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Gedanken zum Sonntag

Gedanken zum Predigttext für Sonntag Exaudi, 24. 05. 2020

Jeremia 31, 31-34: Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen – nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR. Sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: „Erkenne den HERRN“. Denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR. Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.

Liebe Mitchristen!

„Damit hab‘ ich keinen Vertrag“. So sagen manche, wenn sie mit einer Sache nichts zu tun haben wollen. Oder wenn sie sich über eine Verabredung hinwegsetzen möchten, nach dem Motto: Das interessiert mich nicht. „Wer sich vertragen will, muss Verträge schließen“. So hat es der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt gesagt, als es um die Ostverträge ging. Umfangreiche Vertragswerke waren das. Es gab neues Vertrauen und zugleich viele neue Regeln. Unsereins kennt Verträge nur im Kleinen: einen Kaufvertrag, einen Mietvertrag. Wehe dem, der sagt: Ist mir egal, damit hab‘ ich keinen Vertrag. Dann kann es schon mal vor Gericht enden, wenn zwei sich nicht einig werden. 

Unser Predigttext spricht von einem Vertrag Gottes mit seinem Volk Israel. Er spricht in eine Zeit, die für das Volk Israel katastrophal war. Die Oberschicht ist verschleppt worden ins ferne Babylon, und die, die zurückgeblieben sind, stehen ganz buchstäblich vor einem Trümmerhaufen. Alles liegt in Schutt und Asche. Nichts ist mehr, wie es war. Viele Menschen fragten sich damals: Hat Gott uns verlassen? Hat er uns denn ganz vergessen? Oder ist es, weil wir Gott vergessen hatten? Weil wir keinen Vertrag mehr mit ihm haben wollten. Weil uns seine Gebote nicht mehr interessiert haben, und jeder nur seinen eigenen Vorteil gesucht hat. Deswegen bestraft Gott uns jetzt. So dachten die Menschen damals, in dieser Zeit der Katastrophe. Daneben gab es auch die Sehnsucht nach Wiederherstellung und die Hoffnung auf einen Neuanfang. „Erneuere unsere Tage wie vordem“, bittet der Prophet Jeremia in den Klageliedern (Kgl. 5,21). 

Gott erhört diese Bitte. Er will den Vertrag mit seinem Volk erneuern. „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen“, heißt es in unserem Predigttext. Gott lässt die Menschen nicht allein in dieser schwierigen Zeit. Er überlässt sie nicht ihrem Schicksal, ihrem Selbstzweifel und ihren Fragen. Gott weiß: Allein und ohne Hilfe kommen diese Menschen jetzt nicht wieder auf die Füße. Sie kommen da nicht so einfach wieder raus. Zu lange geht das schon so. Der Geduldsfaden ist zum Zerreißen gespannt, die Stimmung ist am Boden. So ist das, wenn eine Krise länger andauert – damals wie heute. Aber Gott lässt das nicht einfach so weiterlaufen. Er wendet sich den Menschen zu. Gleich viermal heißt es in unserem Predigttext: „Es spricht der HERR.“ Und was Gott da verspricht, das ist etwas Großartiges. Er verspricht einen Neuanfang nach der Katastrophe. Einen neuen Bund will er schließen mit den Menschen. 

Dieser neue Bund, den Gott mit seinem Volk schließt, hat eine Besonderheit. Er ist kein Vertrag zwischen gleichen Partnern. Gott allein schließt diesen Bund. Gott verspricht: Er wird seinem Volk treu bleiben, unter allen Umständen. Dazu vergibt er alle Schuld und denkt nicht mehr an ihre Sünden. Israel kann aus dem neuen Bund nicht mehr herausfallen. Braucht es dann überhaupt noch Regeln? Ja – Gottes gute Gebote bleiben der Inhalt dieses Bundes. Aber Gott gibt sein Gesetz den Menschen in ihr Herz und schreibt es in ihren Sinn, sagt der Prophet Jeremia. Das heißt: Da ist nicht mehr auf der einen Seite das Gesetz und auf der anderen Seite der Mensch. Da muss ich mir Gottes Gebot nicht erst selbst zu Herzen nehmen. Sondern Gott selbst beschriftet mein Herz mit seiner guten Weisung. Und wenn Gott seinen Bund mit den Menschen ganz verwirklicht, dann werden alle Gott kennen, die Großen wie die Kleinen. Und keiner wird mehr den anderen über den Willen Gottes belehren. Denn jeder weiß Bescheid. 

Siehe, es kommt die Zeit. Diese Ankündigung hat Gott seinem Propheten Jeremia in den Mund gelegt. Es werden Tage kommen, an denen nur Gutes passiert. Wie schön, dass es solche Nachrichten auch gibt. Wir sind gewohnt, von Tagen zu hören, an denen sich vor allem Schlechtes ereignet. Tage, die uns sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen: Wie lange geht das noch so weiter mit der Corona-Krise? Wann wird es endlich vorbei sein? Wann können wir uns endlich wieder in den Arm nehmen und fröhliche Feste miteinander feiern ohne Angst vor Ansteckung? Wann können die Kinder wieder normal in die Schule gehen? Wann wird es mit der Wirtschaft wieder aufwärts gehen? In dieser Spannung leben wir. Und gerade in dieser Zeit brauchen wir die Zuversicht, dass Gott uns im Blick hat. Dass er gute Nachrichten für uns hat. Um uns in die Zukunft zu locken, damit wir zuversichtlich leben können. Denn wir leben im Bund mit Gott. Durch Jesus Christus sind wir in Gottes Bund mit hineingenommen. 

Was das für das eigene Leben heißt, im Bund mit Gott zu leben, das wird jede und jeder von uns unterschiedlich erleben. Da gibt es Zeiten, in denen wir uns eng verbunden fühlen. Dann erkennen wir schon die Handschrift Gottes im eigenen Herzen. Und dann gibt es wieder Zeiten, wo wir nicht wissen, wie und wohin es weitergehen soll. Manche zweifeln dann und sagen: „Damit habe ich keinen Vertrag mehr.“ Aber Gottes Vertrag mit uns steht. Nichts und niemand kann diesen Vertrag aufheben. In all unsere Lebensgeschichten hinein spricht Gott, was er uns von Anfang an in der Taufe versprochen hat: „Ich vergebe dir alle Schuld, und ich will mich neu mit dir verbünden. Ich will dein Gott sein. Ich bin bei dir alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Darauf können wir uns verlassen, egal was kommt.   

Ihre Pfarrerin Dr. Dorothee Kommer