungen. „Mach’s wie Gott- werde Mensch.“ Dieser Spruch ist eine solche Herausforderung, von der wir uns hinterfragen lassen können in unseren Glaubensüberzeugungen.

 

Gott wird Mensch- ja, das wissen wir. Diese Glaubensüberzeugung haben wir in der Schule gelernt und in der Kirche oft gehört. Einmal im Jahr feiern wir sogar ein großes Fest deswegen- Weihnachten. Gott wird Mensch. Ja. Aber was hat das mit mir zu tun? Sehr viel, sagt uns dieser Spruch: „Mach’s wie Gott- werde Mensch.“ Oder wie es der Apostel Paulus im Philipperbrief, Kapitel 2 Vers 5 formuliert: „Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht.“ Wie muss nun meine Gesinnung, meine Glaubensüberzeugung sein, damit sie der Gemeinschaft mit Jesus Christus entspricht, frage ich weiter. Ich denke, der Apostel Paulus ist das von den ersten Christengemeinden wohl auch gefragt worden. Und vermutlich hat er ungefähr so geantwortet: Erinnert euch an das, was ihr gelernt habt. An die alten Texte, an die Lieder, an die Lieder, an die Gebete. Manche davon sind euch von Jugend auf vertraut. Andere habt ihr in späteren Jahren für euch entdeckt- in euren Gottesdiensten, oder im Austausch mit anderen Christinnen und Christen.

 

An ein solches Kirchenlied, das in den Gottesdiensten der ersten christlichen Gemeinden gesungen wurde, erinnert Paulus im Philipperbrief. Dort können wir dieses alte Kirchenlied nachlesen (Phil 2,6-11). Und so ist es bis heute erhalten geblieben, auch wenn wir die Melodie dazu nicht mehr kennen. Aber immer noch können wir es miteinander sprechen und beten, so wie wir es am Anfang dieses Gottesdiensts getan haben:

 

Christus Jesus, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

 

„Mach’s wie Gott- werde Mensch!“ Jesus Christus hat es so gemacht. Jesus Christus, Gottes Sohn. Er hätte für immer und alle Zeit in Gottes ewiger Herrlichkeit bleiben können. Aber er hat diesen Schutzraum verlassen. Er hat sich klein gemacht und ist ein Mensch geworden- ein winziges Kind, so klein wie die beiden Babys, die wir heute getauft haben. Und Jesus Christus ist seinen Weg gegangen. Er hat Jünger um sich geschart und den Menschen Gottes Reich ganz nahe gebracht. Kranke hat er gesund gemacht- die mit den gebrechlichen Körpern genauso wie die mit den gebrochenen Herzen. Wer keine Hoffnung mehr hatte, hat gespürt: Gott ist für mich da. Ich bin nicht allein. Wer keine Zukunft mehr gesehen hat, der hat gemerkt: Gott weiß den Weg für mich. Jesus Christus. In ihm kommt Gott zu uns. Auf seinen Namen sind wir getauft: Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen (Ps 91,11). Jesus Christus. Er hat uns die Liebe vorgelebt. Denn Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm (1. Joh 4,16). Jesus Christus. Ihm jubeln die Menschen zu , als er in Jerusalem einreitet (Joh 12,13).

Heute ist Palmsonntag. Nach langer Wanderung kommt Jesus in Jerusalem an. Sein Einzug ist großes Kino. Er zieht ein wie ein König. Aber ein König ohne Schwert und ohne Glanz. Er reitet auf einem Esel. Die bibelfesten Jerusalemer verstehen die Anspielung. Der Prophet Sacharja hat einen Friedenskönig angekündigt, der ein Gerechter und ein Helfer ist, der arm ist und auf einem Esel reitet. Heute kommt er. Jesus Christus, ein sanftmütiger König. Ich würde mir wünschen, dass alle Mächtigen so sind wie er. Dass sie ihre Macht nicht missbrauchen, um selbst groß rauszukommen. Ich würde mir wünschen, dass sie demütig sind, auf das Wohl der Menschen bedacht. Ich würde mir wünschen, dass die Mächtigen die Waffen aus der Hand legen. Und dass sie alle miteinander ins Grübeln kommen, wenn ein Plan den Tod unzähliger Menschen in Kauf nimmt. Ich würde mir wünschen, dass Verantwortung Menschen sanftmütig werden lässt. Damit die Erde bewohnbar bleibt für unsere Kinder und Enkel- auch für die beiden Babys, die wir heute im Namen Jesu Christi getauft haben.

 

„Mach’s wie Gott- werde Mensch.“ Ich weiß, ich kann nur bei mir selbst anfangen. Nicht die Großen und Mächtigen der Welt kann ich verändern- nur mich selbst. Nur so kann ich etwas ändern in der Welt. Also will ich bei mir anfangen. Ich will darauf achten, dass ich, wo ich Verantwortung habe und Menschen mir anvertraut sind, das nicht ausnutze. Ich will mir ein Vorbild nehmen an Jesus Christus- an seiner Freundlichkeit allen Menschen gegenüber, an seiner Friedfertigkeit und Sanftmut.

 

„Nenne ein Beispiel dazu, wie du in der kommenden Woche das Vorbild nachahmen kannst, das uns Christus durch seinen Dienst und seine Demut gegeben hat.“ Unser Hauskreis- Material hat uns diese Aufgabe gestellt, als wir im Hauskreis miteinander das alte Kirchenlied aus Philipper 2, 6-11 gelesen und besprochen haben. Welches Beispiel würde Ihnen hierzu einfallen?  „Mach’s wie Gott- werde Mensch“ – wie können Sie das in der kommenden Woche in die Tat umsetzen?  Wo können Sie in der kommenden Woche mehr Menschlichkeit leben- im Umgang mit Nachbarn und Kollegen, mit Freunden und der Familie- und, ganz wichtig, auch im Umgang mit Ihnen selbst? Wo ist mehr Geduld gefragt? Wo braucht es mehr Sanftmut, wo ein gutes Wort, wo tatkräftige Unterstützung?

 

„Mach’s wie Gott- werde Mensch.“ Im Hauskreis haben wir uns auch darüber unterhalten, dass das Vorbild, das Jesus Christus uns gibt, doch eine Nummer zu groß ist für uns. Er, der Sohn Gottes, wurde für uns Mensch. Er scheute nicht die letzte Konsequenz, verachtet und bespuckt zu werden. Er ist den Weg zu Ende gegangen bis in die größte Erniedrigung, bis zum Tod am Kreuz. Für uns hat er das alles getan- allein aus Liebe. Weil er uns unendlich liebt, deswegen ist Jesus Christus kein Weg zu schmutzig und zu schmerzvoll. Er ist für uns in den Tod gegangen, denn seine Liebe ist stärker als der Tod. Jesus Christus. Wir können nicht werden wie er. Aber wir können ihn und sein Leben vor Augen haben. Wir können darum bitten, dass wir die Kraft, die Geduld und die Liebe aufbringen, dass wir in jedem Menschen, der uns begegnet, ihn sehen- Jesus Christus. Ja, wirklich in jedem! Nicht nur in denen, die an Jesus Christus glauben. Nicht nur in denen, die ein gutes und vorbildliches Leben führen. In jedem Menschen, der mir begegnet, soll ich Jesus Christus sehen. Und wenn ich Menschen vor Augen habe, mit denen ich mich schwer tue- Menschen, die mich oder andere verletzt haben; Menschen, die viel Leid über die Welt gebracht haben, dann will ich daran denken, was in dem alten Kirchenlied aus dem Philipperbrief versprochen ist: „Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“

 

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer